Andreas Trenker
insalata-mista studio im Gespräch mit dem visuellen Gestalter Andreas Trenker
Artstore: Erzähl uns über die Zeit und den Ort, wo dieses Kunstwerk geschaffen wurde.
Andreas Trenker: Seit einigen Jahren dokumentiere ich Formen und Muster in den Städten in denen ich mich bewege. Die Formen die mich dabei interessieren sich nicht von geometrischer Natur, sondern meist organisch, wild und folgen mehr den physikalischen Gesetzen als Konventionen von Geometrie und Proportion. Sie sind meist durch den Eingriff von Menschen entstanden, welche aber nicht die Intention hatten besagte Form zu kreieren. Zum Beispiel, wenn Risse im Asphalt entstehen werden diese von den Straßenarbeitern wieder verschlossen und dabei manifestieren sich diese Formen als dunklere Linien auf dem Untergrund – sie sind also eine kausale Folge einer bestimmten Begebenheit, aber folgen keinem ästhetischen Prinzip. Sie sind vernakulär, laienhaft und genau deshalb so interessant.
Als mein Archiv von diesen Aufnahmen wuchs, verspürte ich das Bedürfnis mich dieser Formen zu bedienen und sie zu kombinieren, sie aufeinander treffen zu lassen und ihnen den haptischen Aspekt zurückzugeben welche sie also digitale Fotografien verloren haben. So entstand die Idee jene visuellen Dokumente, welche ich in Bozen aufgenommen habe, als Wandteppich zu verarbeiten. Der Teppich ist also eine gewebte Fotocollage dieser radikalen Formen.
Wie würdest du den kreativen Prozess, der diesem Kunstwerk zugrunde liegt, beschreiben? Beginnt alles mit einer Idee, die du im Kopf hast und die sich dann in Form einer Arbeit materialisiert oder entsteht der Inhalt beim Arbeiten?
Mein kreativer Prozess kann sich von Projekt zu Projekt unterscheiden, da er auch bei jedem Projekt durch unterschiedlichste Faktoren beeinflusst wird. Ich folge also keiner sturen Methode. Die interessantesten Projekte reifen aber mit der Zeit und werden dabei durch Austausch, Diskurse und Konfrontationen geschärft. Sie entstehen nicht in einem abgeschotteten luftleeren Raum, sondern an Konfrontationspunkten. Eine Konstante in meinem Arbeitsprozess gibt es jedoch, nämlich die Recherche und das Zurückgreifen auf Archive und Dokumente. Dabei sind aber nicht nur historische Archive gemeint, sondern auch persönliche, autonome Archive und visuelle Sammlungen.
Für dieses Projekt hast du mehrere Bilder von zufälligen Formen, Rissen, Spalten und anderen Kompositionen zusammengestellt, die du an verschiedenen Orten, die du bereist hast, gefunden hast. Was ist für dich die Faszination und Bedeutung dieser Formen?
Das Faszinierende an diesen Formen ist ihre radikale Freiheit der sie folgen. Sie wurden nicht erdacht, sie haben keinen „Schöpfer“, sie sind zufällig und folgen trotzdem einer Logik. Sie bleiben anonym, werden meist übersehen, sind einfach da. Jede dieser Formen birgt eine Geschichte und sie sind gleichzeitig ein temporäres Dokument des urbanen Raums.
Andreas Trenker
Visual Jargon
Auflage: Unikat, 1/1
Material: Maschinengewebter dünner Teppich aus 86,2% Baumwolle, 13,2% Polyester, 0,6% Kunstseide
Der Teppich kann aufgrund seiner geringen Dicke auch als Decke verwendet werden.
154cm x 214cm
1.111€
(exkl. Steuern und Transport)
Andreas Trenker (1990) ist ein visueller Gestalter und arbeitet an der Schnittstelle zwischen Grafikdesign, Dokumentarfotografie und Journalismus. Mit einem interdisziplinären und kritischen Ansatz erforscht er unterschiedliche sozialpolitische Themen. Er studierte Design in Bozen, Jerusalem und am Sandberg Institute in Amsterdam und arbeitete für verschiedene Design Studios in Europa.
Seine Arbeiten waren in zahlreichen internationalen Ausstellungen zu sehen, so z.B. beim Photoville Festival in New York, UniWorks PolyU in Hong Kong, Venice Design Week sowie in Amsterdam, Mailand, Bologna und Rovereto. 2018 war er Artist in Residence bei Disarming Design From Palestine und 2019 wurde er mit dem Benno Barth Award ausgezeichnet.
Neben seiner Tätigkeit als Gestalter ist er seit 2014 auch als Assistent in der Lehre tätig. Als Fotograf wird er von der Fotoagentur der Süddeutschen Zeitung vertreten. Er lebt und arbeitet in Bozen.