Politik | IDM Rabattaktion

Voreiliger Rückzieher?

Die ALTOADIGE40-Kampagne der IDM sollte für Entlastung auf Südtirols Straßen sorgen. Doch statt nachzubessern, wurde sie aufgrund der öffentlichen Kritik eingestellt.
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Foto: Othmar Seehauser
  • Mit einem 40-Prozent-Rabatt auf Zugtickets wollte die IDM mehr Urlauber zur Anreise mit der Bahn bewegen und damit das Straßennetz in der Hochsaison zumindest kurzfristig entlasten. Ein Ansatz, der angesichts von Dauerstaus und Massentourismus durchaus Potenzial gehabt hätte. Wer eine Unterkunft buchte, sollte per E-Mail einen Rabattcode („ALTOADIGE40“) erhalten, um über „thetrainline.com“ ermäßigte Zugtickets für den Zeitraum zwischen 15. Juli und 15. September zu buchen. Doch schon kurz nach dem holprigen Start wurde die Aktion von IDM und Landesregierung eingestellt. Ein anonymer Marketingfachmann erklärt: Solche Maßnahmen erfordern Zeit und ein durchdachtes Budget – beides wurde diesem Pilotprojekt offenbar nicht eingeräumt.

  • Südtirol.info-Portal: Der Rabattcode war fettgedruckt und in Großbuchstaben auf der Südtirol-Homepage einsehbar. Foto: IDM
  • Noch vor dem offiziellen Start der Aktion hagelte es Kritik aus Politik und Medien: Der Rabattcode war nicht exklusiv an eine Unterkunftsbuchung gekoppelt, sondern für jeden zugänglich, der ihn kannte. Eine E-Mail-Bestätigung durch den Gastgeber war nicht nötig – der Code wurde offen auf dem Portal Südtirol.info sowie in dem von der IDM veröffentlichten Dokument „termini e condizioni“ kommuniziert. Darüber hinaus konnten beliebige Zugreisen durch Europa gebucht werden, sofern sie einen Zwischenhalt an einem Südtiroler Bahnhof  beinhalteten – ohne dass Reisende tatsächlich in Südtirol aussteigen mussten.

    Der schwarze Peter wurde insbesondere von IDM-Marketing-Direktor Wolfgang Töchterle den Medien und der Süd-Tiroler Freiheit zugeschoben, die den Code veröffentlicht und somit die gutgemeinte Aktion ins Schlechte Licht gerückt hätten. Die Aktion wurde am 19. Juli nach nur vier Tagen beendet.

  • Ein Code, viele Probleme

    Herzstück der Aktion war ein universell einlösbarer Promocode. Dieser wurde nicht individualisiert, sondern war auf der Südtirol.info-Homepage sowie in den Buchungsbedingungen der Aktion öffentlich einsehbar – und brachte daher auch ein beträchtliches Verbreitungs- und Missbrauchsrisiko mit sich. Der Rabatt war nicht an den Nachweis eines Aufenthalts in Südtirol gekoppelt, obwohl er diesen Zweck erfüllen hätte sollen. Genau hier liegt die zentrale Marketingfrage: Wie viel Zielgenauigkeit kann eine Kampagne opfern, wenn es schnell gehen muss? 

     

    Ein universeller Rabattcode ist immer anfällig für Missbrauch.“

     

    Ein Branchenexperte, der anonym bleiben möchte, analysiert die Aktion so: „Ein universeller Rabattcode ist immer anfällig für Missbrauch. In diesem Fall ging es offenbar darum, möglichst rasch Wirkung zu erzielen – auf Kosten einer sauberen Zielgruppensteuerung. Digitale Lösungen wie einmalige Codes oder Validierungstools wären präziser, aber eben auch aufwendiger.“ Laut dem Experten sind maßgeschneiderte Kampagnen mit Tracking, Erfolgsmessung und Targeting längst Branchenstandard – sofern Zeit, Budget und Projektstruktur dies zulassen. Es sei verständlich, dass bei kurzfristigen politischen oder touristischen Maßnahmen häufig auf Low-Cost-Mechanismen zurückgegriffen wird.

