Umwelt | Landtag

Kompatschers Rachezug

Der Landeshauptmann will die Genehmigung von Bauprojekten erleichtern und den Spielraum für kritische Beamte und Umweltverbände einschränken. Denn wo keine Einwände eingehen, gibt es auch keine schlechte Presse.
2024.03.12 Arno Kompatscher beim Besuch von Giorgia Meloni
Foto: Andy Odierno/SALTO
  • Die Landesregierung will mit dem Begleitgesetz zum Haushalt 2025 eine grundlegende Bestimmung im Umweltschutz ändern. Die Grünen Landtagsabgeordneten Madeleine Rohrer, Brigitte Foppa und Zeno Oberkofler forderten bereits die Streichung des Artikels, die Umwelt- und Bergsportverbände protestierten heftig. „Jetzt hat der Landeshauptmann einen Änderungsantrag vorgelegt – und macht damit alles nur noch schlimmer“, erklären die Grünen in einer Mitteilung an die Medien. 

    Landeshauptmann Arno Kompatscher drängt mit seinem Vorstoß darauf, dass bei der Genehmigung von Projekten zukünftig nur mehr die Mehrheit der Umweltgesetze eingehalten werden muss. So müsse sich die Landesregierung nicht mehr in der Öffentlichkeit mit unliebsamen negativen Gutachten herumschlagen, wie jüngst bei den Olympischen Straßenprojekten oder bei der Erschließung der Lahner Alm in Prettau. Denn bisher mussten alle Gutachten der Dienststellenkonferenz positiv sein. 

    Zum Beispiel: Ein Vorhaben ohne Folgen für Gewässer, Fische und Natur, das aber die Landschaft verschandelt, kann nicht genehmigt werden. Das sei dieser Landesregierung offensichtlich ein Dorn im Auge. Kompatscher hat für die Debatte diese Woche im Landtag nun einen neuen Vorschlag vorgelegt. Findet dieser eine Mehrheit unter den Abgeordneten, dürfte kaum mehr ein Projekt abgelehnt und „der Landschaftsschutz zu Grabe getragen“ werden. 

  • Das geplante Bahnüberführung in Innichen: Im Rahmen von Olympia 2026 werden mehrere Straßen ausgebaut. Foto: Mobilitätsressort
  • Zu den Neuerungen zählt, dass eine Gemeinde selbst oder ein Landesamt die Dienststellenkonferenz künftig einberuft. Bisher war es die Umweltagentur, die die Abwicklung der Bewertung von jährlich rund 300 Projekte koordinierte. Da die Tagesordnung der Dienststellenkonferenz bisher schon nicht veröffentlicht wurden, könnte die neue Regelung noch mehr Intransparenz schaffen.

    Neu ist auch, dass der Projektträger an der Sitzung teilnimmt, die Ämter des Landes aber nur mehr über ihre jeweiligen Ressortdirektoren vertreten sind. „Das kommt einer Schwächung der Bereiche Landschaftsschutz, Natur, Luft und Lärm, Gewässer und so weiter gleich“, erklärt Rohrer. Denn für jeden dieser Bereiche gab es bisher einen Zuständigen. Das Gewicht der umweltrelevanten Bereiche werde damit „extrem beschnitten“

    Mit der Entscheidung der Dienststellenkonferenz ist das Verfahren dann abgeschlossen. Einen Rekurs bei der Landesregierung kann nur mehr der Projekteinbringer machen. Die Umwelt- und Bergsportvereine bleiben womöglich außen vor. Wenn sie mit einer Entscheidung der Dienststellenkonferenz nicht einverstanden sind, könnten sie gezwungen sein, einen erheblichen Betrag an Geld in die Hand zu nehmen und vors Verwaltungsgericht zu ziehen. 

    „Landeshauptmann Kompatscher hat mit diesem Vorstoß jegliche Glaubwürdigkeit bei der Umsetzung von Südtirols Nachhaltigkeitsstrategie verloren. Wir fordern die ersatzlose Streichung dieses unnöten und schädlichen Artikels“, so Rohrer, Oberkofler und Erstunterzeichnerin des Streichungsantrags Foppa.

