Wegher wird's nicht
Der Fall ist so verzwickt, dass nicht einmal die Nationale Antikorruptionsbehörde zu einem eindeutigen Schluss kommt. Durfte Enrico Wegher zum neuen Verwaltungsdirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs ernannt werden? Aufgrund gravierender Zweifel hat sich der Generaldirektor Thomas Schael im Februar an die Aufsichtsbehörde ANAC gewandt. Nun liegt die Antwort vor. Sie spricht keine klare Sprache, dennoch zieht die Landesregierung Konsequenzen: “Wir werden von der Nominierung Weghers absehen müssen und die Stelle anderweitig besetzen”, verkündet Landeshauptmann Arno Kompatscher am Dienstag Mittag.
Weghers Unvereinbarkeit
Am 20. Dezember 2016 gibt der Sanitätsbetrieb bekannt, dass Enrico Wegher die Nachfolge von Marco Cappello als Verwaltungsdirektor des Betriebs antreten soll. Wegher ist zu jener Zeit noch als Präsident der “Südtiroler Alto Adige Informatik und Medizin GmbH”, kurz SAIM, im Amt. Die Informatikgesellschaft befindet sich zu 51 Prozent in den Händen des Südtiroler Sanitätsbetriebs.
Kurz vor Jahreswechsel folgt ein Beschluss der Landesregierung, mit dem Thomas Lanthaler zum neuen Sanitätsdirektor und Marianne Siller zur neuen Pflegedirektorin ernannt werden. Von der Ernennung Enrico Weghers aber keine Spur. Die Erklärung liefert der Sanitätsbetrieb kurze Zeit später:
“Die Ernennung zum Verwaltungsdirektor muss noch warten, weil Enrico Wegher aktuell noch den Auftrag zum Präsidenten der SAIM innehat, was mit der Übernahme der Verwaltungsdirektion unvereinbar ist. Innerhalb Jänner 2017 ist die Ernennung des neuen Präsidenten der SAIM geplant. Bis dahin führt Bezirksdirektor Umberto Tait die Verwaltungsdirektion geschäftsführend, weil Marco Cappello bereits vor Monaten sein Ausscheiden aus diesem Amt mit 31.12.2016 ankündigt hat.”
Die Sache mit der Nichterteilbarkeit
So einfach wie sie sich anhört, ist die Sache aber nicht. Den Grund dafür findet man im staatlichen Legislativdekret Nr. 39 vom 8. April 2013, das die Unvereinbarkeiten von Aufträgen in öffentlichen Körperschaften regelt. Laut diesem Dekret ist die SAIM-Präsidentschaft von Enrico Wegher keinesfalls mit dem Amt des Verwaltungsdirektors vereinbar (wie auch der Sanitätsbetrieb bestätigt). Doch diese staatliche Verordnung regelt nicht nur die Unvereinbarkeiten (“incompatibilità”), sondern auch die Nichterteilbarkeit (“inconferibilità”) von Aufträgen in öffentlichen Körperschaften oder in von diesen kontrollierten öffentlichen oder privaten Körperschaften.
In Art. 5 des Dekrets steht dazu: “Gli incarichi di direttore generale, direttore sanitario e direttore amministrativo nelle aziende sanitarie locali non possono essere conferiti a coloro che, nei due anni precedenti, abbiano svolto incarichi e ricoperto cariche in enti di diritto privato regolati o finanziati dal servizio sanitario regionale.”
Der Landtagsabgeordneten der 5 Sterne Bewegung, Paul Köllensperger, meinte bereits im Februar: “Ich glaube, das Wegher unter diese Bestimmung fällt.” Sprich, auch wenn Wegher sein Amt die SAIM-Präsidentschaft inzwischen niedergelegt hat – seine Nachfolgerin ist die ehemalige österreichische Gesundheits- und Familienministerin Andrea Kdolsky –, muss er zwei Jahre warten bis er den Posten als Verwaltungsdirektor antreten kann. So die Auslegung von Köllensperger. Anders sah man die Sache beim Sanitätsbetrieb. “Es gibt keinen Grund für eine Nichterteilbarkeit”, sagte Pressesprecher Lukas Raffl zu salto.bz damals.
Antwort der ANAC
Um Klarheit in dieser Rechtsfrage zu schaffen, zog der Sanitätsbetrieb die Aufsichtsbehörde ANAC zu Rate. Diese ist nun, mehr als vier Monate später zum Schluss gekommen, dass “es nicht auszuschließen ist, dass im Falle von Enrico Wegher möglicherweise eine Unvereinbarkeit vorherrscht und seine Nominierung im Widerspruch zu seiner ehemaligen Funktion bei SAIM steht”, berichtet Landeshauptmann Kompatscher am Dienstag. Auch wenn das Ganze “sehr komplex” sei, was die keineswegs deutliche Antwort der ANAC beweist, nehme man das Gutachten der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis und werde Wegher nicht als Verwaltungsdirektor einsetzen, sagt Kompatscher.
Die zuständigen Ämter müssen nun überprüfen, wie es weitergeht und “inwieweit ein Wettbewerb zur Besetzung der Stelle erfolgen muss”, so der Landeshauptmann abschließend.