Politik | Afghanistan

Drängen auf humanitäre Hilfe aus Rom

Die italienische Regierung soll ein System für die Aufnahme von Frauen und Kindern aus Afghanistan erarbeiten, so die gemeinsame Forderung des Regionalrates.
Afghanistan
Foto: upi

Während im August alle Augen auf Afghanistan gerichtet waren, hat sich der mediale und gesellschaftliche Fokus mittlerweile wieder auf andere Themen verschoben. Dabei ist die Situation der Menschen vor Ort, vor allem jene der Frauen und Kinder, weiterhin dramatisch: Man sieht zu, wie Familien von den Taliban zerrissen, Frauen unterdrückt und Menschenrechtsaktivist*innen zum Schweigen gebracht werden. Und auch der Blick in die Zukunft lässt für das zwischen Hungerkrisen und schwindenden Bildungschancen eingeklemmte Land nichts Gutes erahnen. Vor diesem Hintergrund hat der Regionalrat am Mittwoch einen Begehrensantrag genehmigt, durch den die italienische Regierung dazu aufgefordert wird, rasch ein konkretes Aufnahmeprogramm für afghanische Frauen und Kinder zu erarbeiten.

“Das Land wird nicht von einem, sondern von zwei Kriegen heimgesucht”, so die Erstunterzeichnerin des Begehrensantrags Brigitte Foppa von den Südtiroler Grünen. Einer dieser Kriege ist der, dessen Bilder die Welt im August erschüttert haben. Der andere spielt sich im Hintergrund ab und wird vor allem auf dem Rücken von Frauen und Kindern ausgetragen: “Vier von zehn Kindern sterben im ersten Jahr nach ihrer Geburt und auch die Sterberate der Mütter bei der Geburt ist extrem hoch. Gleichzeitig werden die Rechte der Frauen immer weiter eingeschränkt und wer sich um deren Schutz bemüht, ist extremen Risiken ausgesetzt.” Diese Situation zwinge auch den Regionalrat dazu, die eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen und die Dringlichkeit der Situation wieder in den Mittelpunkt zu drängen. Dazu haben 17 Regionalräte der beiden Autonomen Provinzen einen Begehrensantrag eingereicht, der die italienische Regierung dazu auffordert, rasch ein Aufnahmesystem für afghanische Frauen und Kinder umzusetzen.

 

Im Zuge der Regionalratsdebatte betont Lucia Coppola (Verdi), dass der Begehrensantrag auch für die regionale Ebene Konsequenzen birgt: “Es geht nicht nur darum, sich zu Werten und Prinzipien zu bekennen, um so die eigene Verantwortung abzustreifen”, so Coppola. Auf das Lippenbekenntnis müssten in einem zweiten Moment auch Taten folgen, um die Menschen in der Region aufzunehmen und zu integrieren. Neben den Grünen, dem Team K, Futura, dem PD, M5S und Perspektiven für Südtirol, drückt auch die Südtiroler Landesregierung ihre Unterstützung für den Antrag aus.

Auf das Lippenbekenntnis müssen in einem zweiten Moment auch Taten folgen, um die Menschen in der Region aufzunehmen und zu integrieren.

Ablehnend reagiert hingegen Sven Knoll (Südtiroler Freiheit), der es “langfristig gedacht” für angebracht hält, auf humanitäre Korridore zu verzichten, um den “demokratischen Humus im Land nicht zu zerstören.” Zusammen mit seiner Parteikollegin Myriam Atz Tammerle stimmen sie als einzige gegen den Antrag. Alessandro Urzí (Fratelli dItalia) und Uli Mair (Freiheitliche) sprechen sich kritisch aus; laut Urzí sei das Asylrecht für Menschen, die tatsächlich auf der Flucht seien, ja bereits gegeben und der Antrag somit zahnlos. Uli Mair stört sich daran, dass bei “ähnlichen Situationen in Italien” weggeschaut würde. Beide enthalten sich der Stimme.

Schlussendlich wurde der Begehrensantrag mit einer breiten Mehrheit von 46 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen genehmigt.