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Johannes Engl Mi., 11.12.2024 - 14:04

Antwort auf von Aloisius von Gonzaga

Sie haben recht. Ich sehe die Grünen nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen, die nur auf den kurzfristigen (politischen) Gewinn achten. Sie haben den Defekt, auch an morgen und übermorgen, an das Wohl aller Lebewesen, an die Zukunft unserer Kinder zu denken, welche die meisten Regierungen gerade mit Bravour verspielen.

Mi., 11.12.2024 - 14:04 Permalink
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Lia Laimer Do., 12.12.2024 - 09:06

Antwort auf von Aloisius von Gonzaga

Das sich in Südtirol immer mit Deutschland verglichen wird, tut mir weh. Deutschland hat fast zwei Jahrzehnte lange jegliche Investitionen verpasst und sehr viel Geld ins Ausland gegeben. Die Infrastruktur ist sehr schlecht, die Bahn komplett heruntergewirtschaftet, es gibt nicht einmal eine ordentliches Internet bzw. Netzabdeckung, es wurden kaum sinnvolle Investitionen getätigt, mit dem Land geht es ganz klar abwärts. Sicherlich hat die aktuelle Regierung nicht alles richtig gemacht, aber wenn man wirtschaftliche und politische Zusammenhänge versteht, merkt man schnell, dass das Problem vor allem die Jahre davor waren. Die Zusammenhänge sind nicht so kurzfristig. Damit wird jetzt Populismus betrieben, auf den leider viele reinfallen. Das dieses Land am Ende ist, wird erst jetzt immer mehr deutlich.
Daher finde ich sollte man die Politik bei uns auch nicht immer mit Deutschland vergleichen, das gilt auch für Grünen. Südtirol ist nunmal nicht Deutschland!

Do., 12.12.2024 - 09:06 Permalink
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Stefan S Fr., 13.12.2024 - 13:28

Antwort auf von Lia Laimer

Richtig, wobei es doch so manche Parallele gibt. Bspw. die Vernachlässigung des öffentlichen Nahverkehrs, insbesondere der Schiene oder das verschleudern von Steuermitteln/Subventionen.
Aber so schlimm ist es nicht in Gschörmänie, nach wie vor Jammern auf höchsten Niveau. Es ist aber vielen bewusst dass alte Zöpfe abgeschnitten werden müssen und die betroffenen Lobbies wehren sich über Blödzeitung und Co.

Fr., 13.12.2024 - 13:28 Permalink
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Johannes Engl Mi., 11.12.2024 - 13:58

Dann stellt sich die Frage, wozu man sich als Land Südtirol diese Beamten und Dienststellen hält, wenn die eh alle nix verstehen bzw. deren Sachkompetenz kein Gewicht hat.
Armes Land, wenn alles nur mehr allein von Politikern und ev. den Lobbies dahinter entschieden wird. Dann haben wir bald USA-Verhältnisse, wo eine Regierung genau das Gegenteil macht als die voherige. Das hat dann nichts mehr mit Sachkenntnis, sondern vor allem mit Ideologie zu tun.
Das tut einem Land nicht gut.
Einem Gutachten kann man ein Gegengutachten entgegenstellen, um zu ausgewogenen Entscheidungen zu kommen. Gutachten mit einem Handstreich vom Tisch zu fegen ist Willkür pur.

Mi., 11.12.2024 - 13:58 Permalink
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Franz Pattis Mi., 11.12.2024 - 15:25

Dieser neue Artikel ist der Skandal schlechthin, weil damit die Dienststellenkonferenz stark geschwächt wird. Kann mich noch gut erinnern wie diese unlängst den Glaspalast anstelle der jetzigen Kölnerhütte unterm Rosengarten klar abgelehnt hatte und somit dieses Monster-Projekt versenkt hat. Gottseidank übrigens!!
Leider wird es mit diesem neuen Artikel so eine Entscheidung kaum mehr geben!
Apropo: es gibt in der Landesverwaltung bereits einen Präzedenzfall, wo ein ähnlicher „Vorfall“ bereits Geschichte ist.
Die Kommission für Raum und Landschaft wurde auf Initiative von Landesrat Peter Brunner im heurigen Frühjahr zur Hälfte mit „leicht zu beeinflussbaren Freiberuflern“ besetzt, was logischerweise einer Stärkung der Baulobby gleichkommt, siehe:
https://parchi-naturali.provincia.bz.it/de/news/kommission-fur-raum-und…
Schlussfrage: soll der Umweltschutz in Südtirol in Zukunft komplett abgeschafft werden?!

