Politik | Transit-Verkehr

Eine Herkules-Aufgabe

Wäre ein Abfahrverbot von der A22 in Südtirol umsetzbar? Kurzfristig jedenfalls nicht, dämpft Landesrat Daniel Alfreider die Hoffnungen. Voraussetzung dafür ist nämlich eine Gesetzesänderung in Rom; gefragt sind deshalb nun die Südtirol-Parlamentarier.
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Foto: SALTO - Othmar Seehauser
  • Warum ist in Österreich ein Abfahrverbot möglich, in Südtirol jedoch nicht? Mit diesen und anderen – nachvollziehbaren – Forderungen ist derzeit die Landesregierung, genauer gesagt Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider konfrontiert. Mit Neid blicken dabei vor allem die Wipptaler und Eisacktaler Richtung Tirol, wo dieses Instrument zu verkehrsintensiven Zeiten, beispielsweise während der Reisewellen im Sommer, zu Weihnachten, an den Osterfeiertagen oder an Wochenenden, zur Anwendung kommt. 

     

    „Was in Tirol geht, muss auch in Südtirol möglich sein.“

     

    Erstmals wurde ein Abfahrverbot im Sommer 2019 – unter der schwarz-grünen Landesregierung – erlassen. Damit wird den Durchreisenden untersagt, von der A13 und bestimmten Schnellstraßen auf das niederrangige Verkehrsnetz auszuweichen, um so Stausituationen zu umgehen. Mit dem Abfahrverbot soll verhindert werden, dass das niederrangige Straßennetz verstopft und die Sicherheit gefährdet wird, beispielsweise wenn bei Brandalarm oder Noteinsätzen auch für die Feuerwehr und die Rettung kein Durchkommen mehr ist. 

  • Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider: „Grundsätzlich sollte der Transitverkehr auf dem höherrangigen Straßennetz, also der Autobahn, durch Südtirol fahren und nicht auf dem niederrangigen Straßennetz wie den Staats- und Landesstraßen.“ Foto: Seehauserfoto

    Was in Tirol geht, muss auch in Südtirol möglich sein, lautet daher die Forderung der Anrainer-Gemeinden, die besonders unter diesem Umwegverkehr leiden. Die Antwort des zuständigen Landesrates Daniel Alfreider auf eine Landtagsanfrage der Grünen hat vor Kurzem in den Medien hohe Wellen geschlagen, denn es schien so, als würde „etwas in dieser Sache vorangehen“. Die Realität sieht allerdings etwas anders aus. „Grundsätzlich sollte der Transitverkehr auf dem höherrangigen Straßennetz, also der Autobahn, durch Südtirol fahren und nicht auf dem niederrangigen Straßennetz wie den Staats- und Landesstraßen. Die wirksamste Maßnahme zur Unterbindung von Ausweichverkehr auf das niederrangige Straßennetz sind Abfahrverbote. Diese würden verhindern, dass Fahrzeuge die Autobahn verlassen und auf die Staats- und Landesstraßen ausweichen. Allerdings hat Südtirol derzeit rechtlich keine Möglichkeit, Abfahrverbote von der Autobahn zu implementieren. Das mittelfristige Ziel bleibt, Abfahrverbote rechtlich zu ermöglichen. Hierzu bedarf es einer Gesetzesänderung des Parlamentes in Rom, um die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen“, ist in besagtem Antwortschreiben zu lesen. 

  • Matteo Salvini im Oktober 2023 zu Besuch am Brenner: Martin Alber, Bürgermeister der Gemeinde Brenner, und die anderen Vertreter der Anrainer-Gemeinden haben dem Lega-Verkehrsminister ordentlich die Meinung gegeigt. Foto: Seehauserfoto
  • Auf Nachfrage von SALTO wird Mobilitätslandesrat Alfreider konkreter und sagt, dass man dieses Thema laufend verfolge. „Wir haben es seit Jahren im Parlament in Rom und in Brüssel bei Gesprächen auf politischer wie technischer Ebene immer wieder vorgebracht“, so Alfreider, der den Ball weiterreicht: „Jetzt sind die Parlamente dran.“ Abfahrverkehr ist übrigens kein Problem, das ausschließlich Südtirol betrifft, sondern auch andere Regionen Italiens oder wie Landesrat Alfreider dies ausdrückt: „Niemand möchte auf dem niederrangigen Straßennetz Ausweichverkehr haben.“ Zu hohe Erwartungen bzw. Hoffnungen, dass sich auf absehbare Zeit etwas ändert, dürfe man sich allerdings nicht machen, denn „eine gesetzliche Änderung herbeizuführen, ist eine politische Herkules-Aufgabe, weil der Staat oder Europa wohl kaum Präzedenzfälle schaffen möchten. Momentan sehe ich deshalb wenig Chancen, aber es ist und bleibt unsere Forderung!“ 

     

    „Momentan sehe ich deshalb wenig Chancen, aber es ist und bleibt unsere Forderung!“

     

    Das Hauptargument ist dabei die besondere geografische Situation in Kombination mit dem hohen Verkehrsaufkommen, welche die Tür öffnen könnte für eine mögliche Abweichung von der Norm. Die Frage dabei ist, wie lange die Anrainergemeinden, die im Verkehr ersticken, noch dabei zusehen wollen und wann es zu den nächsten Protestaktionen kommt. Ob Rom dann einlenken wird?