Meraner Sittenwächter
“Ragazzi, non per discriminarvi, ma non fate queste cose perché ci sono bambini.” Ein Satz, der für Aufregung sorgt. Und dafür, dass Alessandro Curti und Antonio Camposano wohl nie mehr die Thermen von Meran betreten werden.
Alessandro und Antonio sind ein Paar und beim Verein Arcigay Gioconda von Reggio Emilia aktiv. Vor wenigen Tagen waren die beiden jungen Männer in der Kurstadt, wo sie einen Kurzurlaub verbringen wollten. In einem Whirlpool der Therme Meran passiert schließlich das, was nun italienweit für Schlagzeilen sorgt. Alessandro und Antonio küssen sich. Es seien harmlose Küsse gewesen, werden die beiden später sagen. Doch ein Angestellter der Thermen weist die beiden zurecht: “Nicht um euch zu diskriminieren, aber macht diese Sachen nicht. Es sind Kinder hier.”
Empört und verletzt hätten sie den Whirlpool und die Therme verlassen, berichten die beiden Männer dem Corriere della Sera. Doch vorher wenden sie sich an die Thermen-Rezeption, um sich zu beschweren.
Der herbeigerufene Verantwortliche habe versucht, die Situation zu entschärfen, so Antonio und Alessandro, auch indem er ihnen erklärt habe, dass auch “normale Paare” – so habe der Verantwortliche wörtlich gesagt – ermahnt würden, die sich unangebracht verhielten.
Doch Alessandro und Antonio fühlen sich diskriminiert. Andere, heterosexuelle Paare, die sich gleichzeitig in der Therme befanden, hätten sich auch geküsst – ermahnt worden seien die aber nicht, klagen die beiden jungen Männer.
Von den Journalisten des Corriere auf den Vorfall angesprochen, weist die Direktorin der Therme Meran, den Vorwurf der Diskriminierung zurück. Immer schon seien auch homosexuelle Paare unter den Thermengästen gewesen und in elf Jahren habe es nie Beschwerden oder ähnliche Vorwürfe laut geworden. Laut dem, was ihr von dem Angestellten, berichtet worden sei, seien Alessandro und Antonio im Whirlpool “überschwänglich” geworden – “und wir hätten jedes Paar ermahnt, gerade weil es sich um eine kleine Wanne handelt”, so Adelheid Stifter. Es tue ihr Leid, dass sich die beiden Männer beleidigt gefühlt hätten und die Ermahnung als Diskriminierung empfunden hätten, sagt die Direktorin der Therme. “Homosexuelle sind erwünschte Gäste, ebenso wie heterosexuelle Paare”, will Stifter klar gestellt wissen.
Doch damit ist die Sache nicht gegessen. Inzwischen hat sich auch Centaurus eingeschaltet. Die Schwul-Lesbische Initiative Südtirol hat sich ebenfalls mit der Thermen-Direktion in Verbindung gesetzt, wie in einem Facebook-Post zu lesen ist: “Die Direktion hat sich sehr willig gezeigt in der Suche nach einer eventuellen Verantwortung zusammenzuarbeiten und hat die Vorwürfe von Homophobie und Diskriminierung energisch zurückgewiesen. Zur Zeit arbeiten wir mit Arcigay Reggio Emilia zusammen, um die Geschehnisse zu erkunden. Wir wünschen uns, dass dieser Vorfall eine Gelegenheit ist, um das Thema der Einbeziehung von LGBTQI+Menschen in der Südtiroler Gesellschaft wieder aktuell zu machen. Darin besteht Bedarf.”