Wirtschaft | Festival dell'economia

Renzi und Marchionne auf Ökonomie-Festival in Trient

Unter dem Motto "Führungsschichten, Wachstum und Gemeinwohl" geht das 4-tägige Wirtschaftsfestival in Trient heute zu Ende. Begeisterung und Applaus erntete am Sonntag Matteo Renzi mit seinem Auftritt, in Jeans und blauem Hemd sprach er vom "neuen, jungen Geist", der in Italien zu spüren sei.

Als Höhepunkt war der Auftritt von Ministerpräsident Matteo Renzi am Sonntag beim Festival dell'Economia in Trient angekündigt; in einem anderthalbstündigen Life-Interview mit dem TV-Journalisten von La7, Enrico Mentana, gab sich Renzi nach dem Wahlsieg des Partito Democratico bei den Europa-Wahlen noch etwas selbstbewusster als sonst, sprach von den unmittelbar anstehenden Reformen und der Rolle Italiens in der EU. Italien übernimmt am 1.Juli den Vorsitz des zweiten EU-Semesters 2014, Renzi will diese Zeit nutzen, um über konkrete Probleme zu reden, so etwa die Einwanderung, die Energie, aber vor allem die Parameter, die Brüssel und Straßburg vorgeben. Italien werde sich als EU-Ratsvorsitzende selbstbewusst zeigen, kündigte Renzi an. Schließlich habe seine Partei von allen Parteien in den 28 EU-Ländern am besten abgeschnitten – besser noch als die deutsche CDU. 

Entbürokratisierung ist das Zauberwort, nicht nur auf Europaebene, sondern auch und besonders in Italien. Es könne nicht sein, dass Ansuchen um Investitionen, Projektrealisierungen, Lizenzen, die anderswo Wochen beanspruchen, in Italien Jahre dauern. Es sei absurd, so Renzi, dass die Bürger ihre Steuern etappenweise bezahlen, dadurch die Steuerberater reich machten, während man in anderen Ländern alles in einem Mal entrichte.

Im Juli werde das Manöver "sblocca Italia" umgesetzt werden, verkündete Renzi in Trient. