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Das Osterei

Durch die Neubewertung der Stromkonzessionen verlieren 20 Südtiroler Gemeinden 97,43 Millionen Euro an Ufergeldern. Die Landesregierung will jetzt aber nachbessern.

Arno Kompatscher will die Aufregung bereits im Keim ersticken. „Nein, die Gemeinden werden keinen Cent verlieren, diese Entscheidung haben wir getroffen“, sagt er zu salto.bz. Der Landeshauptmann weiß, welche politische Sprengkraft in der Nachricht steckt. „Die Energiebetriebe werden die ursprünglichen finanziellen Forderungen erfüllen“, meint Kompatscher.

Die Neubewertung

Diese Woche hat die Landesregierung die Neubewertung von elf Südtiroler Großkraftwerken abgeschlossen. Zehn Konzessionen erhielt wiederum die SEL AG. Die Konzession des Kraftwerks Lappach wird neu ausgeschrieben.
Mit diesem Akt sollte eigentlich ein Schlussstrich unter den Südtiroler Stromskandal gezogen werden. Doch ganz wird das nicht gelingen. Denn die Neubewertung hat eine Schattenseite.
Bei der Austauschaktion am Karfreitag 2006 haben Michl Laimer und Maximilian Rainer die ursprünglichen Umweltpläne der SEL-Ansuchen ersetzt. Die entscheidende Änderung: Die SEL hat bei fast allen Kraftwerken die für die Gemeinden bestimmten Umweltgelder beträchtlich nach oben korrigiert.
In diesen Umweltplänen steht für jedes Kraftwerk eine Fixsumme, die die Ufergemeinden über einen Zeitraum von 30 Jahren bekommen. In den ursprünglichen Umweltplänen waren 5,55 Prozent des Ertrages jedes Kraftwerks für die anliegenden Gemeinden vorgesehen.
Bei der Neubewertung hat man jetzt diese ursprünglichen Umweltpläne der SEL herangezogen. Man hat die 5,55 Prozent anhand eines Mittelwertes des nationalen Strompreises (PUN) aus dem Jahr 2014 hochgerechnet.
Klar ist, dass damit für die Gemeinden weit weniger herausschaut als bei den im Jahr 2009 genehmigten Umweltplänen.

Die Hälfte

Um wie viel Geld es dabei aber geht, sieht man, wenn man die Neubewertung genauer anschaut, die die Landesregierung am vergangenen Dienstag beschlossen hat.
Am meisten verlieren die Ufergemeinden des Kraftwerks Kardaun. Nach der am 30. Dezember 2009 von der alten Landesregierung genehmigten Konzession zahlt die SEL in 30 Jahren insgesamt 84,90 Millionen Euro an die Gemeinden Barbian, Bozen, Karneid, Waidbruck, Ritten, Völs und Kastelruth. In dem Projekt, das jetzt mit der Neubewertung genehmigt wurde, kommen aber nur mehr 56,23 Millionen an Umweltgeldern heraus. Macht ein Minus von 28,67 Millionen Euro für die Gemeinden.
18,7 Millionen Euro weniger bekommen auch die Gemeinden Lana und St. Pankraz vom Kraftwerk Lana. Auf 12,67 Millionen muss die Gemeinde Sarntal verzichten und auf 11,86 Millionen die Gemeinde Ulten. Rund 11 Millionen Euro weniger bekommen auch Mühlwald und Sand in Taufers als Ufergemeinden des Kraftwerks Mühlen.
Insgesamt verlieren 20 Südtiroler Gemeinden bei neun Kraftwerken stattliche 97,43 Millionen Euro.

