Gesellschaft | Bürgerprotest

Landhausplatz: Zorn und Tränen

Ihr kamen die Tränen vor Enttäuschung und Wut: Edith aus Meran sprach wie etliche andere Demonstranten mit salto.bz über ihre Ansichten und Forderungen an die Politiker, und warum sie heute nach Bozen kam, um vor dem Landtag zu protestieren.

Der Silvius-Magnago-Platz war voller Demonstranten, an die 300 bis 400 Bürger und Bürgerinnen aus ganz Südtirol hatten sich um 10 Uhr vormittags eingefunden. Eine Tribüne wartete auf die Redner, die zahlreich mit Plakaten und Spruchbändern auftraten und das Ihre sagten. Wut und Frustration, aber auch konkrete Vorschläge und die Aufforderung, jetzt endlich Tacheles zu reden und ernsthaft Wiedergutmachung zu betreiben. Einstimmigkeit gab es bei der Forderung nach der Rückgabe der Gelder, alle Politiker sollten ihre Rentenvorschüsse zurückzahlen. salto.bz hat einige der Demonstranten befragt:

Heinrich Gasser, Bozen

"Ich stehe heute hier für unsere Gruppe, (u.a. Markus Warasin, Roger Pycha, Hans Karl Peterlini, Konrad Bergmeister) die versucht, vorauszudenken, wie es in Südtirol und Europa weitergehen soll. Wir machen uns Gedanken zu verschiedenen Bereichen, wie Kultur, Kunst, Wissenschaft, Landwirtschaft; dieser Protest heute hier ist für uns ein typisches Zeichen, dass der Generationenvertrag gebrochen wurde. Die Politiker haben den Generationenvertrag mit Füßen getreten und das darf nicht sein. Das ist ein ganz großes Vergehen und deswegen trage ich hier ein Plakat mit dem Affenbaum, der geschüttelt werdeb muss. Diese Rentenprivilegien sind ein Verbrechen an der nächsten Generation."

Siegline Hübler, Meran

"Das ist so logisch, dass ich hier bin, ich brauch es wohl nicht extra zu sagen. Was ich aber unterstreichen will, ist, dass wir Südtiroler viel zu gutgläubig, zu geduldig und vergesslich sind, wir lassen uns schnell einmal etwas erzählen und denken nicht darüber nach. Das geht schon jahrzehntelang so und man braucht gar nicht mehr darüber reden, es reicht, und das sagen alle. Ich unterschreibe alles, was in den geforderten 10 Punkten steht, man soll alles offenlegen, das wäre aber von vornherein schon klar gewesen."

Edith aus Meran

"Ich bin heute hier zu protestieren, es geht mir buchstäblich so auf die Nerven, diese ganze Verlogenheit. Wir haben Kinder, wir arbeiten von in der Früh bis spät abends, und die rauben uns aus und nehmen uns die Gelder, die sollen alles zurückgeben und dann lärmen sie umeinander, wo sie jetzt das Geld hinüberweisen sollen, ich sage, es soll dorthin gehen, wo es herkam, wo sie es genommen haben. Ich hab' Zwillinge, die studieren, und ich kann das alles selber bezahlen, ich find das so abscheulich, dass mir die Tränen kommen."

Lydia Köstl aus Schenna

"Auf meinem Plakat steht allerlei, zum Beispiel: Danke für eure Stimmen, aber jetzt können wir nimmer in den Millionen schwimmen! Und ich würde sagen, es braucht eine Auszeichnung für diejenigen, die das hier aufgedeckt haben, und es ist ja alles egal, ob Südtiroler Freiheit oder die Freiheitlichen oder SVP. Moral! Hilfe! So viel Geld, aber jetzt reicht es uns! Arme Leute hier in Südtirol, das Geld muss zurück! Jetzt trauen sie sich nicht einmal heraus hier, die Bonzen!"

Herbert Köhl, Tisens

 

"Ich bin hier, weil auch ich so wie alle landauf, landab verflucht sind, ob rechts, links, Mitte, weil es einfach zu weit gegangen ist. Ich hätte gerne, dass der SVP-Obmann Stellung nimmt, denn er müsste das ja auf sich nehmen und etwas dazu sagen. Aber wenn ich einen Vorschlag machen dürfte, dann wäre es der, dass diejenigen, die das eingefädelt haben, zurücktreten, es muss nicht Neuwahlen geben, aber die Jungen sollen jetzt eine Chance haben, das Ihre richtig zu machen. Dann gibt es wirklich eine Erneuerueung und auch der Landeshauptmann Kompatscher hätte jetzt eine gute Gelegenheit, diese Erneuerung durchzusetzen, ohne gleich Neuwahlen auszurufen. Aber jene, die das verbrochen haben, müssen zurücktreten, die Alten."

Ulrich Haller

"Ich finde es schade, denn es heißt ja immer, wir Jugendlichen sollten uns Vorbilder nehmen, aber was sind denn das für Vorbilder? Die Politiker können kein Vorbild mehr sein. Nach allem was passiert ist, habe ich jedes Vertrauen in sie verloren und so geht es vielen Jugendlichen. Was sollen wir jetzt über sie denken? Wir zahlen jetzt auch Renten ein, aber für wen denn? Deswegen bin ich heute auch hier und ich hoffe, dass auch noch mehr junge Leute hierherkommen und ihren Protest zeigen, denn das ist keine Demokratie mehr."

Erna Marsoner-Huber, Pfunders

"Ich fordere an erster Stelle, dass der Altlandeshauptmann Durnwalder mit gutem Beispiel vorangehen soll und als erster die Kürzungen annehmen soll, er soll nicht auch noch Forderungen stellen. Es soll endlich ein Frieden einkehren zwischen Politik und Bevölkerung, das ist mir wichtig. Das zweite Thema, von dem ich auf der Tribüne gesprochen habe, ist das Anliegen, dass Martha Stocker endlich mal öffentlich Stellung nimmt, sie war die Assessorin für die regionalen Zusatzrenten und sie soll endlich hierherkommen und ehrlich und transparent vorbringen, was da vorgefallen ist. Sie war es ja, die von Ort zu Ort zog und den kleinen Leuten erklärt hat, wie sie zu einer Rente kommen, da war sie auch die Expertin und jetzt schweigt sie und sagt gar nichts. Das ist nicht in Ordnung! Sie hat mitunterzeichnet, dass sie und alle anderen Poliitker die Rentenvorschüsse ausgezahlt bekommen haben."

Es war gegen 13 Uhr, als nach langen "Außer, außer!"- Rufen einige der Politiker aus dem Landtag kamen. Arno Kompatscher stellte sich den Demonstranten genauso wie Philipp Achammer, beide wurden einigermaßen wohlwollend empfangen, Applaus gab es für Paul Köllensperger. Die Demonstranten riefen jedoch nach den Politikern der deutschsprachigen Rechtsopposition: Freiheitliche, Bürger-Union und Süd-Tiroler Freiheit.