Meraner Lehren
Paul Rösch ist kein Mann der scharfen Worte. Daher ist die Drohung, die er am Donnerstag Vormittag ausspricht auch nur zwischen den Zeilen zu hören: “In einer Koalition muss man sich auf seine Partner verlassen können. Wenn dann jemand nach anderen Spielregeln als den meinen spielt, könnte ich mir die Frage stellen, ob ich meine Verhaltensregeln nicht überdenken muss.” Am Abend zuvor haben 20 Meraner Gemeinderäte für die von der Stadtregierung eingebrachte Beschlussvorlage gestimmt, kein Verfahren für ein Tiefgaragenprojekt am Theaterplatz einzuleiten. “Damit ist das Thema Tiefgarage abgehakt”, zeigt sich Rösch hörbar zufrieden. Wochenlang hat er versucht aufzuzeigen, warum er eine Parkgarage am Theaterplatz für wenig sinnvoll erachtet. “Es kann nicht im öffentlichen Interesse sein, wenn ein Projekt nur einzelnen Privaten Vorteile und der Mehrheit Nachteile bringt”, bekräftigt er einen Tag nachdem der Gemeinderat die Garage abgelehnt hat erneut.
Das von Privaten vorangetriebene Bauvorhaben verschwindet nun also in der Versenkung. Zugleich tritt erneut an die Oberfläche, wie wenig Loyalität Paul Rösch von gewissen Koalitionspartnern zu erwarten hat. Sieben der 14 Gemeinderäte, die das Projekt am Mittwoch Abend mit einem Nein beziehungsweise einer Enthaltung befürwortet haben, kommen nämlich aus den Reihen der Mehrheit. Doch während Rösch mit den beiden ausgescherten Räten von Alleanza per Merano kein Problem hat – “Nerio Zaccaria (Stadtrat von Alleanza per Merano, Anm. d. Red.) ist ein Mann, dem ich absolut vertraue. Er hat mir auch im Vorfeld erklärt, warum er für die Tiefgarage stimmen wird”, so Rösch –, zeigt er sich über das Verhalten jener SVP-Räte, die gegen die Linie der Stadtregierung gestimmt haben “leicht verärgert”. Dabei hat der Bürgermeister einen nicht unbeachtlichen Sieg eingefahren. “Rösch steigt stärker denn je aus der Sache aus”, so die Überzeugung eines Meraner SVP-Funktionärs, der andererseits seiner eigenen Partei nach der Tiefgaragen-Geschichte ein miserables Zeugnis ausstellt.
Nach hinten losgegangen?
Wer der Meinung war, dass das Abstimmungsergebnis vom Mittwoch Abend jenen Teilen in der Meraner SVP in die Hände spielen würde, die Paul Rösch lieber heute als morgen nach Hause schicken würden, den belehren die Worte, die aus der SVP am Tag danach zu vernehmen sind, eines Besseren: “Die SVP hat den Karren komplett an die Wand gefahren und sich blamiert. Das Vorhaben, Paul Rösch anzuschießen, ist richtig in die Hose gegangen.” Der Verdacht, dass Teile der SVP das Tiefgaragen-Projekt, vorangetrieben von zwei Hoteliers und der Civica per Merano, dazu nutzen wollten, den Bürgermeister politisch zu schwächen, ist Paul Rösch auch schon gekommen. “Vielleicht waren einige, die dafür gestimmt haben, wirklich davon überzeugt. Aber ich bin mir sicher, dass ein wesentlicher Teil dieses sonderbaren Bündnisses zwischen Civica und Teilen der SVP nichts anderes im Sinn hat als die Regierungsarbeit zu behindern”, sagt er am Donnerstag. Für die Civica als Oppositionspartei könne er noch Verständnis aufbringen, aber im Falle des Koalitionspartners SVP “kann man mit diesem Verhalten nicht einverstanden sein”.
Doch vielmehr als dem Bürgermeister hat sich die SVP mit ihrem gespaltenen Abstimmungsverhalten selbst geschadet. Davon ist einer, der über die Parteiinterna bestens informiert ist, überzeugt. “Die Abstimmung vom Mittwoch hat zweierlei gezeigt: Erstens, die totale politische Unfähigkeit der Parteiführung, sich intern auf eine gemeinsame Position zu einigen. Zweitens war es eine fatale Niederlage für den Strippenzieher Karl Zeller und seinen Flügel um Gerhard Gruber und den als nächsten Bürgermeisterkandidat ins Spiel gebrachten Karl Freund.” Der Parteiführung wird hinter vorgehaltener Hand strategisches Versagen vorgeworfen: “Wenn man den Bürgermeister ausschalten will, dann muss das klappen. So war es ein Schlag ins Gesicht der SVP.” “Ganz übel” steige auch Gabi Strohmer aus. Die SVP-Tourismusstadträtin hatte sich zwar ein rechtliches Gutachten eingeholt, das ihre Unbefangenheit bestätigte (Strohmers Bruder ist einer der beiden Hoteliers hinter dem Tiefgaragenprojekt). Doch aus moralisch-politischer Sicht sei ihre Teilnahme an der Abstimmung mehr als fraglich gewesen, heißt es aus ihrer Partei.
Konsequenzen will Paul Rösch trotz der eingangs erwähnten verhaltenen Drohung koalitionsintern vorerst keine ziehen. “Ich bin überzeugt, dass diese Abstimmung eine Ausnahme war und eine solche bleiben wird”, betont der Bürgermeister mehrmals. Und nicht zuletzt habe das vergangene Jahr gezeigt, “dass die Zusammenarbeit sehr gut funktionieren kann”. Doch er hat aus der Geschichte gelernt, wie er sagt: “Das wichtigste, was mir klar geworden ist: Es kann nicht mehrere Koalitionen geben. Es geht nicht, dass einer meint, seine eigenen Spielchen machen zu können.” Da ist es wieder, das leise Säbelrasseln.
Wärst du früher hergekommen,
Wärst du früher hergekommen, hätt ich Rat von dir genommen,
so aber geh und schweige still, nicht jeder baut so wie er will.