Wirtschaft | Ötzi-Museum

„Spießbürger denken eben kurzsichtig“

Reinhold Messner über das Benko-Projekt am Virgl, die einmalige Chance für Bozen, die Rolle der Bozner Kaufleute und die Frage, ob er nicht Angst vor der Konkurrenz hat.
Messner, Reinhold
Foto: Othmar Seehauser
Salto.bz: Herr Messner, haben auch Sie sich von Rene Benko und Heinz Peter Hager kaufen lassen?
 
Reinhold Messner: Nein. Ich haben Rene Benko noch nie getroffen. Heinz Peter Hager kenne ich zwar, aber ich habe mit beiden nichts zu tun. Was aber stimmt: Bevor überhaupt der Benko den Vorschlag Virgl brachte, hatte ich die Idee den Ötzi auf den Virgl zu tun. Ich habe darüber auch vor vielen Jahren mit Landeshauptmann Luis Durnwalder gesprochen.
 
Sie sind vom Standort wirklich überzeugt?
 
Absolut. Das ist in Bozen die einzig richtige Lage. Also wenn jemand nicht versteht, was der Virgl generell für Bozen bedeuten könnte - unabhängig davon ob mit Benko oder ohne, mit Ötzi oder ohne - dann kennt er diese Stadt nicht. Jede Stadt wäre froh einen derartigen Berg, wobei es mehr eine Schulter ist, im Hintergrund zu haben. Du kannst da hinaufgehen, auf die Stadt herunterschauen und lernst damit die Stadt viel intensiver kennen, als wenn du durchgehst. Danach gehst du runter und machst in der Stadt, das was tu machen willst.
 
Die gegenteilige Meinung lautet Ötzi muss in der Altstadt bleiben?
 
Nein, diese Museen gehören nicht in die Stadtmitte. Der Louvre ja und das MoMa auch, aber nicht jedes Museum. Ich bin mit der Idee zum Erfolg gekommen, die Museen dorthin zu stellen, wo die Landschaft sie trägt. In meinem Fall war die Standortsuche das Wichtigste. Letztlich habe ich die richtigen Standorte gefunden und damit bewiesen, dass man Museen auch irgendwo am Ende der Welt gestalten und betreiben kann. Wohlgemerkt ohne öffentliche Subventionen.
 
Der mächtige Athesia-Verlag und die Bozner Laubenkaufleute arbeiten mit allen Mittel gegen das Ötzi-Projekt auf dem Virgl. Verständlich für Sie?
 
Die Athesia arbeitet dagegen, weil sie hofft, ihr Haus unterzubringen. Die Kaufleute rechnen falsch. Denn ich bin ganz sicher, dass es den Kaufleuten viel bringt, wenn der Ötzi da oben ist. Man sieht vom Virgl direkt auf die Altstadt hinunter, nicht auf die Industriezone, sondern direkt auf den schönen Teil von Bozen. Dieser Blick erweckt erst richtig die Lust in die Altstadt zu gehen. Und damit auch zum Einkaufen. Da oben trifft man sich zum Mittagessen oder zum Kaffeetrinken und geht dann herunter in die Stadt.
 
 
Die Bozner Laubenkönige habe ja auch alle ihre Geschäfte an irgendwelche ausländische Ketten verpachtet.
 
Seit rund drei Jahren streitet man über den Standort. Dabei wird eine Frage aber bisher völlig ausgeklammert. Die Finanzierung des Museums?
 
Welchen Deal Benko und das Land machen werden, davon habe ich keine Ahnung. Aber so viel ich verstanden habe, ist der Vorschlag so, dass Benko baut. Hier ist es wichtig, dass das Ganze ein Landmark wird, dass man das Bauwerk von unten sieht, dass es was aussagt und eine Anziehungskraft hat. Etwa wie das Guggenheim-Museum in Bilbao. Gleichzeitig aber das Land den Ötzi mit der gesamten Forschung und mit dem Museum behält. Das Land wird das Museum und die Forschung weiterhin betreiben. Das Land muss die Besitzerin des Ötzi bleiben. Wenn Benko damit zufrieden ist die Seilbahn und ein Restaurant zu betreiben, dann ist das ein guter Deal für die Allgemeinheit.
 
Mit dem sich Benko eine goldene Nase verdient?
 
