"Beliebige Ziele und Zahlen"
Während der Südtiroler Energieverband (SEV) den am Dienstag präsentierten Entwurf des neuen Klimaplans des Landesregierung in einer Pressemitteilung begrüßt, wendet sich der Vorsitzende des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz, Andreas Riedl, mit äußerst kritischen Worten an die Medien: Er wirft der Landesregierung widersprüchliche Aussagen und Verwirrungstaktiken vor: "Dem Klimaschutz ist mit der Verwirrungstaktik der Daten jedenfalls nicht geholfen", heißt es in der Presseaussendung.
Hier der gesamte Text:
Gestern wurde ein erster Ausblick auf den überarbeiteten Klimaplan gegeben. Bei den wenigen präsentierten Daten stellt sich aber die Frage, welche Ziele denn nun für Südtirol gelten sollen, nachdem sich gleich drei Dokumente teils widersprechen. Dem Klimaschutz ist mit der Verwirrungstaktik der Daten jedenfalls nicht geholfen.
Bei der gestrigen Pressekonferenz der Südtiroler Landesregierung hat Landeshauptmann Kompatscher mitgeteilt, dass die Landesregierung in der vorangegangenen Sitzung das Update des Klimaplanes „zur Kenntnis genommen“ hat. Der eigentliche Klimaplan wurde noch nicht veröffentlicht, obwohl das Update des Planes längst überfällig ist. Diese Verspätungen sind angesichts der absoluten Dringlichkeit des Themas sehr problematisch.
Die wenigen präsentierten Daten weichen teilweise signifikant von anderen Dokumenten ab, die erst wenige Wochen oder Monate zuvor von denselben Personen vorgestellt wurden.
Energie-Landesrat Vettorato ging in seiner nachfolgenden Präsentation lediglich auf einige Inhalte ein, die zumindest überraschend waren, denn die wenigen präsentierten Daten weichen teilweise signifikant von anderen Dokumenten ab, die erst wenige Wochen oder Monate zuvor von denselben Personen vorgestellt wurden.
In seiner Haushaltsrede 2021 am 11. Dezember 2020 im Südtiroler Landtag führte Landeshauptmann Kompatscher aus: „Es geht darum, ... bis 2050 die Netto-Treibhausgasemissionen der Europäischen
Union auf null zu bringen. Südtirol kann dieses Ziel wahrscheinlich schon rund 20 Jahre früher schaffen.“ In der Ende Juli von der Südtiroler Landesregierung präsentierten Nachhaltigkeitsstrategie klang das Emissionsziel (bis 2030) bereits völlig anders: „Reduktion der jährlichen energiebedingten CO 2 -Emissionen auf 3,0 t pro Kopf bzw. 40% seit 2008 und Ausgleich von weiteren 2,0 t durch Klimaschutzprojekte“.
Und in der gestrigen Präsentation war dann überhaupt nur mehr die Rede von „Jahres CO 2 -Emissionen pro Person“ von 3,0 t im Jahr 2030. Hier finden sich in drei unterschiedlichen Dokumenten nicht nur gänzlich unterschiedliche Daten, sondern auch unterschiedliche Definitionen. Einmal ist von „Netto-Treibhausgasemissionen“ die Rede, dann von „energiebedingten CO 2 -Emissionen“ und schlussendlich von „Jahres CO 2 -Emissionen“. Was gilt denn nun und welche Zielgröße wollen wir bis wann erreichen?
Damit aber noch nicht genug. Denn der offiziellen Aussendung ist zu entnehmen, dass „… Aufgrund ihrer Komplexität sollen die Themen Brennerautobahn (A22) und Landwirtschaft künftig in getrennten
Dokumenten behandelt werden.“ Bedeutet dies, dass zwei große Emissionsquellen von einer gesamtheitlichen Betrachtung ausgeklammert werden, wo doch beispielsweise die Landwirtschaft mit
rund 18% an klimarelevanten Emissionen (laut EURAC-Klimareport 2018) ganz wesentlich zur Südtiroler Verantwortung für die gegenwärtige Klimakrise beiträgt?
Auch bei Detailzielen scheint man es in den genannten Dokumenten nicht so genau zu nehmen. Während sich beispielsweise in der Nachhaltigkeitsstrategie in der Auflistung ausgewählter Vorhaben (bis 2030) findet:
- Das Produktionspotenzial in der Wasserkraft wird durch Neubau und Steigerung des Potenzials
- zur Energieproduktion bei bestehenden Anlagen um weitere 12 MW installierte
- durchschnittliche jährliche Nennleistung ausgebaut.
