Politik | Wahlkampf
Operation Seiser Alm
Foto: Othmar Seehauser
Arno Kompatscher ist nicht überrascht. „Es ist mir nur recht, wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt“, sagt der Landeshauptmann zu salto.bz, „dann wird sich herausstellen, dass das Ganze völlig aus der Luft gegriffen ist“.
Der Wahlkampf geht in die heiße Phase, und vor allem wird er härter. Dazu gehört auch, dass man die schmutzige Wäsche der politische Konkurrenz an die Öffentlichkeit zerrt. Keiner schenkt dabei dem anderen etwas. Auch die SVP hat ihren Giftschrank gegen die Opposition längst geöffnet.
Jetzt hat Andreas Pöder einen Stein geworfen, der direkt auf Arno Kompatscher zielt. In einem langen Dossier zur Ausschreibung der Südtiroler Nahverkehrkonzessionen zeichnet der Abgeordnete der Bürgerunion die Chronik der annullierten Ausschreibung nach. In dem Dokument, das sich so liest, als sei es direkt von einem Anwalt der SAD AG geschrieben, watscht Pöder nicht nur die Landesregierung und die zuständigen Landesbeamten ab, er spricht wie bereits im Juli im Landtag auch von „Manipulationsversuchen im Zusammenhang mit der Milliardenausschreibung zu den Südtiroler Buskonzessionen“
Der Landtagsabgeordnete listet dann mehrere vermeintliche Interessenkonflikte auf. Pöders Dossier endet dann mit einen Satz, der mehr ist als nur ein Wink mit dem Zaunpfahl:
„Zudem ist ein weiterer Interessenkonflikt zu überprüfen: Jener von LH Kompatscher im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der Seiser Umlaufbahn (Silbernagl/Libus?) und seiner familiären Beteiligung an der Umlaufbahn.“
Was ist damit aber gemeint?
Die annullierte Ausschreibung
Der Zufall will es, dass sich dieser Vorwurf gegen Arno Kompatscher noch detaillierter auch in einer Anzeige gegen den Landeshauptmann bei der Bozner Staatsanwaltschaft findet. Die Anzeige stammt von Ingomar Gatterer, Mehrheitseigentümer und Besitzer der SAD AG.
Es geht dabei um die annullierte Ausschreibung und um den Verdacht, Kompatscher und die zuständigen Ämter hätten bewusst die Ausschreibung platzen lassen, weil sonst die Konsortien der Kleinbus-Unternehmer LIBUS und KSM aus dem Verfahren ausgeschlossen worden wären.
Der Grund: Im Wortlaut der Ausschreibung war die Eintragung in das entsprechende Verzeichnis (REN) auch für Konsortien zwingend vorgeschrieben, nicht nur - wie in ähnlichen Fällen üblich - für die Mitgliedsbetriebe der Konsortien. LIBUS und KSM, die diese Eintragung gar nicht haben können, hätten somit bei einer wörtlichen Auslegung des Textes trotz einer anderslautenden Ministerialauskunft ausgeschlossen werden können. In einem internen Mailverkehr zwischen dem LIBUS-Chef Markus Silbernagl und den zuständigen Beamten versuchte man deshalb die rechtliche Lage zu analysieren. Doch mitten in der Ausschreibungsphase wurde dieser interne Mail-Verkehr den Medien zugespielt. Das Land geht in einer Gegenanzeige bei der Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Information aus dem Hause Gatterer durchgesickert ist bzw. gezielt "gesteckt" wurde. Tatsache ist: Kurz vor Ausschreibungsende annullierte das Land - auf Anraten der eigenen Anwaltschaft - die gesamte Ausschreibung, weil die Chancengleichheit der Bewerber durch die Veröffentlichung relevanter vertraulicher Informationen nicht mehr gegeebn gewesen sei.
Andreas Pöder und Ingomar Gatterer unterstellen jetzt, dass diese juristische Begründung nicht stichhaltig und die Ausschreibung nur deswegen annulliert worden sei, weil Arno Kompatscher damit einem alten Bekannten helfen wollte.
Das Kastelruther Unternehmen
Der Kastelruther Unternehmer Anton Silbernagl gründet 1978 ein eigenes Busunternehmen in Südtirol. Bus Silbernagl ist in den vergangenen vier Jahrzehnten gewachsen und ein relevanter Aktuer im Südtiroler Nahverkehr. Mittlerweile wird dieses Busunternehmen in Südtirol in zweiter Generation von den Söhnen Markus und Günther Silbernagl geführt.
