„Ich packe den Zorn in mein Herz hinein“
Ihr neuester Song heißt "Zorn" und das Musikvideo dazu haben Sie am gestrigen Unsinnigen Donnerstag im Rahmen eines wie immer fulminanten Konzerts im Batzen Sudwerk vorgestellt: gewohnt fett und ausgiebig gab es Balkan-Punkjazz-Chanson bis spät in die Nacht. TurboTrööT sind Susan La Dez (Stimme), Wilco Lensink am Bass, Nick Barbolini am Schlagzeug und Lukas Abram am Saxofon. Mit Lukas Abram haben wir uns unterhalten und rausgefunden warum man mindestens einmal im Leben auf einem TurboTrööT-Konzert gewesen sein muss, was sie in Südtirol alles ändern würden und wo sie sich in 10 Jahren sehen...
salto.bz: Kein Make-up, dafür viel Schweiß und ordentlich Lärm - kann man so die Musik und vor allem die Konzerte von TurboTrööT beschreiben?
Lukas Abram: Kein Make-up gilt für die Musik. Wir selbst haben natürlich ordentlich Kajal auf den Augen, wegen gefährlichem Blick und so. Aber es stimmt, wir sind eine Liveband und jeder Ton den das Publikum hört, wird in feinster traditioneller Handwerkskunst unter Aufbietung aller verfügbaren Kräfte mit viel Wumms rübergewuchtet. Ohne Ornament und digitale Verkünstelungen.
Warum sollte man mindestens einmal im Leben auf einem TurboTrööT-Konzert gewesen sein?
Es kommt jede Menge Energie rüber und die Welt scheint danach eine hellere zu sein. Das geht uns selbst auch jedesmal so. Da stehen 4 Typen auf der Bühne und bringen ohne Rücksicht auf Seh- und Hörgewohnheiten, gesellschaftliche Konventionen und Anstand ihre innerste Liebe an die Öffentlichkeit. Dadurch machen wir uns freilich angreifbar, aber wir sehen uns als letzten Leuchtturm im Shitstorm der Angepassten.
Wir sehen uns als letzten Leuchtturm im Shitstorm der Angepassten.
"Es macht mich zornig, dass wir aus Angst in die Hosen scheißen,
einfach zusehen wie Systeme entgleisen,
vergessen haben Verantwortung zu tragen,
bei Unrecht wegschauen anstatt etwas zu sagen."
(Anfangszeilen aus "Zorn")
Von der Tageszeitung wurdet ihr mal als "die gefürchteste Band Südtirols" bezeichnet - warum meinst du, seid ihr so gefürchtet?
Das wissen wir selbst nicht so genau. Wir finden uns alle ganz lieb, aber wahrscheinlich sind wir in schlechter Gesellschaft. In den Texten nehmen wir uns kein Blatt vor den Mund und die Mucke knallt auch ganz schön um die Ohren. Vielleicht macht Balkanian Punkjazz Chanson einfach ein bissi Angst.
Wie würdest du TurboTrööT mit 3 Worten beschreiben?
Fett, unverstellt und kritisch.
Wenn TurboTrööT ein Film wäre - welcher würde am besten zu euch passen?
Vermutlich Underground von Kusturica. Siehe vorherige Frage. Wobei eben der gewisse Witz nicht fehlen darf, das hatte oben nicht mehr Platz.
Und wenn TurboTrööT ein Tier wäre - welches wäre es?
Problembär.
Wenn TurboTrööT drei Wünsche offen hätte - welche wären diese?
Auftritt Waldbühne Berlin, Arrangements von Quincy Jones, Saufen mit Element of Crime.
Und was würden TurboTrööT in Südtirol alles ändern, wenn sie einen Zauberstab hätten?
Meines Erachtens gibt es aktuell nur zwei Themen von Belang: Umweltschutz und Bildung/Erziehung. Wenn wir nicht endlich zu einem anderen Umgang mit der Welt und unseren Mitmenschen kommen, ist bald jede Diskussion um politische Befindlichkeiten überflüssig. Das sind natürlich große Themen, welche eine gewisse Bereitschaft zum Verstehenwollen seitens der Bevölkerung voraussetzen. Aber unsere Politik ist nicht gewillt, Probleme offen zu benennen, zu erklären und Lösungen zu vermitteln. Es geht immer nur um sprachgruppen- und klientelbezogene Probleme. Wir brauchen einen neuen, umfassenderen Ansatz in einem vereinten Europa.
Wir brauchen einen neuen, umfassenderen Ansatz in einem vereinten Europa.
TurboTrööT’s Bandmitglieder kommen ursprünglich aus Vorarlberg, den Niederlanden und aus Südtirol – was bringen Vorarlberger und Holländer mit in die Band und überhaupt nach Südtirol?
Zum Beispiel einen Hauch vom oben genannten Europa. Wir sind eine gute Mischung aus verschiedensten Einflüssen. Wie die Südtiroler Küche aus der Südtirolwerbung. Auf jeden Fall kommt aus Holland „Maß und Zählung“, wenn wir aus dem Takt sind und von Vorarlberger Seite eine geballte Ladung Hochgebirgsecho!
Wo sind TurboTrööT in 10 Jahren?
Ich hoffe noch nicht im Altersheim, aber auch da werden wir noch Musik machen. Mit Mitte 20 Rock’n’Roll zu spielen ist einfach. Mitte 30 kommt dann meistens das Leben dazwischen. Inzwischen sind wir Mitte 40 und haben‘s wohl übertaucht. Die Chancen sind also gut!
Was müsst ihr uns noch unbedingt verraten?
Wir haben eine Reihe neuer Songs, für welche wir mal wieder ins Studio sollten, außerdem zwei-drei Konzerttermine z.B. am 18.05.19 im Ost-West-Club in Meran. Wir haben uns gerade wieder für einen Band-„Wettbewerb“ beworben und sonst viele Ideen. Wir würden natürlich gern mehr umsetzen, aber es Ist nicht immer ganz einfach, alle unter einen Hut zu bringen. Außerdem ist das alles viel Arbeit. Wenn uns jemand managen möchte, kann er (besser sie) sich gern melden.