Der Überblick

 

Kraftwerk                                   2009                                 2015

 

Brixen                                    52,50 Mio                      46,29 Mio               - 6,21 Mio

Kardaun                                 84,90 Mio                      56,23 Mio            - 28,67 Mio

Lana                                        33,00 Mio                      14,22 Mio            - 18,78 Mio

Mühlen                                   15,11 Mio                         4,14 Mio           - 10,97 Mio

Sarnthein                               18,50 Mio                         5,83 Mio           - 12,67 Mio

St. Pankraz                             9,90 Mio                           7,39 Mio          - 2,51 Mio  

St. Walburg                            19,00 Mio                          7,14 Mio         -  11,86 Mio

Töll                                            6,73 Mio                        15,51 Mio           + 8,78 Mio

Waidbruck                              11,00 Mio                          5,24 Mio          - 5,76 Mio

                                                        ----------------                           ---------------

Insgesamt                            250,64 Mio                        161,99 Mio       - 88,65 Mio

 

Die Glücklichen

Doch es gibt nicht nur Verlierer. Für die Gemeinde Algund und die Gemeinde Partschins ist die Neubewertung ein Ostergeschenk. Die beiden Burggräfler Kommunen werden vom Kraftwerk Töll 8,78 Millionen Euro mehr bekommen.
Der Grund dafür ist einfach. Im ursprünglichen Umweltplan hatte die SEL 7,7 Prozent des Ertrages für die Umweltmaßnahmen vorgesehen. Weil Maximilian Rainer vorab aber von Landesrat Michl Laimer die genauen Informationen bekam, was der Konzessionsinhaber die Etschwerke AG geboten haben, setzte man bei der Austauschaktion vor neun Jahren diesen Prozentsatz deutlich herab. Auf 2 Prozent.
Mit der Neubewertung werden jetzt aber wieder 7,7 Prozent ausbezahlt. Damit steigen die Umweltgelder für Algund und Partschins von 6,73 Millionen auf 15,51 Millionen Euro.
 

Neue Bewertung für das Kraftwerk Töll: Ostergeschenk für Algund und Partschins

Diese Anstieg korrigiert auch ein klein wenig das Gesamtergebnis der zehn Kraftwerke. Mit den manipulierten Umweltplänen hätten die insgesamt 22 betroffenen Ufergemeinden 250,64 Millionen bekommen. Mit der am Dienstag beschlossenen Neubewertung sind es nur mehr 161,99 Millionen Euro.

Politische Lösung

Dieses Geld ist schriftlich in den Konzessionen festgehalten. Mehr gibt es derzeit nicht. Denn die Landesregierung kann keinen formellen Beschluss fassen, der die SEL verpflichtet mehr an die Gemeinden zu zahlen. Was im Konzessionsbeschluss steht, gilt.
"Die Gemeinden haben die ursprünglichen Gelder schon längst eingeplant“, sagt Landeshauptmann Arno Kompatscher, „es geht deshalb nicht an, nachträglich solche drastischen Kürzungen zu machen“.
In der Landesregierung hat man sich deshalb informell auf eine klare Gangart geeinigt. Alle Gemeinden bekommen die jeweils höheren Umweltgelder. Das heißt, dass mit Ausnahme der Töll der neue Südtiroler Energiebetreiber jene Umweltgelder auszahlen muss, die in den getürkten SEL-Ansuchen standen. Beim Kraftwerk Töll soll hingegen der neue, weit höhere Betrag Anwendung finden.
Unter dem Strich soll damit keine Gemeinde einen Cent verlieren. Weil Algund und Partschins mehr bekommen, steigt die Gesamtsumme der Umweltgelder von 250,64 Millionen sogar auf 259,42 Millionen Euro.

Der Vertrag

„Wir werden eine Ergänzung zu dem Beschluss machen, der das neue Energieunternehmen verpflichtet diese ursprünglichen Gelder so zu bezahlen “, sagt der Landeshauptmann.
Der neue Südtiroler Energiebetrieb wird die Gelder, die in der Konzession nicht vorgesehen sind, aber nicht einfach den Gemeinden freiwillig schenken können. Es braucht eine Regelung, die sowohl steuerrechtlich wie auch vor dem Rechnungshof haltbar ist. Deshalb denkt man über eine Vertragslösung zwischen den Gemeinden und dem Südtiroler Energiebetrieb nach.
Die Gemeinden müssen jetzt hoffen, dass man für die politische Grundsatzentscheidung am Ende auch eine Möglichkeit zur praktischen Umsetzung findet.

Diesen Beitrag werde ich nochmals lesen, nicht nur, sogar studieren und mir dabei vor Augen halten, dass Herr Kompatscher einmal Präsident des Gemeindeverbandes war. Auf ein neues Südtirol !!!

Fr., 03.04.2015 - 08:38 Permalink