Auf, zum ersten landesweiten Referendum gegen das SVP-Gesetz zur „Bürgerbeteiligung“
58 Promotorinnen und Promotoren, darunter viele Vertreter der weiterhin über dreißig unterstützenden Organisationen, bringen heute im Südtiroler Landtag den Antrag auf Referendum gegen das Anfang Juni verabschiedete Landesgesetz ein, mit dem Bürgerbeteiligung nach den Vorstellungen SVP neu geregelt werden sollte. Nicht nur die gesamte Opposition im Landtag hat dieses Gesetz abgelehnt und der Koalitionspartner der SVP sich der Stimme enthalten, nicht nur die Initiative für mehr Demokratie, die sich nun schon seit 15 Jahren mit dieser Materie befasst und alle Organisationen, die sich mit ihr seit vielen Jahren für eine gute Regelung einsetzen, sondern auch weltweit anerkannte Fachleute geben ein entschieden negatives Urteil über dieses Gesetz ab. Wie schon das 2005 von der SVP-Führung gewollte Gesetz würde auch dieses sich schnell als unbrauchbar erweisen.
Zugleich will das Promotorenkomitee mit dem Antrag auf Volksbegehren den Gesetzentwurf, der in der Volksabstimmung2009 von der überwältigenden Mehrheit der Abstimmenden angenommen worden war, wieder im Landtag einbringen. Er liegt jetzt in einer weiter verbesserten Version vor, die nun auch die Volksabstimmung über einfache Anregungen (nicht nur über Gesetzestexte) und die elektronische Unterschriftensammlung vorsieht.
Vor einem Jahr hatte die SVP-Führung es abgelehnt, in einer Volksbefragung das Volk zwischen den beiden Gesetzentwürfen wählen zu lassen. Jetzt können wir mit der Sammlung von je 8.000 Unterschriften bis Mitte September denselben Zweck erreichen.
Unser Ziel ist: dass das SVP-Gesetz mit dem Referendum abgelehnt wird und dass mit dem Volksbegehren der von der SVP-Fraktion im Landtag vom Tisch gewischte Gesetzesvorschlag der Bürgerinnen und Bürger zur Direkten Demokratie wieder zur Behandlung auf die Landtagstische kommt. Damit sollte dann endgültig klar sein, dass dieser die Grundlage zur Neuregelung der Mitbestimmungsrechte sein muss. Wenn auch immer wieder verbessert, ist es der Vorschlag, der seit 1995 nun zum vierten Mal im Landtag eingebracht werden soll, für den von Mal zu Mal immer mehr Bürgerinnen und Bürger unterschrieben haben und für den sich in der Volksabstimmung 2009 114.884 Bürgerinnen und Bürger entschieden haben.
Wir meinen, das sollte jetzt endlich genügen!
Wir haben einen langen Weg hinter uns.
- Er hat 1995 mit einem Volksbegehren begonnen, das vom Regionalrat mit drei "Rebellenstimmen" aus der SVP-Fraktion angenommen worden war, dann aber von der italienische Regierung, wahrscheinlich auf SVP-Druck, gekippt worden ist;
- 2003 haben wir mit einem neuen Volksbegehren, diesmal gestützt auf das 2001 reformierte Autonomiestatut und die damit gegebene Zuständigkeit für den Landtag, Wahlrecht und Mitbestimmungsrecht selbst zu regeln, die Grundlage geschaffen für das Landesgesetz Nr. 11/2005 "Volksbegehren und Volksabstimmung";
- 2007 haben wir auf der Grundlage dieses Landesgesetzes erstmals eine Volksinitiative (gesetzeseinführende Volksabstimmung) lancieren und mit 26.000 Unterstützerunterschriften erwirken können, dass alle Bürgerinnen und Bürger über unseren Gesetzesvorschlag zur Regelung der Direkten Demokratie entscheiden konnten;
- 2009 haben in der Volksabstimmung 114.884 Bürgerinnen und Bürger, fast ein Drittel der Wahlberechtigten, für unseren Entwurf gestimmt. Die Volksabstimmung ist wegen ca. 7.000 Stimmen, die zur Erreichung des 40% Beteiligungsquorums gefehlt haben, für ungültig erklärt worden;
