Gesellschaft | Radikalisierung

„Sehe nichts Radikales“

In Pfitsch soll eine neue Schützenkompanie entstehen. Der designierte Kommandant ist Teil einer Gruppe, gegen die die Polizei wegen Rechtsextremismus ermittelt.
Auftaktveranstaltung Schützenkompanie Pfitsch
Foto: Südtiroler Schützenbund
  • Nachdem SALTO vorgestern über die geplante Neugründung einer Schützenkompanie in der Gemeinde Pfitsch, den designierten Kommandanten und dessen mutmaßlich rechtsextremistische Aktivitäten berichtet hatte, kommen nun Anwesende der Veranstaltung in Pfitsch zu Wort.
    Als Initiator der neuen Kompanie gilt Lukas Kasslatter. Dieser ist Teil der sogenannten „Revolte Wipptal“, gegen die die Digos aufgrund von Rechtsextremismus ermittelt. Bei der Veranstaltung in St. Jakob in Pfitsch waren auch der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit und Schütze Hannes Rabensteiner, der ehemalige Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen und Ex-Landeskommandat der Schützen Pius Leitner sowie der Bürgermeister der Gemeinde Pfitsch Stefan Gufler und weitere Vertreter des Schützenbundes anwesend. 

  • Lukas Kasslatter: Der Pfitscher will eine neue Schützenkompanie ins Leben rufen. Foto: Südtiroler Schützenbund
  • „Für uns gilt daher die Unschuldsvermutung„

    Roland Seppi, Landeskommandant der Schützen, der allerdings nicht selbst anwesend war, erklärt auf Nachfrage von SALTO, dass bei der Informations-Veranstaltung, die auf Einladung interessierter Frauen und Männer in Pfitsch kürzlich stattgefunden hatte, die Grundwerte, Aufgaben und die historische Bedeutung des Schützenwesens vorgestellt worden sind. 

  • Roland Seppi, Landeskommandant der Schützen: „Sollte es Hinweise auf eine nicht mit unseren Werten vereinbare Gesinnung geben, wird dem selbstverständlich nachgegangen.“ Foto: Südtiroler Schützenbund

    „Viele der Anwesenden sind bereits ehrenamtlich im kulturellen Bereich oder im Zivilschutz engagiert. Die kürzlich organisierte Filmvorführung war ein erster öffentlicher Schritt in diese Richtung“, so Seppi. Bezüglich der Person Lukas Kasslatter werde es in Kürze ein klärendes Gespräch geben, teilt der Landeskommandant der Schützen mit und erklärt, dass den Schützen nicht bekannt sei, dass angeblich gegen Kasslatter ermittelt wird. „Für uns gilt daher die Unschuldsvermutung. Grundsätzlich gilt für uns: Jegliche Form extremistischer Gesinnung – gleich welcher politischen Richtung – ist mit den Grundwerten des Tiroler Schützenwesens nicht vereinbar. Die Achtung vor demokratischen Prinzipien, Rechtsstaatlichkeit und der Einsatz für das kulturelle Erbe stehen im Zentrum unseres Selbstverständnisses.“ Was die Auswahl und Eignung betrifft, so erklärt Seppi, dass eine neue Schützenkompanie in der Regel aus dem gemeinsamen Interesse engagierter Bürger am Schützenwesen und an Heimatliebe entstehe. Dabei sei es üblich, dass in der Aufbauphase Gespräche mit dem zuständigen Major sowie mit erfahrenen Funktionären stattfänden. In nachfolgenden Gesprächen werde auch die persönliche Eignung der neuen Mitglieder thematisiert. 

     

    „Die Achtung vor demokratischen Prinzipien, Rechtsstaatlichkeit und der Einsatz für das kulturelle Erbe stehen im Zentrum unseres Selbstverständnisses.“

     

    „Sollte es Hinweise auf eine nicht mit unseren Werten vereinbare Gesinnung geben, wird dem selbstverständlich nachgegangen“, betont der Landeskommandant der Schützen und weiter: „Nach einer Reihe von vorbereitenden Gesprächen, in denen die Grundhaltung aller Beteiligten im Einklang mit den vorgegebenen Werten des Schützenwesens sichergestellt wird, findet die Gründungsversammlung statt. In deren Rahmen unterzeichnet jedes Mitglied den Ehrenkodex des Südtiroler Schützenbundes, der klare Prinzipien zu Haltung, Verhalten und Gesinnung vorgibt.“

