Schulers Petition
Mehr als 6400 Unterschriften in zwei Tagen unter der Online-Petition auf openPetition, ein Meer an Kommentaren unter der entsprechenden Facebook-Ankündigung von Arnold Schuler, die am Wochenende mehr als 500 Mal geteilt und hunderte Mal geliked – sowie weit weniger oft disliked – wurde: Zumindest zahlenmäßig gesehen, hat Südtirols Landwirtschaftslandesrat ein produktives Wochenende hinter sich. Nach Bürgermeistern, die ihrer Bevölkerung in Beschlussanträgen die Befreiung von der Plage der beiden Großraubwildtiere Bär und Wolf in Aussicht stellen, setzt nun auch Arnold Schuler auf den populo – und fordert die SüdtirolerInnen auf, eine von ihm erstellte Wolfs-Petition an die EU-Kommission und die italienische Regierung zu unterzeichnen. Die darin enthaltenen Forderungen? Brüssel solle unverzüglich Maßnahmen treffen, um den Schutzstatus des Wolfes zu senken, Rom dagegen ebenso unverzüglich Maßnahmen in die Wege leiten, um im Rahmen der EU-Richtlinien die geregelte Entnahme von Wölfen in Südtirol zu ermöglichen.
Einfacher und entschlossener kann man ein emotional aufgeladenes Thema wie den Wolf in Vorwahlzeiten wohl nicht an Mann und Frau bringen. Auch wenn es als Bankrotterklärung eines Politikers gesehen werden könnte, auf ein Instrument zurückzugreifen, das dem mandatslosen Volks ermöglicht, seine Forderungen publik zu machen. Dass ein gewählter Volksvertreter andere Mittel zur Verfügung hätte, um Probleme zu lösen, wurde auch in den Kommentaren auf Schulers Facebook-Seite thematisiert. Neben zahlreichen Bravo-Rufen finden sich dort auch viele kritische Stimmen. „Lieber Herr Schuler, sind nicht SIE berechtigt eine kluge und vernünftige Entscheidung für unser Land zu treffen?“. „Ja ja, man sieht, dass wieder einmal Wahlen sind und die SVP auf Stimmenfang geht. Südtiroler, wacht endlich auf und lasst euch von der SVP nicht ins Bockshorn jagen!!“. Oder – auch durchaus humorvoll: „Zum Schutz und Sicherheit der Bürger fordern wir weniger Politiker“.
"Schauen, Schießen, Schweigen"
Der Landesrat selbst nutzt nicht nur Soziale Medien, um seine Unterschriftensammlung unters Volks zu bringen. Eine mindestens ebenso ideale Plattform bot sich ihm am vergangenen Freitag in einem aus allen Nähten platzenden Raiffeisenhaus in Lana. Mehr als 800 Zuhörer, der Großteil davon mit bäuerlichem Hintergrund, folgten dort teils höchstemotional einer Podiumsdiskussion zum Thema Wolf und Bär, die Schuler mit der Vorstellung seiner Wolfs-Petition verknüpfte. „Es hilft mir in Rom wenig, wenn hier in Lana fast 1000 Leute sind“, erklärte er den Zuhörern seine Unterschriftensammlung. Denn wenn er dort in Sachen Wolfsmanagement Verhandlungen führe, sei er allein – und müsse sich seinen Weg ins Ministerium durch eine Menschenmasse an demonstrierenden Tierschutz-Fundamentalisten bahnen.
Zumindest in Südtirol wird Arnold Schuler nicht alleingelassen, zeigt auch die Unterstüzung, die dem einstigen Gemeindeverbands-Präsidenten von Südtirols Gemeinden gewährt wird. Auf der Homepage der Gemeinde Bruneck gibt es beispielsweise einen Aufruf, die Petition - auch auf der Gemeinde selbst oder den Forststationen - zu unterzeichnen. „Nur, wenn wir jetzt zusammenstehen und uns gemeinsam wehren, können wir entsprechend Druck aufbauen“, wird Landesrat Schuler im entsprechenden Appell zitiert. „Ich lade jede Bürgerin und jeden Bürger ein, diese Petition zu unterzeichnen und somit Teil einer Bewegung zu werden, die sich für den Erhalt unseres ländlichen Raums einsetzt.“
Auch in Lana gab es am Freitagabend einen Vorgeschmack darauf, was in Sachen Großraubwildtiere noch auf uns zukommt, wenn Wahlen und offenbar immer mehr Tiere vor der Tür stehen, wie auch die jüngste Meldung von der Sichtung eines Wolfs im Gewerbegebiet von Terlan am Wochenende nahelegt. Zum Beispiel mit den heftigen Buh-Rufen, die der Geschäftsführer des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz Andreas Riedl für seine Feststellung ernte, dass man realistisch genug sein müsse zu erkennen, dass es in diesem Jahr dringend Herdenschutzmaßnahmen brauche. Weit begeisterter wurde nicht nur von der Menge, sondern auch von anwesenden Politikern wie Lanas Bürgermeister und Moderator Harald Stauder oder Ex-Senator Hans Berger eine vom Referenten Martin Keller aufgebrachte „3-S-Regel“ aufgenommen und als Running Gag weitergesponnen. Was könne man tun, wenn Herdenschutzmaßnahmen nicht mehr greifen, wurde der Schweizer Landwirt und Chef der Vereinigung zum Schutz der Weidetierhaltung und des ländlichen Lebensraumes gefragt. Seine saloppe Antwort: Schauen, Schießen, Schweigen.