Fracking: Umstrittene Energieförderung
Die Methode des „Hydraulic Fractioning“ (hydraulisches Aufbrechen), kurz „Fracking“ genannt, ermöglicht es Schiefergas- und Schieferöl (englisch „shale gas“ und „shale gas“) zu fördern. Fracking ist technisch viel schwieriger und vor allem kostenintensiver als konventionelle Förderung. Im Unterschied zu konventionellem Erdöl und Erdgas, das in größeren Hohlräumen - sogenannten "Fallen" – gelagert ist, befindet sich Schieferöl und Schiefergas in kleinsten Poren von undurchlässigen oder schwerdurchlässigen Gesteinsschichten in Tiefen von 1000 bis über 4000 Metern. Vorkommen von Schieferöl- und Schiefergas sind oft mit konventionellen Lagerstätten verbunden und unterscheiden sich in ihrer Bildung und Zusammensetzung nicht von konventionellem Öl und Gas, sondern nur in der Art der Lagerstätten.
Wegen der schwindenden konventionellen Erdöl- und Erdgasreserven versuchten amerikanische Firmen seit einigen Jahrzehnten neue Förder-Technologien zu entwickeln, um die großen und weltweit weit verbreiteten Schieferöl- und Schiefergasreserven ausbeuten zu können. Durch die Verbindung von Fracking mit der Technologie des „Horizontal Drilling“ (waagrechte Bohrungen) gelang Ende der 1990er Jahre ein technologischer Durchbruch und ermöglichte die Förderung von Schiefergas und Schieferöl. Jedoch erst die hohen Erdölpreise im vergangenen Jahrzehnt machten die Förderung auch profitabel und führten zu einer massiven Steigerung der amerikanischen Öl-und Gasproduktion. Eine andere wichtige Voraussetzung für den rasanten Anstieg von Fracking in den USA sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, die es den Öl- und Gasfirmen erlauben die aus umweltpolitischer Sicht umstrittene Technologie anzuwenden.
Wie funktioniert Fracking?
Beim Fracking wird ein Gemisch aus circa 94,5 Prozent Wasser, ungefähr 5 Prozent Sand und etwa 0,5 bis 1 Prozent chemischer Zusätze unter hohem Druck in die Gesteinsschicht gepresst, in der sich das Schieferöl oder Schiefergas befindet. Dadurch wird das Gestein aufgebrochen und es werden Risse erzeugt, die sich horizontal in der gas- oder ölführenden Schicht ausbreiten. Um diese Risse so weit offen zu halten, dass das Gas oder Öl hindurchströmen und zum Bohrloch fließen kann, wird der Sand beigemischt. Das Gestein wird durchlässiger, das Schieferöl oder Schiefergas wird freigesetzt und kann an die Oberfläche geleitet werden. Die Chemikalien, die beim Fracking eingesetzt werden, haben verschiedene Funktionen, unter anderem das Bohrgestänge vor Korrosion zu schützen und das Wachstum von Bakterien zu verhindern.
In welchen Ländern wird Fracking genutzt?
Obwohl es weltweit in sehr vielen Ländern beträchtliche Schiefergas- und Schieferöllagerstätten gibt, wird Fracking vorwiegend in den USA genutzt. In Kanada, Argentinien und China werden in geringerem Ausmaß Schieferöl und/oder Schiefergas gefördert.
Noch vor einigen Jahren sahen diverse europäische Länder auch für Europa eine vielversprechende Zukunft für Fracking, da es auch in diversen Ländern Europas reiche Vorkommen an Schieferöl und Schiegergas gibt. Dieser Enthusiasmus ist inzwischen jedoch verflogen, da es sowohl von Seiten der Bürger als auch von der Politik aus umweltpolitischen Erwägungen starken Widerstand gegen Fracking gibt. Inzwischen ist Fracking zur kommerziellen Gas- und Ölförderung in den meisten europäischen Ländern verboten. Erwähnenswert ist, dass in Europa die Voraussetzungen zur Anwendung von Fracking viel ungünstiger sind als in den USA. Einerseits ist die dichte Besiedelung ein Hindernis, andererseits fehlt die notwendige Infrastruktur (Pipelines, entsprechende Anlagen für die Verarbeitung etc.) und das technische Knowhow.