  • Gut gedacht, schlecht gemacht

    Der IDM sprach man die guten Absichten nicht ab – sie wollte mit der Aktion nach eigenen Angaben schließlich zur Verkehrsentlastung beitragen. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, weshalb die Aktion so überstürzt abgebrochen wurde – anstatt, wie bei einem Testlauf zu erwarten wäre, erkannte Schwächen nachzubessern. Laut IDM war bekannt, dass auch Einheimische oder Gäste ohne Unterkunftsbuchung den Rabattcode nutzen konnten – dies sei „mitbedacht und nicht verhindert“ worden. Gegen elegantere Lösungen sprachen „im Fall der IDM aber wohl die höheren Kosten und längeren Einrichtungsfristen, die bei Ausschreibungen von größeren Projekten natürlich eine Rolle spielen“, so der anonyme Experte. 

    Umso erstaunlicher erscheint es, dass bereits erste mediale Kritik genügte, um die Aktion einzustellen, statt sie schrittweise zu verbessern. Zurück bleibt der Eindruck eines unausgereiften Marketingversuchs, der dem eigenen Anspruch nicht gerecht wurde.

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Andreas Inama Do., 24.07.2025 - 12:26

Vorab: Ich kenne die Dimension der finanziellen Einbußen nicht, daher entschuldige ich mich im Voraus, wenn meiner Argumentation der Weitblick fehlt.

Aber grundsätzlich verstehe ich die Kritik nicht. Wenn wir Südtirol nicht nur als Destination, sondern auch als Transitregion verstehen (was es ja auch ist und auch der Transitverkehr überlastet unser System), dann macht dieser Rabatt auch dann Sinn, wenn ihn jemand nutzt, der keine Unterkunft in Südtirol hat, aber durch muss.

So würde sich vielleicht auch eine Person, die an den Gardasee oder nach Jesolo fährt, überlegen, ob der Zug dann nicht die bessere Option gegenüber dem Auto wäre. Also wenn der Hauptgrund für die Aktion die Verkehrsentlastung gewesen ist, finde ich es schade, dass man da jetzt einen Rückzieher machen musste.

Do., 24.07.2025 - 12:26 Permalink
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Christoph Moar Do., 24.07.2025 - 13:40

Antwort auf von Andreas Inama

Wenn der Rabatt "für alle Sinn macht", dann muss er auch an allen kommuniziert werden. Ich war in der fraglichen Zeit tatsächlich ein paar Tage im Urlaub, und selbstverständlich mit dem Zug ab Bozen und wieder zurück. Um die 120 eur für Zugtickets ausgegeben, wenn ich - und alle Südtiroler*Innen - von der IDM informiert worden wären, hätte ich mir mit den 48 eur Rabatt ein schönes Abendessen auf (auch meine) Steuerzahlerkosten genehmigen können.

Ganz ehrlich: nein. Ein Rabattcode, der an keine Bedingungen geknüpft ist, öffentlich zugänglich und verbreitbar ist, unendlich oft einlösbar ist und nicht durch einen direkt notwendigen und messbaren Umsatz (einen Warenkorb, eine Buchung) finanziert ist, ist im ecommerce Umfeld ökonomisches Harakiri.

Do., 24.07.2025 - 13:40 Permalink
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Snàporaz95 Do., 24.07.2025 - 13:17

"Gut gedacht, schlecht gemacht."
E invece no, il problema non sta nella realizzazione, ma già a monte: ennesima trovata estemporanea per fare un favore ai turisti (e chi da loro guadagna) a spese dei contribuenti. Anzi, c'è pure la beffa: soldi di chi le tasse le paga usati con la "scusa" di risolvere un problema (la strade trafficate) che i suddetti neppure hanno creato.

Do., 24.07.2025 - 13:17 Permalink
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Salto User
Josef Fulterer Do., 24.07.2025 - 14:24

Wer hat die Wunder-schönen Töchterle-Rabatte finanziert?
Das wäre doch für PINZGER & CO. die Gelegenheit gewesen, der Südtiroler Bevölkerung einen kleinen Teil der Belastungen die der Fremden-Verkehr verursacht zu entgelten!

Do., 24.07.2025 - 14:24 Permalink
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Stefan S Do., 24.07.2025 - 20:09

"Zurück bleibt der Eindruck eines unausgereiften Marketingversuchs, der dem eigenen Anspruch nicht gerecht wurde."
Bei soviel Dilettantismus könnte man auch auf die Idee kommen, dass hier eine gewisse Absicht zu Grunde liegt.

Do., 24.07.2025 - 20:09 Permalink