Konventioniert, gefördert, umstritten

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Am späten Freitagabend, gegen 22.30 Uhr, fiel im Südtiroler Landtag die Entscheidung: Mit 20 Ja-Stimmen, vier Gegenstimmen und neun Enthaltungen wurde die Wohnreform 2025 verabschiedet. Zwei Tage lang war das Gesetz im Plenum diskutiert worden – intensiv, teils emotional, von Regierung, Opposition und Interessenvertretern gleichermaßen kritisch beäugt. Über 200 Änderungs- und Streichungsanträge wurden eingereicht, gefeilscht wurde am Ende um jeden Beistrich und jedes Wort – eine Arbeit, die man nebenbei gesagt, bereits in den jeweiligen Gesetzgebungsausschüssen hätte erledigen können, aber hier spielte wohl auch die politische Bühne „Landtag“ eine entscheidende Rolle.
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Das Ziel: Wohnen sichern – vor allem für EinheimischeWohnbau-Landesrätin Ulli Mair: „Die Reform ist in ihren wesentlichen Punkten erhalten geblieben.“ Foto: Seehauserfoto
„Wir schaffen mit diesem Gesetz eine solide Grundlage für mehr leistbaren Wohnraum“, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher nach der Abstimmung. Die Wohnreform sei ein zentrales Element der Regierungsvereinbarung – und werde mittel- bis langfristig zu einer Entspannung am überhitzten Wohnungsmarkt führen. Auch Wohnbaulandesrätin Ulli Mair zeigte sich zufrieden: Die Reform sei in ihren wesentlichen Punkten erhalten geblieben. „Mit Zuschlägen für mehrgeschossiges Bauen und für die Sanierung im Bestand setzen wir gezielte Anreize für kosteneffizientes Bauen“, so Mair. Neu eingeführt wurden etwa ein zinsbegünstigtes Darlehen, ein Bausparmodell und ein „gemeinnütziger Wohnbau“ – ein Konzept, das laut Mair langfristig eine tragende Rolle im sozialen Wohnbau einnehmen soll. Die Reform umfasst außerdem die 100-prozentige Konventionierung neuer Wohnbauten für Ansässige. Damit wolle man den Wohnraum gezielt für Einheimische sichern – ein Kernanliegen der Landesregierung. Dass diese Maßnahme auf viel Kritik stößt, wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren deutlich.
Zwischen Sozialbindung und MarktinteressenUrbanistik-Landesrat Peter Brunner betonte die Bedeutung des Modells „Wohnen mit Preisbindung“: „Wir schaffen rechtliche Klarheit, fördern preisgebundene Mietwohnungen und stärken das WOBI, das künftig ein Vorkaufsrecht auf 30 Prozent solcher Einheiten erhält.“ Ziel sei, „Wohnraum für junge Menschen und Familien dort zu schaffen, wo er gebraucht wird.“ Auch Landwirtschafts-Landesrat Luis Walcher sieht im Gesetz ein klares Bekenntnis gegen Spekulation und Leerstand. Besonders am Herzen liegt ihm der Schutz geschlossener Höfe: Künftig dürfen nur noch ausgebildete und aktive Landwirte diese erwerben. Was die Kurzzeitvermietungen betrifft, sollen diese strenger reguliert werden, um mehr Wohnungen dem Langzeitmietmarkt zuzuführen.
Der umstrittene „Stadel-Paragraf“ wurde am Ende – wie erwartet – wieder gestrichen, trotz heftiger Gegenwehr seitens Sepp Noggler. Aber, wie es intern hieß, neben der Tourismus-Lobby auch noch die Bauern-Lobby zu bedienen, sei politisch einfach nicht durchsetzbar gewesen – auch wenn der Vinschger Bauern-Vertreter außerhalb des Plenarsaales in weiten Teilen Recht bekam.
Kritik: „Keine Lösung für die Wohnkrise“Der Optimismus der Landesregierung wurde nicht von allen geteilt: Paul Köllensperger vom Team K spricht von einer „verpassten Chance“: „Was fehlt, sind Wohnungen – nicht Gesetze“, kritisiert der Abgeordnete. Ein groß angelegtes öffentliches Wohnbauprogramm sei dringend notwendig, besonders im urbanen Raum wie Bozen. Die vollständige Konventionierung sei kontraproduktiv: Wenn Neubauten sich wirtschaftlich nicht mehr lohnen, werde schlicht weniger gebaut.
„Was fehlt, sind Wohnungen – nicht Gesetze.“
Auch die gerade erst eingeführte Preisdeckelung bei Mietwohnungen sei faktisch abgeschafft worden – mit potenziell negativen Folgen für den Mittelstand. Maria Elisabeth Rieder und Franz Ploner sehen zwar positive Ansätze, etwa im gemeinnützigen Wohnbau, warnen aber vor fehlender Finanzierungsgrundlage, fehlender Primäranalyse und einem Umsetzungsvakuum. „Langfristige Effekte kann man nicht ausschließen – kurzfristige Verbesserungen sind aber nicht zu erwarten“, fasst Rieder zusammen.
Auch die Makler übten deutliche KritikMit einem Fünf-Punkte-Katalog meldeten sich im Vorfeld auch die Südtiroler Maklervereinigung und der Verband der Hauseigentümer zu Wort. Die Verbände fordern unter anderem: die dauerhafte Sozialbindung statt zeitlich befristeter Regelungen, GIS-Erleichterungen für Mietwohnungen mit Erstwohnsitz, Reform der Kriterien für „Wohnungsnotgemeinden“, die Abkehr von der 100-prozentigen Konventionierung, die als marktverzerrend und investitionsfeindlich gilt, sowie den Schutz der Eigentumsrechte bei geschlossenen Höfen.
Was bleibt?Die Wohnreform 2025 ist das erste große Reformprojekt der neuen Landesregierung. Sie enthält Maßnahmen, die – auf dem Papier – auf langfristige Veränderungen abzielen. Doch wie so oft in der Wohnpolitik, liegt der Knackpunkt in der Umsetzung: bei den Gemeinden, den Förderstellen, den Bauträgern – und letztlich auch bei der Landesregierung selbst. Landeshauptmann Kompatscher verspricht, das Gesetz „laufend zu beobachten“ und nötigenfalls nachzubessern. Auch Mair kündigt an, Wohnen werde weiterhin „ganz oben auf der Agenda stehen“. Dass sich kurzfristig an den Wohnungs- und Mitepreisen etwas ändert, ist nicht zu erwarten – das wurde im Vorfeld beispielsweise von Landesrätin Mair so auch klar kommuniziert, durch das Justieren an vielen einzelnen Stellschrauben soll jedoch langfristig – Stichwort „gemeinnütziger Wohnbau“ – vor allem auf dem Mietsektor die Preisexplosion eingedämmt werden.
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Da haben diese Damen und…
Da haben diese Damen und Herren in 2 Tagen aber sehr viel geleistet .
Antwort auf Da haben diese Damen und… von opa1950
Ich würde sagen, die Damen…
Ich würde sagen, die Damen und Herren Politiker haben sich eine fette Gehaltserhöhung verdient. Immerhin haben sie zwei volle Tage gearbeitet.
Allein wenn man "wohnen mit…
Allein wenn man "wohnen mit Preisbindung" schon hört, sollten bei jedem Menschen mit ein wenig Grundwissen über die Funktionsweise eines Marktes die Alarmglocken schrillen.
Die Rendite einer Immobilie liegt bei Langzeitvermietung normalerweise zwischen 3-5%. Zwischenzeitlich fallen Reparaturen an, die der Vermieter begleichen muss und alle 20-30 Jahre gehören die meisten Wohnungen um zeitgemäß vermietbar zu bleiben mit mehr oder weniger Aufwand saniert.
Wir haben gesehen, wie stark die Preise in den letzten Jahren durch die Inflation gestiegen sind. Wenn die Mieten gleich bleiben, die Sanierungskosten für Wohnungen aber um 30% zulegen, wird Vermietung zum Verlustgeschäft.
Der richtige Weg wäre es, mehr Wohnraum zu schaffen, z.B. indem man die Rahmenbedingungen so verändert, dass Bauen zum Zweck der Langzeitvermietung lukrativer wird.
Antwort auf Allein wenn man "wohnen mit… von Oliver Hopfgartner
Und was würde sich an der…
Und was würde sich an der Rendite ändern, wenn mehr Wohnraum gebaut wird? Die Kosten bleiben die gleichen, die Inflation ebenso, also müssen die Preise steigen. Das gilt natürlich nur, wenn man allein die Rendite der Miete rechnet, denn wenn man den Wertzuwachs der Immobilie der letzten, sagen wir mal 20 Jahre dazurechnet, sieht die Sache schon wieder etwas anders aus.
Ich frage mich, wieviel Miese eine Stadt wie Wien im Jahr so machen muss, mit ihren billigen, ja sehr billigen Sozialwohnungen. Da gibt es doch sicher Zahlen, oder?
Antwort auf Und was würde sich an der… von Manfred Gasser
Mehr Wohnungen würden…
Mehr Wohnungen würden zuallererst mal die Immobilienpreise etwas senken, was wiederum Langzeitvermietung von der Rendite her attraktiver macht, da sich die Mietrendite bekanntlich aus Nettojahresmieteinnahmen dividiert durch den Kaufpreis. Wenn man eine Wohnung günstiger kauft, zahlt sich auch die Langzeitvermietung schneller auf.
Wie viel Aufschlag ein Bauherr beim Verkauf z.B. einer Anlegerwohnung auf den Preis für die Errichtung der Immobilie aufschlägt, kann ich nicht beurteilen.
Das Problem an Systemen wie Wien ist die Korruptionanfälligkeit. Wenn anhand intransparenter Listen entschieden wird, wer eine solche Wohnung bekommt und wer nicht, ist das nicht unbedingt hilfreich.
