Gestörter Stromfrieden?
Am Anfang stand das Versprechen von Landeshauptmann Arno Kompatscher: “In dieser neuen Gesellschaft will das Land nicht an einer Mehrheit festhalten. Im Gegenteil: Wir sind bereit, Anteile an die Gemeinden abzutreten und damit unseren Anteil unter 50 Prozent zu senken.”
Derzeit hält das Land noch 54,45 Prozent an Alperia. Doch im Zuge der Fusion von Etschwerke und SEL, aus der die neue Energiegesellschaft hervorgegangen ist, wurde den Südtiroler Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, vom Land bis zu 10 Prozent des Gesellschaftskapitals von Alperia zu erwerben. Das Ziel: Die Mehrheit der Alperia-Anteile soll an die Gemeinden übergehen.
Jeweils 21 Prozent halten die Gemeinden Bozen und Meran.
Über die Selfin GmbH halten 99 Gemeinden und 6 Bezirksgemeinschaften 3,55 Prozent an der Alperia.
Um den zugesicherten 10-Prozent-Anteil vom Land zu erwerben, muss die Selfin eine Kapitalerhöhung vornehmen. 97,4 Millionen Euro sind dafür nötig. Die Gemeinde Lana hält aktuell 0,38614 Prozent an der Selfin und sollte sich mit etwa 2,5 Millionen an der Kapitalaufstockung beteiligen.
Am 25. Jänner stand die Beteiligung an der Kapitalerhöhung auf der Tagesordnung des Lananer Gemeinderates. Am Ende gab es 13 Stimmen dagegen, 9 dafür und 3 Enthaltungen.
Bedenken einerseits, Unverständnis andererseits
Grundlage für die ablehnende Haltung der Mehrheit des Gemeinderates war ein Rechtsgutachten, das die Gemeinde Lana bei der Rechtsanwaltskanzlei Brugger & Partner aus Bozen in Auftrag gegeben hatte.
7.500 Euro ließ sich die Gemeinde die Rechtsberatung kosten. Anwalt Jakob Brugger kam in dem Gutachten zum Schluss, dass eine zusätzliche Übernahme von Selfin-Anteilen durch die Gemeinde Lana nicht ratsam sei. Der Grund: Brugger sieht kein Allgemeininteresse gegeben. Bei dem Ankauf der Alperia-Anteile handle es sich um “eine reine Finanzbeteiligung, die Gemeinde Lana hat kein Mitspracherecht, weder bei Alperia noch bei Selfin”.
Insgesamt sei auch das Risiko für die Gemeinde zu groß, da weder Rendite noch die künftige Wertentwicklung der Anteile gesichert seien.
“Den Bedenken der Gemeinde Lana können wir nichts abgewinnen”, zeigt sich der Gemeindenverband um Präsident Andreas Schatzer verwundert – und versucht, die Argumente von Anwalt und Gemeinderatsmehrheit zu widerlegen.
“Öffentliche Interessen der Gemeinden und der Selfin können zuhauf ausgemacht werden”, schreibt der Gemeindenverband in einer Aussendung und listet eine Reihe von Punkten auf: “Energieversorgungssicherheit, Entwicklung, Modernisierung und Sicherung der Infrastrukturen, Ausbau des Breitbandnetzes sind für die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung einer jeden Gemeinde und deren Bevölkerung von grundlegender Bedeutung.”
Schatzer sieht die Gemeinden in der Pflicht, “die Planung und Umsetzung der Maßnahmen in den genannten Bereichen auf ihrem Gemeindegebiet mitzudenken, mitzugestalten und mitzuentscheiden”, was “auch durch entsprechende Mitsprache der Gemeinden über die Selfin auf Gesellschaftsebene der Alperia erfolgen” solle, versichert der Präsident des Gemeindenverbandes.
Was die Bedenken wirtschaftlicher Art betrifft, meint Schatzer: “Ein Blick in die Bilanzen der Selfin der letzten Jahre genügt. Bei einem durchschnittlichen Jahresgewinn von ca. 3 Millionen Euro kann von Untätigkeit wohl keine Rede sein.” Zudem sei auch Alperia bestrebt, die Gewinne und somit die Dividenden zu erhöhen.
Stromfrieden in Gefahr?
Dass das Land eingewilligt habe, 10 Prozent der Anteile an Alperia an die Gemeinden abzutreten, sei eine große Errungenschaft, gibt der Gemeindenverband zu bedenken: “Damit ist es endlich gelungen, nach den politischen Forderungen und Bemühungen der letzten Jahrzehnte, die Voraussetzungen zu schaffen, dass nach der stufenweisen Heimholung der Energie ins Land die Energie nun auch in einem größeren Ausmaß in allen Gemeinden Südtirols ankommen kann und hoffentlich auch ankommen wird. Damit wollen Land und Gemeinden dem ‘Stromfrieden’ ein gutes Stück näher kommen.”
Das Bedauern über die Entscheidung der Gemeinde Lana, sich an der Kapitalerhöhung der Selfin GmbH nicht zu beteiligen, ist beim Gemeindenverband daher umso größer.