Risiken und Gefahren der Schieferöl- und Schiefergasgewinnung
Beim „Fracking“ wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und giftigen Chemikalien unter hohem Druck tief ins Erdreich gepresst. Kritiker sehen wegen der giftigen Chemikalien eine große Gefahr für die Verschmutzung des Grundwassers.
Ein Teil des ins Erdreich gepresste Wassers fließt wieder an die Oberfläche zurück. Dieses Rücklaufwasser, der so genannte „Flowback“, muss aufgrund der verwendeten Gifte entsorgt oder in aufwendigen Verfahren für den neuerlichen Gebrauch gereinigt werden. Zudem ist der Flowback oft stark radioaktiv belastet und beinhaltet Schwermetalle und andere umwelt- und gesundheitsschädliche Substanzen und kann daher nicht in normalen Kläranlagen entsorgt werden.
Gase, vor allem Methan, können durch die Risse entweichen und in das Grundwasser und weiter ins Trinkwasser gelangen.
Ein weiteres Risiko besteht darin, dass durch den ungeheuren Pressdruck beim Fracking Erdbeben verursacht werden können.
Die enormen Wassermengen bei der Anwendung von Fracking, stehen für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung. Dies ist vor allem in Anbetracht der großen Wasserknappheit in vielen Regionen der Welt eine berechtigte Sorge.
Da die Schiefergas- und Schieferölförderung meist weite Flächen in Anspruch nimmt und sehr viele Bohrlöcher benötigt werden, kommt es zu weitflächigen, massiven Eingriffen in die Natur.
Schlussendlich wird durch Fracking die Förderung der fossilen Energiequellen Erdöl und Gas weiter stark ausgebaut und somit der CO2 Ausstoß erhöht mit negativen Folgen für die Klimaerwärmung. Die Energiewende hin zu einer fossilfreien Energieversorgung wird dadurch weiter hinausgezögert.
Welche Argumente führen die Fracking-Befürworter an?
Befürworter der Schiefergas und Schieferölförderung argumentieren, dass durch das enorme Potential in vielen Ländern auf viele Jahrzehnte hinaus Gas und Erdöl zur Verfügung stünde und somit die Energieversorgung gesichert sei. Durch die Nutzung von mehr Gas, die fossile Energiequelle mit den geringsten CO2 Emissionen, könnte die Zeit bis der Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann, „klimafreundlicher“ überbrückt werden.
Durch die Förderung von Schiefergas und Schieferöl im eigenen Land würde für viele Länder die Abhängigkeit von einigen wenigen Energie-Exportländern reduziert und gleichzeitig die Sicherheit der Energieversorgung erhöht werden. Ein höheres Angebot an Erdöl und Gas würde sich positiv auf die Preise auswirken und große Preissteigerungen verhindern.
Durch kontinuierliche Verbesserung der Technologien würden die Risiken und Gefahren bei der Anwendung der Fracking Methode minimiert werden. Die großen Ölmultis investieren hohe Summen in die Forschung, um die negativen Folgen, die beim Fracking entstehen, zu verringern. So wird versucht die giftigen Chemikalien durch umweltverträgliche zu ersetzen und die großen Wassermengen, die beim Fracking anfallen, stark zu reduzieren.
Auswirkung von Fracking auf den amerikanischen und globalen Energiemarkt
Der drastische Anstieg von Schieferöl- und Schiefergasproduktion hat in den USA zu einer weitreichenden Veränderung der Energieindustrie geführt. Derzeit werden circa zwei Drittel der amerikanischen Gasproduktion mit der Methode des Fracking gefördert. Inzwischen ist die USA der weltweit größte Gasproduzent geworden und hat sich vom Nettoimporteur zum Nettoexporteur gewandelt. Laut Prognosen der Internationalen Energieagentur werden die USA in den nächsten Jahren neben Russland, Norwegen, Qatar und Australien weltweit in die Riege der fünf größten Gas-Exporteure aufsteigen. Als Folge des Fracking-Booms sind auch die Gaspreise und Strompreise in den USA stark gefallen.