- 2010 wollten wir mit einer neuen Volksinitiative den Landtag veranlassen, die mindestnotwendigen Verbesserungen am geltenden Gesetz zur Direkten Demokratie vorzunehmen. Das, nachdem absehbar geworden war, dass mit dem von Landtagsabgeordneten Arnold Schuler verfassten Gesetzentwurf zur Bürgerbeteiligung keine brauchbare Neuregelung zu erwarten war. Zum ersten Mal war ein solcher Antrag dann aufgrund einer restriktiven Auslegung des Autonomiestatutes von einer Kommission für nicht zulässig erklärt worden;
- 2011 haben wir daraufhin unseren in einigen Punkten verbesserten Gesetzentwurf der Volksabstimmung 2009 (Schutz der Minderheiten bei ethnisch sensiblen Fragen, unabhängiges Redaktionskomitee für das Abstimmungsheft ...) mit 12.600 Unterschriften wieder als Volksbegehren im Landtag eingebracht;
- 2012 haben wir verlangt, das Volk in einer Volksbefragung wählen zu lassen zwischen unserem und dem Entwurf der SVP-Fraktion. Das wurde von der SVP abgelehnt und unser Gesetzentwurf unbehandelt vom Tisch gewischt.
- Am 6. Juni 2013 hat nun die SVP-Fraktion im Landtag ihren Gesetzentwurf allein mit ihren 18 Stimmen verabschiedet.
Mit diesem Gesetz ist zwar das Beteiligungsquorum abgeschafft und die Volksabstimmung über Beschlüsse der Landesregierung eingeführt worden, es sieht aber
- eine doppelte Unterschriftensammlung vor,
- eine Vervierfachung der Zahl der Unterschriften, die jetzt zum Beispiel für die Erwirkung dieses Referendums nötig sind,
- mit ihm wird das Recht auf eben dieses Referendum (das Herzstück der Direkten Demokratie) und weitere wichtige Instrumente vorenthalten,
- mit der Zwischenschaltung von Kommissionen oder Politikerbeschlüssen können Abstimmungen unterbunden und
- mit der gleichzeitigen Abstimmung über Scheinalternativen können Volksinitiativen durch Stimmensplitterung zu Fall gebracht werden.
So weit nur die offensichtlichsten Mängel und Verhinderungsstrategien in diesem Gesetz.
Vor allem ist jetzt aber in diesem Gesetz festgeschrieben, dass über die Regeln der Demokratie in Zukunft nur der Landtag beschließen kann!
Das alles nehmen wir nicht hin. Auf diese Mängel haben wir von Anfang an (ab Frühjahr 2010) in direkten Gesprächen mit Arnold Schuler hingewiesen. Es ist dabei geblieben, mit dem Hinweis, dass mehr jetzt nicht möglich sei und dass man in der Nach-Durnwalder-Ära weiterreden könne. Nur, mit einem solchen Ausschluss der Bürgerinnen und Bürger von der Möglichkeit, selbst Vorschläge zur Regelung der Demokratie einbringen und darüber abstimmen zu können, blieben wir der politischen Vertretung vollkommen ausgeliefert. Sie wäre nicht gezwungen, uns Bürgerinnen und Bürger wirklich ernst zu nehmen. Dieser Zustand wäre auf die Dauer tödlich für die Demokratie!
Vor allem auch deshalb ergreifen wir jetzt gegen dieses Gesetz das Referendum. Dieses Instrument steht uns zum Glück, gesondert von der landesgesetzlichen Regelung der Direkten Demokratie, vom Autonomiestatut her zu Verfügung (vom römischen Parlament vorgesehen, nicht etwa von der lokalen politischen Macht gewährt!).
Das Wichtigste zum Instrument des sog. bestätigenden/ablehnenden Referendums, das wir jetzt ergreifen:
- Es ist mit Landesgesetz 10/2002 anhand der detailierten Vorgaben des Autonomiestatutes geregelt. Begrenzt auf Südtirol soll es jetzt zum ersten Mal zur Anwendung kommen, staatsweit ist es bisher nur zwei Mal (2001 und 2006) genutzt worden über vom Parlament beschlossene Verfassungsänderungen.
