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Franz Pichler: Hab keine Angst

“Jeder Künstler ist politisch, auch wenn er nichts sagt”. Franz Pichler hat immer Stellung bezogen und lässt zu seinem 75. Lebensjahr seine Werke sprechen, endlich gibt es eine Ausstellung des Meraner Künstlers im Kunsthaus Meran.

Eines der ausgestellten Werke heißt “Präpotente Arroganz” und zeigt eine Figur mit erigiertem Glied  über einem Sockel aus schwarzen Holzstreben. Es ist Franz Pichlers Statement zu den Über-Nacht-Waldrodungen in Sexten für die umstrittene Skiliftverbind Helm-Rotwand, eine Schweinerei, wie er im Interview mit der ff sagte.

So politisch wie Franz Pichler ist kaum ein Südtiroler Künstler, von den "Artbrothers Kraxntrouga" mal abgesehen. Für den gebürtiger Schenner, der im Sommer 75 Jahre wird, gehören Politik und Positionbeziehen zum Alltag, nicht in einer aufdringlich-lauten Art, aber gut integriert wie in einer Einbauküche, wo auch all die anderen Dinge des Lebens ihren Platz haben. Wie die Liebe, das Scheitern, die Erinnerung, die Fehler oder das Sterben. Es menschelt zutiefst in den Werken von Franz Pichler. “Wahre Kunst muss auf drei Ebenen funktionieren: Gefühl, Technik und Intellekt.”

Die Werke Franz Pichler sprechen den Betrachter unmittelbar an, da ist alles sofort Gefühl und Intuition, oft angeregt und verstärkt  durch die Farbe, ein leuchtendes tiefes Rot. So wie bei der Figur “Dolce esperanza”, die mit gewölbtem dickem Bauch da sitzt und die doch in die Höhe strebt. Die Farbe Rot zieht sich durch das skulpturale Werk Pichlers, sie hat symbolische Kraft, schreibt Kuratorin Sabine Gamper und man findet dieses Rot oft bei den themengebenden Objekten in der Kunst des Bildhauers.

Die Ausstellung “Hab keine Angst” im Kunsthaus Meran umfasst eine Werkspanne von 57 Jahren, nach Themen eingeteilt, die Franz Pichler wichtig sind: In “Schmerz der Erinnerung” geht es um die Konzentrationslager, die Assemblage “Buchenwald nie vergessen” mit Judenstern und kleinem Lichtbild könnte für ein Kind gemacht worden sein. In der Tat hat Franz Pichler für jedes seiner Kinder eine solche Erinnerungsarbeit angefertigt.

“Die sieben Todsünden” fragen nach den Verfehlungen im Leben, angeregt durch den religiösen Fragenkatalog findet Franz Pichler auch hier seine eigenen Antworten: “Wollust allein ist nicht falsch, aber alles was durch Gewalt und Verletzung in der Liebe passiert, geht in die falsche Richtung.” Im Raum “Erlösung durch Wahrheit” steht jene Skulptur die vielleicht am meisten beeindruckt: eine Pietà, archaisch mit schwerem Leib und wirrem Haar die den aufs Äußerste ins Holz gespannten Sohn trägt. Der Raum ist zu klein für diese Spannung.

Natürlich geht es in der Werkschau Franz Pichlers dann wieder um die Politik und so heißt es dort auch folgerichtig “Das Private ist politisch”. Grafiken, Skulpturen und Plakate zeugen vom gesellschaftspolitischen Engagement der revoluzzerischen 1970er Jahre mit dem Südtiroler Kulturzentrum, als die Feindbilder Magnago, Zelger und Rampold hießen und Franz Pichler sein “Dolomitenomelett mit Volksdummsmarmelade” servierte.

So wie der Titel der Ausstellung “Hab keine Angst” versöhnlich und weich stimmt und die Grundhaltung bzw. Erfahrungen Franz Pichlers weitergibt, so ist eine zweite Arbeit ebenso Ausdruck dieser als wahr erkannten Lebenshaltung und Botschaft an die Ausstellungbesucher: “Es ist nicht nie zu spät”. Franz Pichler kämpft an gegen das Vertrösten, das Aufschieben, das Drüberhinwegsehen.