Wirtschaft | Handel

"Kleine werden an die Wand gestellt"

Shoppen am Sonntag nutzt weder dem Handel und schadet der Gesellschaft: Laubenkönig Georg Oberrauch bleibt überzeugter Gegner der Sonntagsöffnung und wünscht sich eine gesellschaftliche Gegenbewegung.

Herr Oberrauch, seit dieser Woche  kann der Handel frei entscheiden, ob er am Sonntag offen hält oder nicht. Müssen Sie nun zwischen Ihren persönlichen Überzeugungen und dem wirtschaftlichen Wohl ihres Betriebes entscheiden?

Nein, absolut nicht. Es ist ein Fakt dass die Sonntagsöffnung letztendlich eine Augenauswischerei ist, auch für die Wirtschaft. Alles andere ist dummes Geschwätz. Denn der Konsum kann nicht größer werden kann, im Gegenteil, er geht zurück. Auf der anderen Seite bringt die Sonntagsöffnung erhebliche Mehrkosten. In der Vergangenheit hat sich klar gezeigt, dass sie einen kurzfristigen Vorteil für neue Betriebe darstellt, wenn diese als einzige  geöffnet halten. Doch sobald andere nachziehen, bleibt wenig übrig. Mittlerweile gestehen sich selbst Großkonzerne ein, dass der Sonntag mittelfristig kein wirkliches Umsatzplus bringt.

Neben dem wirtschaftlichen Aspekt bringt der liberalisierte Sonntag aber auch soziale Konsequenzen.

Dieser seelische und soziale Aspekt steht für mich im Vordergrund. Für ein paar Euro geben wir Werte auf, die Errungenschaften unserer Gesellschaft sind. Den Wert der Familie, den Wert sozialer Beziehungen und Kontakte, das Recht auf körperliche Erholung und auf religiöses Innehalten. Hier hat für mich auch das Argument keine Gültigkeit, dass die Leute nun mal gerne shoppen. Denn ich denke, sechs volle Tage reichen zum Shoppen aus.

Sie predigen diese Argumente schon seit langem. Doch offenbar vergebens?

Ich bin in dieser Frage immer schon ein Pionier gewesen. Unsere Familie hat bereits Mitte der Nuller Jahre ein schriftliches Positionspapier verfasst, dass alle Familienmitglieder unterschrieben haben. Schon damals haben wir gesehen, dass es den Bach hinunter geht – auch wenn wir noch vielfach belächelt wurden. Mittlerweile sind unsere schlimmsten Befürchtungen eingetroffen.

Das heißt, alle Geschäfte der Oberrauch-Gruppe werden auch künftig sonntags geschlossen bleiben?

Beim Kompromiss von zehn Sonntagen hätten wir sozusagen in den sauren Apfel gebissen und wären mitgezogen. Nun werden wir voraussichtlich unsere bisherige Position beibehalten, fünf Sonntage im Jahr offen zu halten.

Hätten Sie sich in ihrem Kampf gegen die Sonntagsöffnung mehr politische Schützenhilfe erwartet?

Ich glaube, wenn sich Politiker etwas in den Kopf setzen, gibt es immer Chancen. Mario Monti ist Südtirol diesbezüglich sicher in den Rücken gefallen, weil es ja ein Gesetz gab. Doch für mich  wehren sich unsere Politiker zu wenig und hauen zu wenig auf den Tisch. Ich würde mir wirklich wünschen, dass nun eine Basisbewegung von unten entsteht, die einen anderen Weg einfordert. Denn ich denke, dass immer mehr Bürger spüren, dass die seelische Belastung generell zu groß wird. Man muss hier nun an all die Mitarbeiter denken, die am Sonntag arbeiten.  

Es gibt schließlich bereits heute Betriebe in Südtirol, die neue Mitarbeiter vertraglich dazu verpflichten, am Sonntag zu arbeiten.

Ja, was sich hier teilweise abspielt, ist ein Katastrophe. Plakativ ausgedrückt, ist das eine schleichende Entwicklung hin zum modernen Sklaventum. Natürlich nimmt ein Arbeitsloser jede Arbeit an, aber das alles steht auf ganz wackeligen Beinen.

In anderen Regionen, in denen dieser gesamte Prozess viel früher begonnen hat, haben die Befürworter immer die These aufgestellt, dass durch den offenen Sonntag mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Doch ich habe Belege, dass das Gegenteil der Fall ist. Denn Großbetriebe stellen generell weniger Mitarbeiter an als spezialisierte Fachbetriebe. Und wenn letztere dann zusperren müssen, verlieren wir Arbeitsplätze.

Das heißt, Sie sehen durchaus die Gefahr, dass kleine Betriebe infolge der Sonntagsöffnung zusperren müssen?

Speziell die gesund gewachsenen Familienbetriebe in Südtirol werden sicherlich an die Wand gestellt. Wir haben als Gruppe eine Größe, in der wir uns schon irgendwie positionieren. Doch für die spezialisierten Kleinbetriebe ist das sicher eine Bedrohung.