- Wie auf Staatsebene in Bezug auf Änderungen der Verfassung, ist es im Art. 47 des Autonomiestatutes als Kontrollmöglichkeit beim Erlass von Grundgesetzen vorgesehen, also den Gesetzen, mit denen die Regeln der Demokratie festgelegt sind;
- diese Gesetze treten nach der Beschlussfassung und ihrer Veröffentlichung für drei Monate nicht in Kraft;
- wenn innerhalb der drei Monate (bei Verabschiedung mit absoluter Mehrheit) sieben Landtagsabgeordnete und/oder 1/50 der Wahlberechtigten (ca. 8.000 Unterschriften, in unserem Fall bis ungefährt Mitte September) das Referendum darüber erwirken, tritt das Gesetz nur in Kraft, wenn es bei der Abstimmung mehrheitlich angenommen wird. Es entscheiden die Abstimmenden, es gilt also kein Beteiligungsquorum!
- Zur Abstimmung kommt es spätestens sieben Monate nach Verabschiedung des Gesetzes. In unserem Fall also wahrscheinlich im Jänner 2014.
Gleichzeitig bringen wir wieder unseren bei der Volksabstimmung 2009 von 83% der Abstimmenden angenommenen Gesetzentwurf in den Landtag ein, nach dem Motto:
NEIN zum unbrauchbaren SVP-"Beteiligungs"- Gesetz mit dem REFERENDUM
Mit einem neuem VOLKSBEGEHREN soll endlich das Bürgergesetz zur Direkten Demokratie zur Grundlage der notwendigen Neuregelung gemacht werden!
Mit Fug und Recht können wir diesen Gesetzentwurf als den Vorschlag der Bürgerinnen und Bürger bezeichnen. Mit jedem neuen Volksbegehren sind es Tausende von Bürgerinnen und Bürgern mehr, die ihn unterstützen, fast ein Drittel der Wahlberechtigten haben in der Volksabstimmung dafür gestimmt. Der Gesetzentwurf wurde, angeregt durch die Auseinandersetzungen über die Materie, ständig verbessert. Die letzten Neuerungen sind die Einführung der Volksabstimmung nicht nur über Gesetzentwürfe, sondern auch über einfache Anregungen, die elektronischen Unterschriftensammlung und die Beauftragung der Landesregierung mit einer Studie, die Einführung der elektronischen Abstimmung zu prüfen.
alles wichtig und gut
meine Unterschrift habt ihr schon! Aber bitte, ausnahmsweise, könnte man sich überlegen, ob dieser Beitrag auch in italienisch gebracht wird. Ich kann mich nämlich recht gut erinnern, dass die fehlenden 7 Stimmen im 2009 von den italienischsprachigen Mitbürgern erwartet wurden. Kein Vorwurf an niemanden.
Antwort auf alles wichtig und gut von Maximilian Ben…
italienische Version
Sicher, gerne natürlich. Wollte das mit einem eigenen Account für Iniziativa per Più democrazia machen. Den ist es mir aber nicht gelungen einzurichten. Warte auf technische Hilfe!
unterschriften
wann und wo?
Antwort auf unterschriften von Robert Marley
wann und wo unterschreiben
Spätestens ab 22. Juli (die Unterschriften sind per Post am Freitag, den 10. Jukli abgeschickt worden) bis zum 13. September im Gemeindeamt (demographisches Amt oder Gemeindesekretariat) der eigenen Wohnsitzgemeinde. 2 Unterschriften: einmal für das Referendum gegen das SVP-Gesetz zur "Bürgerbeteiligung", das das Ende der jungen Direkten Demokratie in Südtirol wäre, wenn es in Kraft treten würde, und das Volksbegehren, mit dem das Bürgergesetz zur Direkten Demokratie wieder im Landtag eingebracht werden soll. Wird das SVP-Gesetz in der Volksabstimmung (ohne Quorum) abgelehnt, dann müsste auch der neuen SVP-Fraktion im Landtag klar sein, dass der Vorschlag der Initiative für mehr Demokratie, der 2009 schon mit überwältigender Mehrheit von den abstimmenden Bürgerinnen und Bürgern angenommen worden ist, die Grundlage der Neuregelung sein muss.