Bus Silbernagl ist auch eines der größten Anteilseigner im Konsortium LIBUS. Markus Silbernagl ist der Präsident von LIBUS. Weil das Konsortium bei der Ausschreibung der Südtiroler Konzessionen eine ernsthafte Konkurrenz zur SAD ist, hängt der Haussegen zwischen Gatterer und Silbernagl seit langem schief, obschon Gatterer selbst an der LIBUS beteiligt ist (im Gegensatz zur SAD jedoch nicht mehrheitlich).
Die Wege des Unternehmens Silbernagl und von Arno Kompatscher haben sich in der Vergangenheit mehrmals gekreuzt. Arno Kompatscher war zuerst Gemeindesekretär in Kastelruth, danach Bürgermeister von Völs. Silbernagl führt seit Jahren den gesamten Personennahverkehr auf dem Hochplateau und von dort aus nach Bozen durch. Damit hat jeder öffentliche Verwalter in diesen Gemeinden mit dem Unternehmen zwangsläufig amtlich zu tun.
Als man Anfang der 1990er Jahre das Projekt einer neuen Umlaufbahn auf die Seiser Alm in Angriff nimmt, sind beide in verschiedenen Rollen beteiligt. Die Familie Silbernagl steigt als wichtiger Aktionär bei der „Seiser Umlaufbahn AG“ ein. Arno Kompatscher ist von 2004 bis zum Frühjahr 2013 Präsident und Geschäftsführer dieser Aktiengesellschaft.
Auch heute noch ist Seniorchef Anton Silbernagel Vizepräsident der Liftgesellschaft.
Das angebliche Nahverhältnis
Vor diesem Hintergrund wird in der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft aber auch in Pöders Dossier ein besonderes Nahverhältnis zwischen Markus Silbernagl und Arno Kompatscher konstruiert.
Der Vorwurf: Kompatscher würde seinen langjährigen Weggefährten Silbernagl und dessen Konsortium LIBUS bei der Ausschreibung der Busdienste gegen die SAD AG bevorzugen. Das sei auch der eigentliche Grund für die Annullierung der Ausschreibung.
Als schlagender Beweis für diese Theorie wird in der Eingabe eine angebliche Geschäftsbeziehung angeführt.
Die „Seiser Umlaufbahn AG“ hat insgesamt 226 Gesellschafter. Der drittgrößte Aktionär mit 8,17 Prozent ist die „Markus Silbernagl & Co KG“. Zudem hält Markus Silbernagl als Privatperson weitere 2,9 Prozent.
Unter den 226 Aktionäre findet sich auch der Name Nadja Ahlbrecht. Wie der Zusatz in den öffentliche Unterlagen „in Kompatscher“ deutlich macht, ist es die Ehefrau von Arno Kompatscher. Nadja Ahlbrecht hält von den 17.800 Aktien der „Seiser Umlaufbahn AG“ genau 44 Stück. Das sind 0,25 Prozent des Gesellschaftskapitals.
Das ist der Hintergrund für den angeblichen Interessenkonflikt von Arno Kompatscher, den Andres Pöder in seinem Dossier unterstellt. Und das ist der Aufhänger, mit dem Ingomar Gatterer Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Landeshauptmann lostreten will.
Arno Kompatscher kann darüber nur lachen. „Morgen wird man mir wahrscheinlich vorwerfen, dass jemand mit mir zusammen beim Alpenverein ist“, meint der Landeshauptmann.
Auch der SVP-Spitzenkandidat weiß, dass der Wahlkampf schmutzig sein kann.
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Wenn Pöder von all diesen
Wenn Pöder von all diesen Situationen um Kompatschers familiäre Beteiligung an der Umlaufbahn Bescheid wusste und jetzt vor den Wahlen rumpoltert, die Staatsanwaltschaft reagiert und die Medien dazu aktiv werden und der Wähler dann sagt er geht da nicht mehr hin, dann haben alle ihren Beitrag zu mehr Demokratieverdrossenheit geleistet.
...nun gut von pöder darf man
...nun gut von pöder darf man sich nicht allzuviel an cleverness erwarten... aber dass gatterer mittlerweile durch seine attitüden zu einem der wichtigsten wahlhelfer für die svp avanciert ist, bringt mich zum grüblen was er tatsächlich im schilde führt...