Mi., 11.12.2024 - 15:25 Permalink
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Wolfgang Moser Mi., 11.12.2024 - 18:54

Unser demokratisches System sollte auf dem Zusammenspiel definierter Strukturen und auf Gewaltenteilung beruhen. So ist es gedacht.
Die Legislative, das Parlament, der Landtag, passt die Regeln an, an die wir uns alle, ohne Unterschied, halten müssen.
Die Exekutive, Regierung und Beamtenapparat, setzt die Regeln um und kontrolliert deren Einhaltung.
Für Konfliktsituationen haben wir dann den Justizapparat.
Für guten und möglichst objektiven Informationsaustausch unter uns allen haben wir die Presse.
Wir Bürger haben uns zudem in komplex vernetzten Interessensgruppen verbunden.
Die Praxis ist in meinen Augen aber eine andere und sie weist mit der daraus folgenden Korrosion der Demokratie in eine schlimme Zukunft.
Im Parlament/Landtag sitzen fast nur noch Interessenvertreter mit teils diskutablem Weitblick, dort platziert und gelenkt von den diversen finanzstarken Interessensgruppen. Statt unser Regelsystem zum Wohle aller anzupassen, versuchen sie ihren Lenkern Vorteile und deren Gegenspielern Nachteile zu verschaffen. Das Niveau ist mittlerweile so tief, dass letzthin ein Ahrntaler Landtagskandidat, der allerdings dann doch nicht über seinen Bürgermeistersitz hinauskam, ernsthaft dafür plädiert hat, die Mandate im Nebenberuf, als Halbzeitjob, auszuüben.
Die Exekutive bestand einmal aus den Politikern, gewählt von den Abgeordneten zum Landtag, und einem mit klaren Regeln ausgestatteten Beamtenapparat. Diese beiden Teile spielten zusammen, die Beamten setzten die Regeln um und die politische Führungsschicht vermittelte zwischen Parlament und den Umsetzern, erhielt und gab Anregungen von und nach beiden Seiten. Da der politische Teil der Exekutive aber vom Parlament gewählt wird, sitzt nunmehr auch dort derselbe Menschentyp, mit demselben Niveau, gelenkt von den selben Lenkern, den Lenkern, welche die Presse und die Wahlwerbung der Parlamentskandidaten finanzieren und die, direkt und indirekt, auch die undurchsichtige Schicht der Rechtsanwälte finanzieren. Letztere, allzu viele Mandatare sind solche, haben zudem alles wie ein Krebsgeschwür infiltriert. Sie leben davon, dass Regeln unklar sind und sie schaffen aus den unklaren Regeln, jenen die sie lenken und füttern, Vorteile.
Das was jetzt passiert, ist ganz einfach die Folger dieser Entwicklung. Um zu vereinfachen und zu sparen -und auch uns wird das als Vereinfachung und Ersparnis in unserem Sinne aufgebunden- soll gar nicht mehr an den Regeln herum getrickst, sondern die Regeln werden ganz einfach, mitsamt dem Beamtenapparat, den wir uns im Sinne der Gerechtigkeit geschaffen haben, ausgeschaltet.
Dieser Beamtenapparat wird schon seit geraumer Zeit missachtet, mit der Bürokratie, die aus unklaren, widersprüchlichen und schlechten Regeln kommt, überhäuft und gleichzeitig ausgeblutet; er soll sich nur noch mechanisch um die Disziplinierung der Massenmenschen kümmern und denen die sich von uns ihre Marionetten in die Regierung wählen lassen, nicht lange auf die Nerven gehen.
Liege ich falsch?

