Culture | Historische Fotos

Bilder aus längst vergangenen Tagen

Wie wuchsen unsere Urgroßeltern auf? Für die meisten schwer vorstellbar. Eine Zeitreise ins letzte Jahrhundert.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Bau der Pustertalerbahn
Foto: Josef Gugler

[von Julian Dejori]

 

Wie lebten die Menschen früher? Wie sahen unsere Dörfer und Städte vor 100 Jahren aus und wie sehr haben sie sich bis heute verändert? Das Projekt Lichtbild/Argento Vivo gibt Aufschluss darüber. Dieses durch  den Europäischen  Fonds  für  regionale  Entwicklung und Interreg  V-A  Italien-Österreich  2014-2020, geförderte Projekt zwischen Tirol und Südtirol, macht es sich zur Aufgabe historische Fotografien zu sammeln, zu archivieren und zu veröffentlichen. Dadurch soll dieser „Kulturschatz historische Fotografie“ den Menschen zugänglich gemacht werden und allen Interessierten Kompetenzen im Umgang mit historischen Bildaufnahmen vermitteln. Gertrud Gasser von der Abteilung Museen der Autonomen Provinz Bozen und federführende des Projekts, war mit uns im Gespräch.

Salto.bz: Frau Gasser, was ist das zentrale Ziel des Projekts „Lichtbild. Kulturschatz historische Fotografie“?

Gertrud Gasser: Unser zentrales Ziel drücken wir in den Keywords des Projektes aus: Kompetent im Umgang, offen im Zugang. Wir möchten mit einer gezielten Strategie der Qualitätssicherung und -steigerung historische Fotos konservieren und zugänglich machen und diese Kompetenzen an alle Interessierten vermitteln. Dazu haben wir Workshops organisiert und Handreichungen erarbeitet. Alle Projektergebnisse werden bis zum Ende des Projektes auf unserer Projekt-Plattform laufend veröffentlicht und als Downloads zur Verfügung gestellt.

Bei der Projektausarbeitung waren wir zu dritt: Marlene Huber vom Amt für Film und Medien/Abteilung Deutsche Kultur , Martin Kofler vom Verein Tiroler Archiv für photographische Dokumentation und Kunst in Lienz und ich von der Abteilung Museen. Gemeinsam suchten wir nach innovativen Umgang mit Fotos und dafür haben wir mehrere Wege gefunden. Was die Open Data angeht, so habe ich 2014 an einer Tagung in Wien teilgenommen zum Thema „Alles offen, alles frei. Open Data in Kulturinstitutionen“ und wurde gleich mit radikalen Gedanken einiger Leiterinnen staatlicher Museen konfrontiert. So zum Beispiel: Das Museum ist zur Gänze mit öffentlichen Geldern finanziert. Das Museum samt Inhalt gehört den Bürgerinnen und Bürgern. Daraus folgt: Wir stellen unsere Daten den Bürgerinnen zur freien Verwendung zur Verfügung. Nach so einer Tagung muss man seine Gedanken erst mal wieder neu ordnen, doch alleine kann man solche großen Themen nicht stemmen. Dazu braucht es ein Team und das konnten wir dann, EU sei Dank, über das Interreg-Projekt „Lichtbild“ aufbauen. Zudem lagen wir mit diesem Thema genau im Trend europäischer, nationaler und regionaler Entwicklungsstrategien. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis zum Projektende rund 10.000 historische Fotografien aus den Beständen der Projektpartner in hoher Auflösung, mit entsprechenden Metadaten versehen und bei Landschaftsaufnahmen mit Georeferenzierung unter CC-BY-Lizenz zum freien Download zur Verfügung zu stellen.

Beim letzten IDM Vertical Innovation Hackathon war Lichtbild Sponsor des Events. Suchen Sie Entwickler mit frischen Ideen für Ihre App?

Unsere App „Timetrip Pics“, ein weiterer Projektmeilenstein, haben wir unabhängig vom Hackathon entwickelt. Beim Hackathon ging es uns, wie Sie sagen, um frische, innovative Ideen. Es ging uns über den Transport und den Transfer von historischen Fotos in die Gegenwart und was daraus entstehen könnte. Mit dem Preis wollten wir natürlich den entsprechenden Anreiz dafü schaffen unsere Daten zu verwenden. Wir wollten, dass mit unseren Bildern experimentiert und neues ausprobiert wird. Ziel war es auch, Kulturdaten als Open Data ins Bewusstsein dieser für uns doch eher neuen Nutzergruppe zu bringen.

Mit sieben teilnehmenden Teams war eure Challenge die beliebteste unter den Teilnehmern. Woher das große Interesse und warum glauben Sie konnte sich das Projekt Pic Story gegen die anderen durchsetzen?

Dass so viele unsere Daten verwendet haben, hat uns dann sehr überrascht und gefreut. Und ein Teilnehmer hat bei der Vorstellung seines Projektes etwas Wichtiges gesagt, mit dem sich das große Interesse an Fotos erklären lässt, nämlich „facts, numbers without images are today less involving“. Fotos berühren und ich glaube, die Entwicklerteams haben sich gefreut, mit Fotografien arbeiten zu können. Eine willkommene Abwechslung zu Nummern und Zahlen. Zudem sind es natürlich auch wunderbare Bilder.

