Politik | In Rom

Keine Frage des Vertrauens

Die SVP-Parlamentarier enthalten sich bei der Vertrauensabstimmung: “Wir werden die Regierung an ihren Taten messen.” Dafür gibt es Kritik, die man scharf zurückweist.
Palazzo Madama
Foto: Twitter/Senato Repubblica

“Am stärksten sind wir, wenn wir das Zünglein an der Waage sind.” Nach der erfolgreichen Regierungsbildung von Movimento 5 Stelle und Lega schaut es nicht so aus, als ob die SVP-Parlamentarier dieselbe Erfahrung machen werden wie die Ex-Senatoren Karl Zeller und Hans Berger. Am gestrigen Dienstag stand im Senat die Vertrauensabstimmung über das Kabinett von Giuseppe Conte an. Um 12 Uhr mittags verlas der Ministerpräsident im Palazzo Madama seine Regierungserklärung, gefolgt von den Stellungnahmen der Fraktionssprecher im Senat. Kurz vor 21 Uhr stand das Ergebnis der Abstimmung über die Vertrauensfrage fest: 145 Stimmen hätten Conte und seine Ministerriege gebraucht. Auf 167 Senatoren kommen Movimento 5 Stelle und Lega. Am Ende sprachen 171 Senatoren das Vertrauen aus, 117 stimmten dagegen, 25 enthielten sich. Darunter die drei SVP-Senatoren Julia Unterberger, Dieter Steger und Meinhard Durnwalder.

“Mit großer Aufmerksamkeit” habe man die knapp eineinhalbstündige Rede von Conte verfolgt, erklärte Julia Unterberger dem Plenum. In der Autonomiegruppe, deren Sprecherin sie ist, gebe es “große Vorbehalte bei verschiedenen Programmpunkten”. Etwa über die Finanzierbarkeit diverser Maßnahmen, über die Conte kein Wort verloren habe oder die Rolle, die Italien in Europa einzunehmen gedenke.
Da Conte aber ein Bekenntnis zu den Sonderautonomien abgelegt habe, werde man nicht gegen die Gelb-Grüne Regierung stimmen, sondern “uns im Moment der Stimme enthalten”, so Unterberger. Damit sprach sie aber nicht für alle der acht Mitglieder der Autonomiegruppe. Gianclaudio Bressa (PD) und Pier Ferdinando Casini (Centristi per l’Europa – eine bei den Wahlen vom PD unterstützte Liste) würden gegen die Regierung stimmen, hielt Unterberger fest. Zugleich kündigte sie an, dass man Gelb-Grüne mit der Enthaltung keinen Freifahrtschein ausstelle. “Wir werden die Regierung ab morgen (heute, Anm.d.Red.) an ihren einzelnen Vorhaben messen. Wir erwarten uns, dass das heute (gestern, Anm.d.Red.) geäußerte Bekenntnis zu den Sonderautonomien nicht nur eine leere Versprechung bleibt und werden den Dialog suchen.” Denn der politische Auftrag, den uns die Wähler gegeben hätten, sei, die Interessen des Territoriums und ihre Minderheiten bestmöglich in den nationalen Institutionen zu vertreten – “cercando il confronto con tutti i governi”, so Unterberger.

“Ci adopereremo per salvaguardare le Regioni ad autonomia speciale del Nord e del Sud del Paese nella convinzione che la prossimità, la sussidiarietà e la responsabilità, ove localmente concentrate, possano contribuire a migliorare la qualità di vita dei nostri cittadini.”
(Giuseppe Conte in seiner Regierungserklärung)


Auch in der Abgeordnetenkammer wollen sich die SVP-Abgeordneten bei der Vertrauensabstimmung, die am heutigen Mittwoch ansteht, der Stimme enthalten. “Wir hoffen, dass unsere Enthaltung künftige konstruktive Gespräche zu autonomiepolitischen Belangen erleichtern wird”, sagt Renate Gebhard, SVP-Sprecherin in der Kammer.

In Bozen kommentiert Parteiobmann Philipp Achammer die Regierungsbildung: “Jetzt haben die beiden Regierungsparteien, die in den vergangenen Wochen immer wieder vorgegeben haben, ‘Freunde der Autonomie’ zu sein, die Gelegenheit, dies auch zu beweisen. “Das weitere Abstimmungsverhalten der Südtiroler Volkspartei im Laufe der Amtszeit wird nun von den einzelnen Projekten der Regierung abhängen”, pflichtet Achammer Unterberger und Gebhard bei. “Wir werden uns Punkt für Punkt anschauen, ob die einzelnen Vorhaben der Regierung  mit unseren Vorstellungen und vor allem mit unserer Autonomiepolitik vereinbar sind”.

Für die Enthaltungen hat sich die SVP Kritik von ihrem Koalitionspartner, dem Südtiroler PD eingehandelt. Auf nationaler Ebene ist die Linie klar: Es kann nur ein Nein zur Regierung von Movimento 5 Stelle und Lega geben. Mit Entschiedenheit weist SVP-Obmann die Kritik zurück und schlägt scharfe Töne an: “Wir treffen keine Entscheidungen aus irgendwelchen ideologisch geprägten Motiven, so wie dies etwa der PD tut. Für uns zählt in erster Linie die Autonomie, und wir haben gute Gründe, warum wir uns der Stimme enthalten: Wenn eine Regierung zum Schutz der Autonomie bereit ist, dann wollen wir auch einen konstruktiven Dialog aufbauen. Die SVP geht ihren eigenen, ganz selbstständigen Weg, auch wenn dies anscheinend einigen nicht gefällt.”

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Karl Trojer Mi., 06.06.2018 - 10:53

Nachdem der Ministerpräsident Conte in seiner Vertrauensrede vor dem Senat die Unterstützung unserer Autonomie zugesichert hat, finde ich es klug und korrekt seitens der SVP, dass sie sich der Stimme enthalten hat.

Mi., 06.06.2018 - 10:53 Permalink
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Manfred Klotz Mi., 06.06.2018 - 18:05

Auch die Einschätzung bei den bestehenden Verhältnissen "Zünglein an der Waage" sein zu können, finde ich absolut realistisch und kein bisschen überzogen...

Mi., 06.06.2018 - 18:05 Permalink