So sucht Südtirol neue Ärzte
Was haben suggestive Bilder von Mountainbikern oder glücklichen Menschen an Bergseen mit Südtirols Ärztemangel zu tun? Sie sind Teil des Pakets, mit dem der Südtiroler Sanitätsbetrieb das Unmögliche schaffen will: Auf einem leergefegten Markt 100 Ärztinnen und Ärzte sowie 50 Pflegekräfte zu finden. Ein Unterfangen, für das die Landesregierung und vor allem Gesundheitslandesrätin Martha Stocker in den vergangenen Monaten jede Menge Energie und Ressourcen aufgebracht haben. Immerhin hat spätestens die EU-Arbeitszeitregelung klar gemacht, dass das chronische Problem Personalmangel umgehend angegangen werden muss. 87 neue Stellen sind allein aufgrund dieser Neuregelung für Ruhezeiten und Wachdienste nötig. Weitere 12,5 braucht es laut Generaldirektor Thomas Schael für dringende betriebsweite Projekte. Die 50 neuen Stellen in der Pflege werden dagegen vorwiegend für den Ausbau der Pflege vor Ort und die integrierte Hauskrankenpflege benötigt.
Deshalb wurden für 2016 zusätzliche acht Millionen Euro für das Sanitätspersonal bereit gestellt. Im Omnibusgesetz wurden verschiedenste Maßnahmen wie eine Zusatzentschädigungen für Auszubildende mit Zweisprachigkeitsnachweis, Teilzeitmöglichkeiten oder die befristete Verlängerung von Arbeitsverträgen auch ohne Facharztausbildung vorgesehen. Doch selbst wenn nun alle verwaltungstechnischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind, um nach Ostern mit den Wettbewerben zu starten, ist sowohl den politischen Verantwortlichen wie auch Generaldirektor Schael klar, dass es damit nicht getan ist. „Vor allem im ärztlichen Bereich bewirkt man mit Anzeigen und Ausschreibungen heute kaum mehr etwas“, erklärte der Generaldirektor des Sanitätsbetriebs auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gesundheitslandesrätin Martha Stocker und Personalchef Christian Kofler. Allein im deutschen Ärzteblatt würden Woche für Woche 100 bis 200 Seiten mit Stellenanzeigen für Ärzte veröffentlicht. „Was es braucht, sind persönliche Kontakte und eine Direktanwerbung“, so Thomas Schael.
Networking, was das Zeug hält
Networking was das Zeug hält, heißt deshalb die Devise. Eine direkte Aufforderung dazu erhielten vergangene Woche einmal mehr sämtliche Südtiroler Primare mit einem persönlichen Brief von Schael und Sanitätsdirektor Oswald Mayr. Darin wurden sie aufgefordert, ihre persönlichen Kontakte zur Personalanwerbung zu nutzen. Während extern mit spezialisierten Headhuntern zusammengearbeitet werden soll oder weiterhin Netzwerke wie Südstern genutzt werden, soll innerhalb des Sanitätsbetriebs eine eigene Stelle zur Personalakquise geschaffen werden: „Der Sanitätsbetrieb sucht eine/n Verantwortliche/n für die Anwerbung von neuen MitarbeiterInnen“, heißt es in einer internen Ausschreibung, die am Montag veröffentlicht wurde und bis Ende März läuft. Auch hier soll das Networking auf dem nationalen und internationalen Markt im Vordergrund stehen.
Befeuert werden sollen all die Bemühungen auch mit Mitteln des Standortmarketings. Denn, wie auch der Generaldirektor aus eigener Erfahrung berichtete: „So schlecht lebt’s sich hier nicht!“ Er selbst sei dabei seine Familie nach Südtirol nachzuholen, kündigte Schael an. Genauso setzt man beim Sanitätsbetrieb nun mit einer eigenen PR-Kampagne darauf, dass Bilder von einem vielfältigen Freizeitangebot sowie des hohen Lebensstandard so manchen Arzt auf Südtirol aufmerksam machen. In Anlehnung an das Projekt „Leben-und Arbeiten-in-Südtirol“ der IDM hat der Sanitätsbetrieb die Kampagne #sabesjob geschaffen, mit der auch stark in den Sozialen Netzwerken gearbeitet werden soll. Doch bringt man Ärzte tatsächlich mit Mountainbike-Möglichkeiten nach Südtirol? „Das ist eine von vielen Maßnahmen“, relativierte Landesrätin Martha Stocker. Sie hofft weiterhin auch auf die emotionale Verbundenheit, die viele im Ausland tätige Südtiroler Ärzte mit ihrer Heimat haben.
Zumindest über erste Erfolgserlebnisse berichtete am Montag Personaldirektor Christian Kofler: Seit Ende des vergangenen Jahres wurden bereits 27 Ärzte eingestellt, davon die Hälfte unbefristet. Noch massiver war der Personalzugang mit 74 Krankenpflegern im Pflegebereich. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, was der Markt sonst noch hergibt.