  • „Sympathische, bodenständige Burschen“

    Hannes Rabensteiner von der Süd-Tiroler Freiheit gibt an, die jungen Männer, die in Pfitsch die Schützenkompanie gründen wollen, zu kennen, da er sie bei diesem Vorhaben unterstützt und ihnen bei der Kontaktvermittlung zum Schützenbund geholfen habe. Deshalb könne er sich hinter sie und Lukas Kasslatter stellen und sagen, dass sie nichts mit Rechtsradikalität zu tun hätten. „Es handelt sich hier um sympathische, bodenständige Burschen, die einfach die Schützenkultur und -tradition in ihrem Heimatdorf leben möchten“, beteuert Rabensteiner. Er frage sich, gegen wen die Digos heutzutage nicht ermittelt. Die Staatspolizei müsse wahrscheinlich ein Problem mit patriotischen Kräften haben, die für Heimatverbundenheit und ihre Wurzeln stehen. Was das Symbol in dem Instagram-Video betrifft, könne er nur sagen, dass der Beitrag zwei Jahre alt sei. Das Eiserne Kreuz sei mittlerweile ein beliebtes Symbol geworden, auch viele Harley-Davidson-Fahrer würden es auf ihren Westen tragen. „Nicht jeder, der es irgendwo benutzt, ist gleich rechtsradikal“, so seine Einschätzung. Er finde es schade, dass jungen Leuten durch soziale Netzwerke heute jeder kleine Fehler vorgeworfen werde. Jeder sei einmal jung gewesen und nicht jeder wisse auf Anhieb, welche Symbolik verpönt sei. Solange man nicht in der Öffentlichkeit stehe, sei viel mehr erlaubt, kaum aber stehe man im Rampenlicht, werde man von Kopf bis Fuß unter die Lupe genommen. Ebenfalls schade finde er, dass heute kein Unterschied mehr zwischen rechts und rechtsradikal gemacht werde. Wie gesagt, sehe er bei den Betroffenen aber nichts Radikales.

  • Hannnes Rabensteiner: Der Landtagspolitiker ist selbst Schütze. Foto: Privat
  • „Aufpassen, dass es nicht in die falsche Richtung geht“

    Pius Leitner, ehemaliger Freiheitlichen-Politiker erklärt, nur zufällig vor Ort gewesen zu sein, um den Film über Luis Amplatz zu sehen. Vorher habe er dazu keine Gelegenheiten gehabt. Er kenne Lukas Kasslatter nicht – habe ihn zuvor nie gesehen oder mit ihm gesprochen. Somit könne er auch nicht über ihn urteilen und möchte dies auch nicht. Die Veranstaltung selbst sei lupenrein gewesen. „Ich finde es gut, wenn junge Südtiroler ihre patriotischen Gefühle zeigen dürfen, es darf jedoch nicht darüber hinausgehen – das haben die Schützen auch nie gewollt.“ In Vergangenheit habe es immer wieder Vorfälle gegeben, bei denen einzelne Personen in Fahrwasser geraten sind, die nicht den Zielen des Schützenwesens entsprächen. Man müsse aufpassen, dass die Neugründung der Schützenkompanie nicht von Anfang an in die falsche Richtung gehe. Selbstverständlich würde er eine neue Kompanie begrüßen, der Schützenbund müsse das Ganze aber beobachten und beurteilen. „Ich rate den betroffenen Personen, sich das Statut des Schützenbundes genau anzusehen und zu evaluieren, ob sie in dieses Format passen.“

  • Pius Leitner: Er kennt das Schützenwesen gut. Foto: SALTO/Andy Odierno
  • „Kenne den Sachverhalt nicht“

    „Wir sind grundsätzlich froh, wenn sich in unserem Dorf Vereinstätigkeit entwickelt“, so Bürgermeister Stefan Gufler. Speziell zur Person Lukas Kasslatter könne er nichts sagen, da er den Sachverhalt nicht kenne.

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Pafeiler Matthias Mi., 30.04.2025 - 23:40

Antwort auf von Peter Gasser

Ich kann den Artikel leider nicht lesen, weshalb ich auf ihre Frage nicht antworte.
Über die Semantik der genannten Begriffe wissen Sie sicherlich bescheid. Die deutsche Sprache bietet uns in dieser Hinsicht eine Genauigkeit, derer wir uns bedienen sollten. Das Thema ist zu wichtig, als dass man es verallgemeinernd behandeln sollte.

Mi., 30.04.2025 - 23:40 Permalink
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ergo Mi., 30.04.2025 - 22:07

Solange wir kommunistische Gruppierungen nicht mit derselben Entschlossenheit bekämpfen und sogar kommunistische Parteien bei Wahlen antreten lassen, sollten wir uns auch nicht über rechtsradikale Gruppierungen beschweren.