Mi., 11.12.2024 - 18:54 Permalink
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nobody Mi., 11.12.2024 - 20:54

Chapeau Herr Moser. Besser und kürzer kann man die schleichende Aushöhlung der Demokratie nicht beschreiben. Die Nutzmenschen werden von Parteien und Medien influenzt und sollen den Schmarrn fressen, der serviert wird - damit die Reichen noch reicher werden (Neoliberalismus nennt sich der Neokapitalismus beschönigend). Spätestens wenn wir wieder Kuchen statt Brot essen sollen werden wieder Guillotinen aufgebaut werden.

Mi., 11.12.2024 - 20:54 Permalink
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Salto User
Lia Laimer Do., 12.12.2024 - 09:24

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt....Ein trauriger Tag für die Demokratie. Es geht schon lange nicht mehr um das Wohl von uns Bürger*innen, sondern um die Interessen einzelner. Bravo, Herr Kompatscher! Das ist eine super Sache, damit unser Südtirol noch mehr verbaut wird, nur weil gewisse Menschen ihren Hals nicht vollkriegen. Geld kann man nicht essen! Irgendwann werden wir diesen Punkt wohl erreichen müssen, damit es von allen verstanden wird. Ich frage mich wirklich, wer vertritt überhaupt noch uns Bürgerinnen und Bürger?

Do., 12.12.2024 - 09:24 Permalink
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Josef Fulterer Fr., 13.12.2024 - 09:01

KOMPATSCHERs Rachezug gegen die Fach-Komissionen in der Landes-Regierung, wird sich als schwerer Fehler erweisen + der Natur schwere nicht wieder reparier-bare Schäden verursachen!

Fr., 13.12.2024 - 09:01 Permalink
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Fritz Gurgiser Sa., 14.12.2024 - 09:11

Auf den Punkt gebracht: Damit sollen REAL die Existenzgrundlagen der eigenen privaten und betrieblichen Gesellschaft "nachhaltig und dauerhaft geschädigt werden" - denn eines gilt für uns im Norden wie im Süden Tirols:
"Begrenzter alpiner Lebens-, Regionalwirtschafts-, Natur-, Kultur- und Erholungsraum verträgt kein unbegrenztes Wachstum" - es sind auf Grund der natürlichen Enge Tirols besondere Maßnahmen notwendig und gerechtfertigt, die das auch für die nächsten Generationen absichern, was durch Jahrzehnte bis Jahrhunderte aufgebaut wurde.
Fritz Gurgiser, Transitforum Austria-Tirol

Sa., 14.12.2024 - 09:11 Permalink
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Stefan S So., 22.12.2024 - 11:32

Antwort auf von Fritz Gurgiser

Bei allem Verständnis für diese Sichtweise ist die Realität eine völlig andere. Weil egal wo man in Tirol hinschaut wird die Flächenversiegelung und das weitere Wachstum in den alpinen Raum weiter voran getrieben. Wünschenswert wäre ein mittel- bis langfristig moderates Wachstum. Wenn ich mir aber die Regionen rund um den Wilden Kaiser, Zillertal, Ötztal, Paznauntal usw. anschaue ist genau das Gegenteil passiert und ich kann da kein signifikante Gegensteuern feststellen. Und wenn man die wirtschaftliche Großwetterlage betrachtet haben gefühlt alle Angst in Europa wirtschaftlich abgehängt zu werden. Bedeutet letztendlich, es wird noch schneller gehen als die letzten 20-30 Jahre.

So., 22.12.2024 - 11:32 Permalink
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Josef Fulterer So., 22.12.2024 - 07:03

Unbegrenztes Wachstum, endet in einer immer enger werdenden verwinkelten Sack-Gasse ..., die zum Schuss wegen der KLIMA-KRISE überflutet wird ...
Die Kron-Prinz:Zessinen, die es in der SVP geschafft haben nach ganz vorne zu drängen/dringen, sind entweder "auf der Durnwalder-Linie" oder sie dürfen sich gleich wie der Kompatscher, nur ... ... armselig zappelnd ..., "die Fach-Kompetenz der Landes-eigenen Mitarbeiter abwürgen!"
Der "damals junge" Achammer hat mit seiner Klungelei mit dem Widmann bis in die 2020er Jahre, "das Durnwalder-System weiter geschrieben ...," aus dem er sich mit seinem Rücktritt, inzwischen... ...

So., 22.12.2024 - 07:03 Permalink