- Ausbau der installierten Leistung bei Photovoltaikanlagen auf 450 MW
- wurden in der gestrigen Vorstellung des Klimaplans andere Zahlen zu diesen Zielen (ebenfalls bis
- 2030) genannt:
- Ausbau der Photovoltaikanlagen auf 400 MW;
- Ausbau des Produktionspotenzials in der Wasserkraft im Vergleich zu 2019 um mind. weitere
- 30 MW;
Diese offensichtliche Beliebigkeit und Austauschbarkeit der Zahlen und damit der Zielsetzungen in Dokumenten, die beide von der Landesregierung in einem Abstand von nicht einmal zwei Monaten vorgestellt wurden, werden der Wichtigkeit und Dringlichkeit der Themen Klimakrise und Klimaschutz einfach nicht gerecht.
Der Klimaplan darf kein Dokument werden, der nach dem definitiven Beschluss in der Schublade landet, sondern der Klimaplan muss die Richtschnur in Sachen Klimaschutz für dieses Jahrzehnt vorgeben.
Gestern wurde zwar der Wunsch nach einer breiten Beteiligung der Öffentlichkeit sowohl von Landeshauptmann Kompatscher als auch von Landesrat Vettorato beteuert. Wenn aber wiederum nur wenige Wochen zur Stellungnahme zur Verfügung stehen und die eigentliche Zielsetzung kreatives Rechnen ist, dann verfehlt der Klimaplan seine Wirkung. Der Klimaplan darf kein Dokument werden, der nach dem definitiven Beschluss in der Schublade landet, sondern der Klimaplan muss die Richtschnur in Sachen Klimaschutz für dieses Jahrzehnt vorgeben. Dafür ist gesellschaftliche Partizipation unumgänglich! Diese darf aber nicht nur bei der Erstellung, sondern muss auch bei der Umsetzung stattfinden. Dies wurde vom Dachverband bereits Ende vergangenen Jahres in einem offenen Brief an den Landtag und an die Landesregierung angemahnt. Ansonsten passiert dasselbe, wie mit den bisherigen Zielen das Klimaplanes: Sie werden verfehlt. Und das können wir uns schlichtweg nicht mehr leisten.
Man muss diesem Bericht in
Man muss diesem Bericht in weiten Teilen zustimmen. Wir kaufen Busse, die wir als “Hybridbusse” bezeichnen und als Positives darstellen, die in der Tat aber zu 100% mit Diesel betrieben werden, da auch der unterstützende Elektromotor durch den Dieselmotor angetrieben wird; aber Details erscheinen in der Darstellung oft unerheblich, leider.
Genauso verkaufen wir unsere Wasserkraft-Energie gewinnbringend auswärts, und verteilen im Lande Strom aus Gas- und Kohlekraftwerken, welcher im Energieverbund eingekauft wird: big business statt Nachhaltigkeit, Regionalität, Ökologie. Warm kann meine Wärmepumpe nicht mit Südtiroler Wasserkraft betrieben werden: weil es die Politik nicht will?
Kritik an einem Punkt:
“ wo doch beispielsweise die Landwirtschaft mit rund 18% an klimarelevanten Emissionen (laut EURAC-Klimareport 2018) ganz wesentlich zur Südtiroler Verantwortung für die gegenwärtige Klimakrise beiträgt?”:
nicht die 18%, wohl eher die anderen 82% (!!!) tragen “ganz wesentlich” dazu bei, sagt doch die einfache Mathematik.
Antwort auf Man muss diesem Bericht in von Peter Gasser
Nachtrag: im zitierten
Nachtrag: im zitierten Klimateport steht auch:
“2. wir nutzen zu so hohem Anteil erneuerbare Energiequellen – an erster Stelle Biomasse und Wasser kraft –, dass wir unseren Stromverbrauch praktisch ohne Emissionen decken”:
wenn dem so wäre, wieso steigt dann in Südtirol der elektrische Strom für die Bürger aufgrund des Anstieges des Gaspreises um etwa 40% um denselben Betrag an: wo wir doch “unseren Stromverbrauch praktisch ohne Emissionen decken”, also ohne Gas, Kohle, Öl?
Die Wirklichkeit widerlegt das Papier?