Mi., 30.04.2025 - 22:07 Permalink
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ergo Do., 01.05.2025 - 00:20

Antwort auf von Ceterum Censeo

Bitte führen Sie das näher aus. Soweit ich weiß, verbietet die italienische Verfassung Rechtsextremismus nicht generell, sondern untersagt lediglich in der XII. Schlussbestimmung die Neugründung der aufgelösten faschistischen Partei. Ich bezweifle stark, dass in Pfitsch versucht wird, die faschistische Partei wieder ins Leben zu rufen.

Selbst wenn Rechtsextremismus verfassungswidrig ist, müsste man, um konsequent zu sein., auch den Kommunismus verbieten, da dieser weitaus mehr Tote und Leid verursacht hat als der Rechtsextremismus.

Do., 01.05.2025 - 00:20 Permalink
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Manfred Gasser Do., 01.05.2025 - 10:16

Antwort auf von ergo

"...... auch den Kommunismus verbieten, da dieser weitaus mehr Tote und Leid verursacht hat als der Rechtsextremismus."
Ach, Sie denken es ist Zeit, dass der "Rechtsextremismus" endlich die Möglichkeit bekommt diese Lücke zu schliessen, in dem man die Verfassungswidrigkeit aufhebt?

Do., 01.05.2025 - 10:16 Permalink
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ergo Do., 01.05.2025 - 11:16

Antwort auf von Manfred Gasser

1. Es muss nichts aufgehoben werden, da, soweit ich weiß, Rechtsextremismus nicht per se verfassungswidrig ist.

2. Nein, man sollte dem Rechtsextremismus keinesfalls die Möglichkeit geben, diese Lücke zu schließen, und ich habe auch nichts dergleichen angedeutet. Aber Linksextremisten (Kommunisten) sollten mindestens genauso verurteilt werden wie Rechtsextremisten. Leider berichten Nachrichtenportale wie Salto fast ausschließlich über Rechtsextremismus, sogar im entlegenen Pfitsch, aber nicht darüber, dass kommunistische Parteien es in Hauptstädten auf Wahllisten schaffen. Das liegt leider auch daran, dass ein großer Teil der Akademiker immer noch mit dem Kommunismus sympathisiert, obwohl dieser die wahrscheinlich destruktivste Gesellschaftsform ist, die es je gegeben hat.

Do., 01.05.2025 - 11:16 Permalink
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Ludwig Thoma Do., 01.05.2025 - 11:39

Antwort auf von ergo

Sie hängen anscheinend Kategorisierungen aus dem 20. Jh. nach (passen Sie bloß auf, dass Sie damit Ihren Rechten Schützlingen nicht als zu progressiv gelten😉). In Graz ist Elke Kahr von der KPÖ Bürgermeisterin. Was genau an ihrer Politik finden Sie "destruktiv"?

Do., 01.05.2025 - 11:39 Permalink
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ergo Do., 01.05.2025 - 13:22

Antwort auf von Ludwig Thoma

Ich kenne die Politik von Elke Kahr nicht, aber vermutlich ist sie nicht destruktiver als die von Giorgia Meloni, die als Faschistin dargestellt wurde und wird. Doch das ist nicht der eigentliche Punkt.

Mein Problem liegt darin, dass auf Linksextremismus (Kommunismus) und Rechtsextremismus unterschiedliche Maßstäbe angewendet werden, obwohl Linksextremismus mindestens genauso destruktiv war und ist wie Rechtsextremismus.
Trägt jemand ein Eisernes Kreuz ist es ein Skandal, aber nicht bei einem Hammer und Sichel Symbol.
Hängt irgendwo ein Bild von Hitler ist es ein Skandal, aber nicht bei bildern von Lenin, Stalin & co.
Weht eine Nazi flagge ist es ein Skandal, aber nicht bei der Flagge der Sovietunion.
Niemand verliert ein Wort darüber, dass die Kommunistische Partei bei den Wahlen antritt, würde jedoch eine nationalsozialistische Partei kandidieren, wäre es ein Skandal..

Beide Ideologien sind gleichermaßen verwerflich, doch öffentlich und medial wird ausschließlich eine Seite verurteilt.

Do., 01.05.2025 - 13:22 Permalink
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ergo Do., 01.05.2025 - 13:44

Antwort auf von ergo

Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus haben alle zu ähnlichen Ergebnissen geführt: Millionen Tote, Diktaturen, Kriege, systematische Unterdrückung, usw. Doch während Faschismus und Nationalsozialismus zu Recht verurteilt werden, düfen offen kommunistische Parteien zu Wahlen antreten, nur weil sie auf der Siegerseite des Kriegs standen. Und Salto und co. unterstützen es, indem sie jegliche rechtsextremen Handlungen zum Skandal machen und nie von kommunistischen Machenschaften berichten.

Do., 01.05.2025 - 13:44 Permalink