Umwelt | Gastbeitrag

„Kein politischer Druck“

Die „Athesia AG“ stellt den Werdegang des Hotelprojekts Almdorf in Schnals aus ihrer Sicht dar und äußerst sich auch zur Kritik am Bauvorhaben.
Entwurf Almdorf Schnals
Foto: NOA/Bürgernetz Südtirol
Die wiederholte Darstellung von salto.bz wie auch anderer Medien, dass der Umweltbeirat das Projekt der Athesia Gruppe für eine Hotelanlage in Kurzras negativ bewertet hat, weitere Gutachten negativ sind und die Landesregierung damit quasi auf eine Gewissensprobe gestellt wird, ist verkürzt und falsch.
Die Entwicklung im Schnalstal konnte ich von unterschiedlicher Warte und teils aus nächster Nähe verfolgen, als Journalist, Politiker und Direktor der Gletscherbahnen. Letztere Position hatte ich von 2014 bis 2017 inne.
 
Während dieser Zeit habe ich viel dazugelernt. Ein Skigebiet kann wirtschaftlich nur bestehen, wenn es über genügend Gästebetten verfügt oder nahe an einem großen Ballungsraum liegt. Aufgrund des Klimawandels gilt für die Zukunft als unabdingbares Kriterium auch noch die Höhenlage. Da ist Schnals gottlob in einer beneidenswerten Position. Die zwei anderen Punkte – genügend Gästebetten oder Nähe zu einem großen Einzugsgebiet – erfüllt Schnals nicht. Deshalb gab es in der 50jährigen Geschichte des Skigebietes am Fuße des Hochjochferners wiederholt finanzielle Probleme und Konkurse, mit teils dramatischen Folgen.
Vor 2010 herrschte erneut Alarm. Die Gletscherbahn musste ihre Hotels verkaufen, um einen weiteren Konkurs abzuwenden. 2012 musste dann der Sommer-Skilauf endgültig eingestellt werden. Die Krise war förmlich spürbar. Schnals verzeichnete (und verzeichnet) mit die höchste Abwanderungsquote Südtirols. Die neue Gemeindeverwaltung wurde aktiv, arbeitete einen Masterplan aus und genehmigte eine neue Tourismuszone.
Die Krise war förmlich spürbar. Schnals verzeichnete (und verzeichnet) mit die höchste Abwanderungsquote Südtirols.
2013 war ich als Mitglied der Landesregierung für den Naturschutz zuständig. Weil Teile der neu ausgewiesenen Tourismuszone in einem Hochmoor lagen, wollte ich den Vorschlag der Gemeinde nicht befürworten. Der Landeshauptmann ersuchte mich einzulenken. Wenn dieser Beschluss nicht durchginge, würden im Schnalstal die Lichter ausgehen, das Skigebiet und das Tal wären am Ende. Man fand eine Lösung: die Landesregierung behandelte den Akt nicht und dieser trat durch Terminverfall in Kraft. Er wurde im Amtsblatt der Region veröffentlicht; es gab keine Einwände.
Dennoch blieb die Stimmung trüb; es fand sich nämlich kein Investor. Erst 2014 sicherte sich die Nordtiroler Unternehmerfamilie Schröcksnadel, spezialisiert auf die Sanierung kriselnder Skigebiete, gemeinsam mit Athesia die Mehrheit an der Schnalstaler Gletscherbahnen AG. Einem Zufall verdankte ich nach dem Ausscheiden aus der Politik meine plötzliche Berufung zum Direktor der Schnalstaler Gletscherbahnen.
In dieser Funktion kümmerte ich mich auch um die neue Tourismuszone. Nach eingehenden Beratungen waren die Eigentümer schließlich überzeugt, dass es besser ist, das Hochmoor zu retten und dafür eigens den Bauleitplan zu ändern. Gleichwohl die Bauzone rechtlich längst in Kraft war.
 
 
 
Die folgenden Beratungen begannen 2015 und zogen sich in die Länge. Zunächst musste das 2007 verfasste Tourismus-Leitbild der Gemeinde überarbeitet werden. Es wurde festgestellt, dass in der Zwischenzeit im Tal über 500 Betten verloren gegangen waren! Der Gemeinderat genehmigte schließlich 600 neue Betten für Kurzras; die Landesregierung Kompatscher I stimmte dem neuen Leitbild ebenfalls zu. Es gab keinen einzigen Einwand.
Daraufhin begannen umfangreiche urbanistische und umwelttechnische Prüfungen. Im August 2017 befürwortete die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung die neu geplante Tourismuszone schließlich mit der Begründung, dass „der Standort mit Bezug auf die Dimension des Vorhabens und deren funktionellen Erfordernissen in Bezug auf die Naturgefahren alternativlos ist“. Die vielen Gespräche und die Umsetzung der Ratschläge der Ämter sowie des Landesbeirates für Baukultur und Landschaft schienen sich gelohnt zu haben.
Der Gemeinderat genehmigte die Bauleitplanänderung einstimmig. Dann hieß auch die Landesregierung die Maßnahme gut. Zu beiden Beschlüssen gab es keine Einwände.
Im Jänner 2021 folgte der vermeintlich letzte behördliche Akt: der Gemeinderat genehmigte den Durchführungsplan. Einstimmig. Und erneut gab es innerhalb der vorgesehenen Fristen keinen einzigen Einwand.
 
 
Im Frühsommer 2021 legte Athesia als Bauwerber dann dem Umweltbeirat das Projekt für den Bau des ersten Teils des Hotelprojektes vor, das die Realisierung von 300 Betten vorsieht. Ebenso soll eine Trainingshalle errichtet werden. In Schnals fehlt eine solche Einrichtung für Sportlerinnen und Sportler und dieses Manko kann auf Dauer nicht durch die Höhenlage und den Gletscher kompensiert werden. Das eingereichte Teilprojekt gründet auf das genehmigte Tourismus-Leitbild, den genehmigten Bauleitplan und den genehmigten Durchführungsplan.
Es ist nicht objektiv, den Eindruck zu vermitteln, als ob es darum ginge, ein Projekt gegen sämtliche Bedenken durchzusetzen und es ist falsch, dass die Mitglieder der Landesregierung allein politischem Druck ausgesetzt sind.
Der Umweltbeirat ist ein beratendes Gremium der Landesregierung und es steht ihm natürlich frei, zum Standort der Hotelzone Bedenken zu äußern, selbst wenn ihn die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zuvor nach eingehender Prüfung als alternativlos bezeichnet hatte. Vor dem Hintergrund einer fünfjährigen Abfolge an Prüfungen, Planungen und Genehmigungsverfahren muss die Landesregierung aber aufmerksam alle Gutachten und Beschlüsse abwägen. Das sind die Fakten, die nachgeprüft werden können.
Daher ist es nicht objektiv, den Eindruck zu vermitteln, als ob es darum ginge, ein Projekt gegen sämtliche Bedenken durchzusetzen und es ist falsch, dass die Mitglieder der Landesregierung allein politischem Druck ausgesetzt sind. Sie haben, falls sie sich die Zeit nehmen, den Werdegang und die Sachverhalte objektiv zu prüfen, genügend Dokumente und Argumente vorliegen, die eine politisch und rechtlich korrekte Entscheidung ermöglichen.
 
Elmar Pichler Rolle, Berufsjournalist, war SVP-Obmann und Landsrat für Urbansitik und Umwelt und ist heute Unternehmenssprecher der Athesia AG.