Wirtschaft | Corona-Arbeit

Bauern gegen Gewerkschaft

Der ASGB kritisiert die Teststrategie für Erntehelfer in Südtirol. Der Bauernbund-Obmann kontert scharf.
Apfelernte
Foto: Othmar Seehauser

Tausende Erntehelfer erhalten in Südtirol kostenlose Nasenflügeltests. Wie Gesundheitslandesrat Thomas Widmann Anfang der Woche im Landtag mitteilte, sei der Sanitätsbetrieb beauftragt worden, Screenings in landwirtschaftlichen Betrieben durchzuführen. Die Teilnahme ist freiwillig. Zugleich werden auch Impfangebote für Erntehelfer bereit gestellt.

Für den ASGB sind die gratis Nasenflügeltests für die Landwirtschaft “eine grobe Ungleichbehandlung”. In einer Aussendung schreibt Gewerkschaftschef Tony Tschenett: “Eigentlich müssten in allen Bereichen dieselben Regeln gelten. Sprich: Voraussetzung für die Einreise ist der Grüne Pass – egal, ob es sich um Touristen oder Erntehelfer handelt. Die zuständigen Behörden müssten die Erntehelfer also rigide kontrollieren. Es kann nicht sein, dass wir möglicherweise infizierte Personen einreisen lassen, die Ausbreitung von Covid-19 riskieren und schlussendlich die gesamte Wirtschaft draufzahlt.” Auch die Teststrategie sei unfair, meint Tschenett: “Während die Lehrpersonen, die nicht geimpft oder genesen sind, die Antigentests selbst bezahlen müssen und die Nasentests der Schüler bei sportlichen Aktivitäten nicht anerkannt werden, müssen sich die Erntehelfer – die erwiesenermaßen eine bedeutende Quote der Infizierten ausmachen – nur einem freiwilligen und mit Landesmitteln bezahlten Nasentest unterziehen, der bei weitem nicht die Validität der Antigentests aufweist. Dieses Testkonzept ist nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben ist!”

 

Prompt folgt der Konter der direkt Angesprochenen. Der Südtiroler Bauernbund fordert in der Diskussion um die Erntehelfer auf, “bei den Fakten zu bleiben und nicht eine Gruppe von Menschen, die nach Südtirol kommt, um zu arbeiten, an den Pranger zu stellen”. Es gebe keine Bevorzugung dieser Personen, sagt SBB-Obmann Leo Tiefenthaler.

“Der Südtiroler Bauernbund hat sich für das Impfen in den Herkunftsländern ausgesprochen. Das ist nach wie vor der Königsweg – auch, weil für die Einreise ein Grüner Pass nötig ist. Es ist Aufgabe der Ordnungskräfte, den Grünen Pass an den Grenzen zu kontrollieren – das gilt übrigens auch für andere Personengruppen. Wenn an den Grenzen nicht oder zu wenig kontrolliert wird, ist das wohl nicht ‘Schuld’ der Landwirtschaft.” Erntehelfer hätten bestätigt, dass in Osteuropa deutlich strenger kontrolliert werde als etwa am Brenner oder am Reschenpass, berichtet Tiefenthaler.

 

Er erinnert daran, dass für das Arbeiten in den Wiesen – für die Ernte der Äpfel oder Trauben – der Grüne Pass nicht verpflichtend sei. “Daher sind auch Forderungen nach mehr Kontrollen des Grünen Passes unnötig.” Zudem hinke Tschenetts Vergleich mit den Lehrpersonen, fährt Tiefenthaler fort: “Sie sind verpflichtet, einen negativen Antigentest vorzuweisen, während Erntehelfer, gleich wie Mitarbeiter in anderen Sektoren der Wirtschaft, sich freiwillig per Nasenflügeltest testen lassen können.” Nicht gelten lässt der SBB-Obmann auch, dass Erntehelfer eine bedeutende Quote der Infizierten ausmachen würden: “Die offiziellen Testdaten des letzten Jahres haben gezeigt, dass die Positivitätsraten bei Erntehelfern geringer waren als beim Durchschnitt der einheimischen Bevölkerung. Auch das INAIL stuft die Ansteckungsgefahr in der Landwirtschaft als ‘niedrig’ ein. Es gibt keine Bevorzugung von Erntehelfern, weder bei der Einreise noch was die Ausübung der Tätigkeit oder das Testen betrifft. Es darf daher nicht sein, dass eine Gruppe von Arbeitern ins falsche Licht gerückt wird.”