Politik | Kommentar

Brei Südtirol

RAI Südtirol hat in seiner Berichterstattung über den Conte-Auftritt in Meran deutlich gemacht, wie Journalismus in diesem Land funktioniert. Ein erbärmliches Zeugnis.
Sicher wird man zur Rechtfertigung am Ende die sogenannten par-condicio-Bestimmungen bemühen. Mit diesen Bestimmungen lässt sich nämlich alles zudecken. Die bewusste politische Desinformation genauso wie die persönliche Unfähigkeit, seriöse, journalistische Arbeit zu leisten.
 
Am Donnerstag kam der ehemalige italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte nach Meran. Conte, Chef der 5-Sterne-Bewegung, kommt in die Passerstadt, um offiziell die Bürgermeisterkandidatur von Paul Rösch zu unterstützen.
"Il MoVimento 5 stelle vuole ripartire dal contatto con i cittadini per ascoltare e raccogliere le esigenze di tutti. Per questo il presidente Giuseppe Conte, farà tappa giovedì 30 settembre nella città di Merano per sostenere gli attivisti 5S del gruppo locale e la squadra di coalizione del candidato sindaco Paul Rösch", heißt es in der offiziellen Ankündigung und Einladung.
Es ist ein politischer Coup, den der Südtiroler 5-Sterne-Landtagsabgeordnete Diego Nicolini eingefädelt hat.
Ein geschickter Schachzug, der der Südtiroler Volkspartei äußerst bitter aufstößt. Das wird an den öffentlichen Aussagen der SVP-Granden Achammer, Durnwalder und Steger mehr als deutlich. Jene, die jahrelang in der Partei gegen den damaligen Ministerpräsidenten geredet haben und alles taten, um der Regierung Conte die offizielle Unterstützung der SVP zu versagen, echauffieren sich jetzt plötzlich darüber, dass Conte in Meran den Gegenkandidaten Paul Rösch unterstützt.
Chuzpe scheint in dieser Politik zum Tagesgeschäft zu gehören.
Jene, die jahrelang in der SVP gegen den damaligen Ministerpräsidenten geredet haben und alles taten, um der Regierung Conte die offizielle Unterstützung der SVP zu versagen, echauffieren sich jetzt plötzlich darüber, dass Conte in Meran den Gegenkandidaten Paul Rösch unterstützt.
 
Doch die SVP hat im Meraner Wahlkampf zum Glück RAI Südtirol.
Nur so lässt sich die skandalöse Berichterstattung erklären, die Südtirols öffentlich-rechtlicher Rundfunk zum Conte-Auftritt in Meran abgeliefert hat. Regimeberichterstattung par excellence.
So läuft seit heute früh in den RAI-Radionachrichten folgende Meldung:
 
Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte hat in Meran Südtirols Autonomie gelobt. Der Vorsitzende der 5-Sterne warb bei seinem Besuch in der Passerstadt um die Gunst der Wählerinnen und Wähler für die Bürgermeisterwahlen am 10. Oktober. Conte hob dabei den durch die Autonomie geschaffenen Wohlstand hervor.
 
Es folgt ein O-Ton Conte zum Wohlstand in Südtirol und zur ökologischen und digitalen Transformation, die auch in diesem Land umgesetzt werden muss.
Für wen Conte in Meran wirbt, hat man vergessen zu melden. Für sich selbst oder für Rösch? Das ist anscheinend nicht berichtenswert.
 
Dasselbe - nur visuell - am Abend davor in der Tagesschau und in „10 nach 10“.
Es beginnt bereits in der Anmoderation durch den Tagesschau-Sprecher:
 
Wenn ein ehemaliger Ministerpräsident ganz offiziell nach Südtirol kommt, sorgt das immer für großes Aufsehen. So auch heute in Meran. Giuseppe Conte, der Vorsitzende der 5-Stelle, griff heute überraschend in den Meraner Wahlkampf ein.
 
 
 
Dann beginnt ein langer Bericht. Die Journalistin kommentiert die Bilder:
 
Treffpunkt Thermenplatz mit dem populären Ex-Premier und neuen 5-Stelle-Chef Giuseppe Conte. Warum hat er gerade die kleine Kurstadt ausgewählt, um seiner Bewegung zu neuem Schwung zu verhelfen? Aus Überzeugung.
 
Zitat Giuseppe Conte „Ich freue mich, meine Unterstützung für einen ganz konkreten Vorschlag zu untermauern. Ganz abgesehen von dieser wunderbaren Stadt, diesen wunderbaren Bergen.“
Journalistin: „Und natürlich gibt es auch Lob für die Autonomie, die es aber um einiges Wichtiges zu erweitern gilt.“
Die SVP hat im Meraner Wahlkampf zum Glück RAI Südtirol.
Es folgt ein weiteres Zitat von Conte, bevor die Journalistin weitermoderiert:
 
Als Premier hatte Conte allerdings noch engste Beziehungen zur SVP. Zuletzt insbesondere mit der Mutter von Spitzenkandidatin Katharina Zeller. Und jetzt, wo er für den Gegenkandidaten einstieg?
Giuseppe Conte: „Mit Senatorin Unterberger hatte ich immer ein sehr herzliches Verhältnis, absolut, auch mit den Anderen. Es gab immer einen sehr offenen, politischen Dialog. Wir haben immer versucht zu verstehen, was es braucht. Die SVP vertritt eine Realität, die wir nicht vernachlässigen dürfen. Das Verhältnis war immer ausgezeichnet. Ich vertraue darauf, dass sie unseren Vorschlag auch beachten.“
Der Vorsitzende der 5-Sterne warb bei seinem Besuch in der Passerstadt um die Gunst der Wählerinnen und Wähler für die Bürgermeisterwahlen am 10. Oktober.
Der Kommentar weiter: „Sagt's und setzt seinen Wahlspaziergang fort zum offiziellen Treffen mit dem wiederkandidierenden Ex-Bürgermeister Paul Rösch. Beim Treffen mit der potenziellen Wählerschaft  erklärt er danach noch einmal seine politische Vision von Kreislaufwirtschaft, ökologischem Wandel, Umwelt und Klimaschutz. Ziele, die sich auch andere Parteien auf die Fahnen geschrieben haben. Auch hier in der Kurstadt.“
 
Nach zwei Minuten kommt erstmals Paul Rösch kurz ins Bild. So als hätte man sich zufällig auf der Straße getroffen. Die offizielle Unterstützung Contes für den von der SVP so ungeliebten grünen Bürgermeisterkandidaten darf es auf RAI Südtirol anscheinend nicht geben.
Nur auf der Onlineplattform von RAI Südtirol steht ganz am Ende ein Satz: ‘In Meran unterstützen Conte und die 5-Sterne-Bewegung den Bürgermeisterkandidaten der Grünen, Paul Rösch.
Der Titel des Beitrages: Conte in Meran: "Superbonus wird verlängert"