To think outside the box
Bereits zum vierten Mal wurde das JungakademikerInnen-Forum in Südtirol „Kulturen im Dialog“ von Prof. Annemarie Profanter an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen veranstaltet. “Das Forum wurde 2007 ins Leben gerufen mit dem Ziel, jungen AkademikerInnen eine Plattform des Dialogs und des Austausches zu bieten”, berichtet Prof. Profanter, “es stellt aber auch eine Möglichkeit dar, die TeilnehmerInnen aus dem deutsch-, italienisch- und englischsprachigen Raumes und ihre Arbeiten miteinander zu vernetzen.”
AbsolventInnen aller Disziplinen wurden aufgerufen, ihre Arbeiten zu den Themengebieten Interkulturalität, Migration, Integration, Interkulturelle Erziehung, Interkulturelle Pädagogik, Internationale Entwicklung, Wirtschaftsethik, Friedenserziehung und Konfliktbewältigung einzureichen – insgesamt hundert Arbeiten wurden schließlich einer Fachkommission von Professoren aus Rom, Wien und Bozen zur Bewertung vorgelegt. Fünf davon wurden ausgewählt und am Forum vorgestellt – jeweils in der Sprache, in der sie verfasst wurden. Neben dem Forum fand auch ein Seminar statt, in dem weitere gute Arbeiten präsentiert wurden und sich die JungakademikerInnen austauschen konnten. “So heterogen die TeilnehmerInnen und ihre Arbeit waren, so verbindet sie doch alle eines: das Interesse am Thema 'Kulturen im Dialog'”, so Prof. Profanter.
Das Siegerprojekt
Die fünf ausgewählten Arbeiten stammten von JungakademikerInnen aus Berlin, Pavia, Wien, Innsbruck und Bozen. Das Rennen machte schließlich Giulia Cordin von der Design-Fakultät der Universität Bozen. Sie überzeugte mit ihrer Arbeit: “Sineddoche, previsioni di un viaggio”. In ihrem Forschungsprojekt geht es um die Überzeugungen und Annahmen, die Individuen entwickeln bevor sie dem Anderen, dem Fremden überhaupt begegnen. Sie spricht von den Stereotypien, die wir uns von anderen machen und die unsere Wahrnehmung prägen. “Das heurige Siegerprojekt ist eine sehr gelungene Performance, eine künstlerische Darstellung des Dialogs der Kulturen”, freut sich die Organisatorin Profanter. “Giulia Cordin hat es geschafft, drei Objekte zu designen, die uns überführen in unseren stereotypen Wahrnehmungen des Anderen. Sie hat hierzu eine umfangreiche Analyse angestellt, worin denn die stereotypen Wahrnehmungen von Deutschland, Spanien und der Türkei bestehen und aufbauend auf die Ergebnisse Objekte designt, die all diese verschiedenen vorgefassten Meinungen gut zusammenfassen.”
Für die Türkei eine Pendeluhr ("Dort läuft die Zeit in gewissem Maße anders"), für Deutschland eine grelle Lampe ("Vormachtstellung und Kontrollfunktion"), für Spanien ein leerer Weinkrug ("Fiesta und Sangria").
Annemarie Profanter beschreibt, was für sie persönlich das Siegerprojekt als solches auszeichnet: “Ich war begeistert von der Innovation und der persönlichen-künstlerischen Verarbeitung der Herangehensweise an das Thema. Es handelt sich nicht um eine Arbeit, die dem Kanon der klassischen Wissenschaft folgt, aber auch darum geht es in dem Forum: To think outside the box.”
Publikation and more
Die Preisträgerin hat nun die Möglichkeit, ihre Arbeit im Peter Lang Verlag zu publizieren. “Als Uniabgängerin mit so einem Preis ausgezeichnet zu werden, eröffnet mehr Chancen als man ahnen mag. Neben der Möglichkeit der Publikation wird die Autorin ihre Arbeit nach Erscheinen öffentlich vorstellen und allein das mediale Interesse schlägt oft Kreise, die die jungen Wissenschaftler nicht vermuten würden – so war die Rückmeldung der Sieger der vergangenen Jahre”, weiß Prof. Profanter zu berichten. Es sei auch nicht zu unterschätzen, wenn eine junge Wissenschaftlerin bereits die Publikation einer Mongraphie aufweisen könne.
Prof. Schuber (Uni Bozen), Prof. Schicho (Uni Wien), Prof. Profanter (Uni Bozen) – Organisatorin und Initiatorin des Forums – Preisträgerin Gulia Cordin, Rektor Walter Lorenz
Symbiose Wissenschaft-Wirtschaft-Jugend
Die Veröffentlichung des Siegerprojekts wird durch das Preisgeld von 1.000 Euro finanziert. Gesponsert wurde es von Michael Seeber, Präsident der Leitner AG. Seeber unterstrich, dass ihm die Jugendförderung ein ganz besonderes Anliegen sei und er deshalb diese Zusammenarbeit besonders unterstützen möchte. “Für Universitäten ist es wichtig, sich nicht abzuschotten, keine Forschung im Elfenbeinturm zu betreiben sondern mit dem Territorium ins Gespräch zu kommen, die Bedürfnisse der Wirtschaft zu erkennen und als Impulse für die Forschung aufzunehmen”, bekräftigt auch Annemarie Profanter. Die Forschung solle keinesfalls instrumentalisiert werden, aber müsse die Wissenschaft die Bedürfnisse der Gesellschaft erkennen und Antworten auf Fragen geben, die aktuell unter den Nägeln brennen.
Und schließlich sei da noch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit: In Zeiten der wirtschaftlichen Krise müssten alle Fakultäten – ob Ökonomie oder Humanwissenschaften – auch an die Ressourcenaquirierung denken. Sich ausschließlich auf öffentliche Gelder zu verlassen wäre unseriös.
Für das Jahr zwischen den Foren – in diesem Fall also 2015 – ist ein Folgeseminar geplant, zu dem wiederum die sehr guten AutorInnen dieses Jahres geladen werden, um die Zusammenhänge zwischen ihren Forschungsarbeiten weiter auszubauen und zukünftige Kooperationen anzudenken.