Sinnvoller wäre es da schon, wenn man über Genossenschaftsmodelle Immobilien baut und dann günstig via Miete, Mietkauf oder Verkauf für Bürger errichtet oder saniert. So etwas könnte ich mir gut vorstellen, doch auch so ein Modell käme theoretisch ohne die Politik aus. Zielgruppe sollten dabei aber alle Bürger sein und nicht nur Leute mit niedrigem sozioökonomischen Status. "Arme" profitieren nämlich auch davon, wenn "Reiche" eine neue Wohnung bauen oder Altbestand sanieren, da dann ja meist die Immobilie frei wird, in der die "Reichen" vorher gewohnt haben. Außerdem ist es für Wohlhabende realistischer, auf eigene Kosten eine Immobilie zu bauen zu lassen als für Menschen mit wenig Vermögen und Einkommen. Ziel muss es letztlich sein, die Anzahl an bewohnbaren Wohnungen zu erhöhen.
Antwort auf Mehr Wohnungen würden… von Oliver Hopfgartner
Sämtliche…
Sämtliche betriebswirtschaftlichen Grundsätze ignorieren ist keine Lösung. Ihre Vorschläge sind sehr sozialistisch geprägt. Ganz neue Töne 😇
Antwort auf Sämtliche… von Stefan S
Nicht sozialistisch, sondern…
Nicht sozialistisch, sondern sozial. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Außerdem würde mich interessieren, wo in meinem Vorschlag betriebswirtschaftliche Grundsätze ignoriert werden? Es mag sein, dass eine Genossenschaft in der Regel nicht gewinnorientiert ist, allerdings gelten für eine Genossenschaft auch dieselben Marktregeln, wie für eine GmbH, im Sinne von Angebot, Nachfrage und Preisen.
Antwort auf Sämtliche… von Stefan S
Schwachsinniger Kommentar…
Schwachsinniger Kommentar.
Die betriebswirtschaftlichen Grundsätze funktionieren nur unter der Annahme, dass es unendliches Angebot (Baumöglichkeiten) gibt. Will man keinen unbegrenzten Bodenverbrauch, ist das Angebot beschränkt und steht einer viel höheren Nachfrage gegenüber (v.a. durch Ausländer und Spekulanten). Da man das Angebot nicht erhöhen möchte, muss die Nachfrage beschränkt werden, weshalb die Konventionierung ins Spiel kommt.
(Es wäre zudem unklug, den Bodenverbrauch angesichts des Bevölkerungsschwunds zu vergrößern. Andernfalls werden wir in wenigen Jahrzehnten eine enorme Anzahl aufgelassener Häuser haben und einen Immobiliencrash erleben.)
Die Konventionierung senkt die Kaufpreise für konventionierte Wohnungen, was die Rendite dieser Wohnungen erhöht und das Bauen attraktiver macht. Zudem fördert sie die Renovierung bestehender, nicht-konventionierter Gebäude, was ebenfalls sinnvoll ist.
Was die Landesregierung u.a. noch tun sollte, ist:
- Die Klimahausgesetze abschaffen, damit das Bauen günstiger wird.
- Es einfacher machen, Mieter, die nicht zahlen, aus der Wohnung zu bekommen. (Eine Vielzahl von Leuten vermieten ihre Wohnungen nicht, da sie schlechte Erfahrungen mit zahlungsunwilligen Mietern gemacht haben.)
- Mietverträge flexibler gestalten (ich weiß nicht, ob das Land das darf).
- GIS auf Leerstand weiter erhöhen (so hoch, bis Menschen aufhören Immobilien als ein Investment anzusehen) und die Schlupflöcher schließen.
Lächerlicher geht es wohl…
Lächerlicher geht es wohl nicht mehr. Das beweist wieder einmal welche Personen in Südtirol das Sagen haben wollen. Aber sie sitzen die nächsten Jahre noch im trockenen.Aber vielleicht merken es sich die Südtiroler Wählerinnen und Wählern bis zu den nächsten Wahlen.
Den 20 an den Marionetten…
Den 20 an den Marionetten-Fäden-baumelnden-Landes-Müttern + -Vätern, "mit ihrem ganz großen Herz für ganz besondere Bauherren, Spekulanten + ähnlichem Gesindel, sowie für für die besonder sicheren WERT-ANLEGER in Tourismus-HOTH-SPOTHs, die zu den Saisons-Spitzen-Zeiten auch kräftig mit-kommandieren," ist da ein Werk gelungen, das "den VER-Sprech-Stunden-Tourismus der edlen Landes-Mütter + -Väter kräftig befeuern wird!"
Verwandtschaften und Clans…
Verwandtschaften und Clans helfen der Landesregierung. Aber aus Dank geht es auch umgekehrt.
Möchte mich bei Salto für…
Möchte mich bei Salto für die Seriösität und die korrekte Veröffentlichung der Kommtare herzlich bedanken. Macht weiter so. Erlaube mir noch eine Festanstellung: SN ist wohl mittlerweile in der Hand einiger Politikerinnen und Politiker. Aber es ist gut so,dann braucht man keine Zeit mehr zu verlieren um SN zu schreiben,denn über einige Politikerinnen und Politiker herrscht strenges Stillschweigen . Wie zu DDR Zeiten.