Das Siegerprojekt hat auf kreative Weise mehrere Aspekte miteinander verbunden und sich dadurch von anderen Projekten unterschieden. Sie haben ein Produkt entwickelt, das sich zwischen Geschichtsbewusstsein, lokaler Wirtschaftsförderung und Spielfreude bewegt.  Demnächst stellen sie es uns nochmal vor. Bei der Präsentation am Hackathon hatten sie ja nur 3 Minuten Zeit dafür und wir möchten es genauer wissen. Und auch nicht alle Teammitglieder konnten bei der Vorstellung dabei sein. Unsere Teamkollegin Verena Malfertheiner, die sehr viel Vorbereitungsarbeit geleistet hat, war als Referentin auf einer Tagung in Südkorea unterwegs.

Hatten Sie persönlich einen anderen Favoriten?

Nein, ich hatte keinen anderen Favoriten. Ich war aber bei jeder Projektvorstellung sehr gespannt, was sie entwickelt hatten.

Uns als Projektteam interessierte auch, was denn alles mit unseren Bildern möglich ist. Wir wollen die historischen Fotografien frei zur Verfügung stellen – für unterschiedlichste Verwendungszwecke. Die Ansätze der Hackerinnen und Hacker gingen dann von Gesichtserkennung über Gamification und Navigationsapps, die dich an jene Orte, an denen historische Aufnahmen gemacht wurden zurückversetzen. Eine großartige Vielfalt.

Hat der von euch zur Verfügung gestellte Preis – eine Reise nach Amsterdam - auch was mit dem Projekt Lichtbild zu tun?

Wir wissen, dass Holland eine rege Start-Up-Szene hat und kennen mehrere Projekte die Kultur-Open-Data verwenden. Zudem stammt die Datenbanksoftware, die die Autonome Provinz Bozen-Südtirol allen Museen, Archiven und sammelnden Institutionen zur Verfügung stellt, von einer holländisch-dänischen Entwicklerfirma. Mit dieser Datenbank arbeitet man etwa auch im Fotoarchiv des Projektpartners Amt für Film und Medien/Abteilung Deutsche Kultur der Südtiroler Landesverwaltung. Diese Firma, Axiell, hat uns auch beim Preisgeld unterstützt. Über sie und über unsere Kontakte zu digitalaffinen holländischen Kultureinrichtungen können wir interessante Begegnungen für unsere Gewinner planen und organisieren.

Ihre Kollegin Notburga Siller vom Amt für Film und Medien/Abteilung Deutsche Kultur, war eines der acht Jurymitglieder. Ihre Frage an alle „Lichtbild-Teams“ war, ob es Interesse gäbe das Projekt weiterzuführen und was es dafür bräuchte. Fast alle Teams bejahten. Wird es eine Zusammenarbeit zwischen den Hackern und Lichtbild geben?

Das Siegerteam wird uns ihr Projekt „Picstory“ noch einmal ausführlicher vorstellen. Dann werden wir schauen. Unser zweiter Sponsor, die Innos aus Osttirol, die sich der Entwicklung des Standorts und der Förderung junger Unternehmen widmet, ist natürlich auch sehr an den Ergebnissen interessiert.

Unser Ziel ist es, unsere Daten so vorzubereiten, dass sie für eine vielfältige kreative Verwendung geeignet sind. Hier erhoffen wir uns von den beiden auch hilfreiche Inputs.

Wichtig war uns auch, Kultur als Player neben den großen Vertretern der Südtiroler IT-Szene zu positionieren und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dafür auch als Arbeitsfeld zu interessieren. Viele verbinden vielleicht mit Archiven und Museen staubige Vitrinen, wir wollen hier andere Seiten zeigen.


Das Projekt „Lichtbild. Kulturschatz Historische Photographie läuft noch bis 30. Juni 2019. Auf was können wir uns schon freuen?

Wir haben eine Projektverlängerung erhalten und so können wir bis Ende 2019 auf unserer Spielwiese bleiben (lacht, Anm. d. Red.). Im Jänner findet der letzte unserer 5 Workshops statt. Dabei geht es um die digitale Langzeitarchivierung von Fotos. Dann kommt noch eine zweite virtuelle Ausstellung auf unserem Internetauftritt dazu, mehrere Handreichungen zu unseren vergangenen Workshops wird es geben, wir entwickeln einen E-Learning-Kurs zum Umgang mit historischen Photographien, und für den Frühsommer bereiten wir eine Ausstellung in allen Partner- und assoziierten Partnerstädten (Bozen, Bruneck, Lienz, Innsbruck) sowie in Trient vor. Außerdem arbeiten wir weiter an unseren Open Data und digitalisieren und erschließen historische Fotografien, die auf www.lichtbild-argentovivo.eu unter CC-BY-Lizenz heruntergeladen werden können. Die Bilder stehen also weiterhin zur Verfügung.

 

Vielen Dank für das Gespräch

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Martin B. Wed, 12/12/2018 - 19:14

Tolles Projekt, guter Einsatz öffentlicher Gelder. Schön wäre die Veröffentlichung direkt auf Wikimedia wo ja auch alles CC-BY ist, damit die Bilder einfach in der Wikipedia usw. zum Einsatz kommen könnten und auch weltweit viel besser indiziert und auffindbar sind.

Wed, 12/12/2018 - 19:14 Permalink