FC Südtirol verliert gegen Aufsteiger
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Der Ball rollt wieder in der Serie B. Und der FC Südtirol grüßt nach zwei Spieltagen von der Tabellenspitze. 6 Punkte aus 2 Spielen - perfekte Ausbeute. Und das auch noch durchaus "verdient": Gegen Modena kam Südtirol zwar nur auf einen xG-Wert von 0.8, gegen Salernitana hingegen dann auf einen xG-Wert von 3 (absurd!). Und der heutige Gegner? Carrarese ist als Aufsteiger noch ohne Punktgewinn, hatte aber auch ein bisschen "Pech" beim Torabschluss (laut xG-Werten). Südtirol sollte also gewarnt sein. Die Voraussetzungen waren in der Tat ein bisschen suspekt: Niemand mag diese englischen Wochen, dazu noch ein Auswärtsspiel.
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Expected Goals (xG) misst die Wahrscheinlichkeit, dass ein Abschluss zum Torerfolg führt. xG-Werte sind sowohl für einzelne Abschlüsse messbar, als auch für die gesamte Mannschaft summierbar. Ein Elfmeter hat z. B. einen xG-Wert von 0.75 oder eine Wahrscheinlichkeit von ca. 75 %, dass ein Tor fällt.
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Die Grundsausrichtung Südtirols
Südtirol presste im 5-3-2, das tiefer in der eigenen Häflte zum 5-4-1 wurde. Valentes Mannschaft verzichtete weitestgehend auf hohes, aggressives Pressing und schien vielmehr darauf bedacht, sich nicht aus der kompakten Ordnung in der eigenen Hälfte rauslocken zu lassen. Nur war diese Defensivstruktur heute alles Andere als kompakt. Denn Rover (linker Flügelläufer) und Molina (rechtes Pendant) positionierten sich in defensiv tiefer und nur selten auf einer Höhe mit dem zentralen Mittelfeld. Dadurch mussten Tait und Mallamo weite Wege gehen, um die Außenspieler Carrareses zu stellen. Folge: Die Defensivformation Südtirols wurde auseinandergezogen, die angestrebte Kompaktheit war futsch.
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Südtirol bekam durch diese Ausrichtung nie wirklich Druck auf den Gegner und den Ball. Kurtic und Tait auf der Doppel-6 zu bringen, wirkte sich zudem negativ auf die defensive Balance der Südtiroler aus. Immer wieder fanden die Gastgeber den freien Mitspieler zwischen den Linien und im Rücken der Südtiroler Doppel-6. Das Südtiroler Paar im defensiven Mittelfeld wirkte nicht eingespielt, nicht abgestimmt.
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Die Pressingidee von Valente war ohnehin nicht ganz klar. Tiefes, leitendes Mittelfeldpressing? Aber wohin leiten? Und wo "zupacken", also: in die Balleroberung gehen? Die Konfusion wurde dann nochmal größer, wenn der FCS plötzlich (2-3 Mal) aggressiv ins Gegenpressing überging. Das war dann nämlich nur aggressiv (2 Fouls), Carrarese konnte sich zudem (dank mangelnder Abstimmung beim FCS) relativ einfach daraus befreien.
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Das Spiel mit dem Ball
Mit Ball tat sich der FC Südtirol ebenfalls schwer. Gewiss, das Spielfeld schien nicht im besten Zustand zu sein und auch die Gastgeber hatten ihre Probleme mit dem Passspiel im Spielaufbau. Aber das zum Saisonauftakt so gelobte Ballbesitzspiel der Südtiroler kam zu keinem Zeitpunkt in Schwung. Viele kleine Stopp- und Abspielfehler zu Beginn der Partie verunsicherten die Mannschaft von Federico Valente zusätzlich.
Größtes Manko war ohenhin...die Idee. Es gelang Südtirol zwar nach etwa 10-15 Minuten einmal, das Spiel ein bisschen zu beruhigen, den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Aber am Ende dieser längeren Ballbesitzphasen wurde stets der lange Ball gespielt - und dieser wurde noch nicht einmal vorbereitet.
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Im Gegenteil: Kurtic kippte oft (zu oft) zwischen die Innenverteidiger und erhöhte die Überzahl gegen den einzigen gegnerischen Angreifer noch einmal. Er fehlte dann aber im Übergangsbereich zwischen Abwehr und Angriff - die Mannschaft war zweigeteilt. Wie im Bild oben zu sehen, waren die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen viel zu groß. Südtirol fand nie zu seiner Spielidee (sofern es eine gab), Valente hatte sich mit dieser Aufstellung auch ein bisschen verzockt. Kapitän Fabian Tait sollte - ja: muss - weiter vorne auf der Halbposition spielen, damit er mit seinen Tiefenläufen Unruhe in die gegnerische Abwehr bringen kann. Geradezu bezeichnend, dass gerade dann ansatzweise gefährlich für die Gastgeber wurde, als Tait zwei Mal doch zu diesen Vertikalläufen ansetzte.
Südtirol wechselte zur Pause doppelt, Valente brachte Arrigoni (für Tait) und Casiraghi (für Crespi), die Wechsel änderten aber erstmal nicht viel. Carrarese gelang nämlich nach 10 Minuten in der zweiten Halbzeit das 2:0, Südtirol brachte noch mehr Offensivkraft (Odogwu) und frische Kräfte - die Wechsel änderten aber erstmal nicht viel. Denn das große Manko blieb: die Idee.
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Zwischenfazit nach 3 Spielen
Südtirol wurde seiner Favoritenrolle heute nicht gerecht. Stattdessen blieben die hohen Erwartungen von Ballbesitzspiel und "progressivem Ansatz" unerfüllt. Valente hat sich gewiss auch etwas verzockt mit der Rotation von gleich 6 Spielern. Dennoch: Der Start in die neue Saison mit 6 Punkten aus 3 Spielen ist geglückt. Das Trainerteam wird seine Lehren aus dieser Niederlage heute ziehen. Eine wichtige Lehre des heutigen Spieltages: Die Serie B ist wieder einmal eine Wundertüte - jeder kann jeden schlagen.
Ich freue mich sehr, dass F…
Ich freue mich sehr, dass F. Hofer wiederum mit seiner detaillierten Analyse das Spiel des FC Südtirol beschreibt.
Freut mich auch und so wie…
Freut mich auch und so wie bisher immer eine sachliche gute Analyse.
Mit der Aussage von Trainer Valente in den Medien,"hinterher ist man immer schlauer"bin ich nicht einverstanden,denn eine alte Fussball-Weisheit lautet,eine Siegreiche Mannschaft
krempelt man nicht radikal um. 6 Spieler am Anfang auszutauschen das versteht auch jeder Fussball-Laie nicht. Müdigkeit einiger Spieler nach 2 Spielen lasse ich nicht gelten.Übrigens,Carrarese hat die ersten beiden Spiele verloren und hat gegen den FCS nur 2 Spieler am Anfang ausgetauscht. Natürlich werden Auswärtsspiele anders konzipiert wie Heimspiele.
Jetzt am Samstag gegen Brescia,muss Valente wieder viel umkrempeln,hoffen wir ,daß es Gut geht.