Warum soll er nicht verdienen? Andere würden sich für sowas einen Turm bauen. Aber wir haben diesen Berg. Es ist die ideale Lösung für alle. Dort oben wird endlich aufgeräumt. Die Stromleitungen kommen unter die Erde, es wird alles sauber und es entsteht vor allem ein Highlight. Die Leute werden kommen, sie werden auf die Stadt herunterschauen und sie werden einkaufen gehen. Wenn die Kaufleute glauben sie werden kein Geschäft mehr machen, dann denken sie nicht nachhaltig. Ein nachhaltig denkender Mensch würde diesen Hügel, wenn das Angebot und die Mittel da sind, sofort bespielen.
 
 
Benko versucht in Bozen eine Investition zu machen, die am Ende für ihn positiv ausgehen soll. Aber Angst braucht da niemand zu haben.
 
Sie haben keine Angst vor der Konkurrenz, das Ihrem Messner Mountain Museum auf Schloss Sigmundskron daraus entsteht?
 
Es ist richtig, dass mein Museum Konkurrenz daraus erhält. Wobei wir dabei eindeutig in der schwächeren Position sind. Du kannst aus dem Zentrum der Stadt da hochfahren und hast sofort den Ötzi. Es ist auch ein Thema, das noch spannender ist als das Thema Berg. Mein Thema ist ein Randthema. Der Ötzi aber erzählt uns, wie sonst keine andere Mumie, vom Leben der Menschen seit 5300 Jahren. Das ist „unique“, wie man heute sagt. Aber ich habe davor keinerlei Angst. Denn mit dem Dreigestirn Runkelstein, Ötzi am Virgl und Sigmundskron wäre Bozen umrahmt von ernsten und gutgemachten Museen. Wir hätten damit einen Schatz.
 
Am Ende wird es eine politische Entscheidung sein. Glauben Sie, dass Landeshauptmann Arno Kompatscher den Mut haben wird, dieses Projekt auch gegen die Widerstände durchzusetzen?
 
Da werden sicher die Stadt Bozen, der Bürgermeister, die Stadtregierung und der Gemeinderat aber auch der Landeshauptmann, die Landesregierung und der Landtag mitreden. Natürlich möchte auch die Wirtschaft mitreden. Aber wir haben gewählte Volksvertreter und die sollen das ausdiskutieren und dann entscheiden.
 
 
Es ist richtig, dass mein Museum Konkurrenz daraus erhält. Wobei wir dabei eindeutig in der schwächeren Position sind.
 
Herr Messner, warum positionieren Sie sich in dieser Streitfrage so deutlich.
 
Schauen Sie, ich bin weder mit jemand von denen verwandt noch bin ich irgendwo beteiligt. Im Gegenteil ein solche Projekt könnte meinen Museen eher schaden. Aber ich bin ein Mensch, der sich das angeschaut hat, der die Welt angeschaut hat und gesehen hat, was andere getan haben, die diese Möglichkeit nicht haben. Bozen hat den Virgl in den letzten 50 Jahren den Virgl völlig vernachlässigt und jetzt denken die meisten nicht über den eigenen Tellerrand hinaus.
 
Sie meinen die Kaufleute?
 
Die sagen, die Lauben haben immer funktioniert und wenn die Menschen jetzt dahinauffahren, dann haben sie nicht mehr Zeit zum Einkaufe. Das ist so kurzsichtig gedacht, wie Spießbürger eben denken.
 
René Benko baut den Waltherpark, in Gries 120 Wohnungen und jetzt auch noch den Virgl. Ist die Angst davor, dass ein Großinverstor die Stadt übernimmt, nicht berechtigt?
 
Nein. Der Herr Benko kann weder die Stadt noch seine Investitionen mitnehmen. Das Ganze ist realisiert und es ist nicht mehr Geld, das man von Bank zu Bank verschieben kann. Warum soll einer in Bozen nicht ein Kaufhaus und ein paar Wohnungen bauen? Sonst bauen Sie halt Südtiroler Unternehmer. Es sind ja vor allem lokale Handwerker und Firmen, die hier zum Zug kommen. Benko wird sicher nicht Bauunternehmen aus China holen. Er versucht in Bozen eine Investition zu machen, die am Ende für ihn positiv ausgehen soll. Aber Angst braucht da niemand zu haben. Die Bozner Laubenkönige habe ja auch alle ihre Geschäfte an irgendwelche ausländische Ketten verpachtet. Oder?