An Amerikas Golfküste werden Gas-Verflüssigungsanlagen gebaut, um die notwendige Infrastruktur für Gasexporte nach Europa bereitzustellen. Gas wird als LNG (verflüssigtes Gas) mit LNG-Tankschiffen nach Europa oder Asien exportiert. In den Ankunftshäfen wird das verflüssigte Gas in speziellen Anlagen wieder verflüssigt und in das Pipelinesystem eingespeist. Die Bestrebungen der USA durch Sanktionen die zweite Gaspipeline „Nord Stream 2“ von Russland über die Ostsee nach Deutschland zu verhindern, verfolgt vor allem den Zweck amerikanische Gasexporte nach Europa zu fördern, um im Konkurrenzkampf mit russischem Gas bessere Ausgangsbedingungen zu haben.
Die starke Zunahme der Schieferölproduktion in den USA hatte zur Folge, dass die USA viel weniger von importiertem Öl abhängig ist. Derzeit macht die Schieferölproduktion in den USA fast die Hälfte der Gesamtölproduktion aus.
Ein wesentlicher Grund für den weltweiten Erdöl-Preisverfall im Jahre 2014 war unter anderem die starke Zunahme der amerikanischen Schieferölproduktion, die zu einem weltweiten Überangebot führte. Als Folge der niedrigen Ölpreise sank die Schieferölproduktion in den USA zwar über einen Zeitraum von circa 1 3/4 Jahren, da an vielen Bohrstellen die Förderung nicht mehr kostendeckend und profitabel war. Seit sich der Ölpreis auf ein Niveau von 45 US$/Barrel bis 55 US$/Barrel eingependelt hat, steigt die Schieferölproduktion wieder an. Durch Effizienzsteigerung und Verbesserung der Technologie gelang es die Produktionskosten signifikant zu senken. Hieß es 2014 noch, Schieferölproduktion sei nur bei einem Mindestpreis von circa 80US$/Barrel profitabel, so scheint jetzt auch ein Preis von circa 45 – 50 US$/Barrel für eine gewinnbringende Förderung zu genügen.
Schieferöl wurde anfangs hauptsächlich von kleineren Ölfirmen gefördert. Infolge des Preisverfalls konnten viele von ihnen wirtschaftlich nicht mehr überleben und wurden teilweise von den großen Ölmultis übernommen.
Der Ölboom in den USA hat zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse am globalen Ölmarkt geführt. Die USA exportieren inzwischen immer mehr Öl. Die Macht der großen Erdölproduzenten (OPEC -Länder und Russland) den Ölpreis durch Mengenanpassungen zu beeinflussen, ist durch Amerikas Schieferölboom erheblich geschwächt worden. Ist der Ölpreis zu niedrig, versuchen die großen Ölproduzenten, deren Wirtschaft hauptsächlich von den Erlösen der Erdölexporte abhängig ist, den Ölpreis durch Förderkürzungen zu erhöhen. Das hat zur Folge, dass die amerikanischen Schieferölproduzenten noch mehr produzieren und somit Druck auf den Ölpreis ausüben. Ein Teufelskreis!
Fakt ist, dass die USA bei der Ölpreisgestaltung nun auch eine wichtige Rolle spielen. Zudem sind die Erdöllager der USA übervoll. Die Regierung Trump will in Zukunft diese hohen Lagerbestände nicht nur in Krisensituationen, wie das ursprünglich geplant war, auf den Markt bringen, sondern die Lagerbestände teilweise abbauen. Das ist ein weiteres Instrument der USA den Ölpreis zu beeinflussen.
Die nun mögliche Erschließung großer Schieferölvorkommen durch Fracking hat die Angst vor einer baldigen „Aus“ des Erdöls momentan in weite Ferne gerückt.
Wie sieht die Zukunft aus?
Die USA setzen weiter auf Fracking, um ihre Erdöl- und Erdgas Reserven optimal auszubeuten. Präsident Trump hat angekündigt die Förderung fossiler Energie weiter stark auszubauen und somit auch Fracking weiter zu unterstützen.
Ob die Schiefergas- und Schieferölförderung in Zukunft auch in Europa und in anderen Regionen eine größere Verbreitung finden wird, hängt vor allem davon ab, ob es gelingen wird, die Technologie so zu verbessern, dass Fracking möglichst ohne Risiken und umweltverträglich genutzt werden kann. Nicht zuletzt sind die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder eine wichtige Voraussetzung dafür, ob die Schiefergas- und Schieferölproduktion in Zukunft auch außerhalb der USA eine wichtige Rolle im Energiemix spielen wird.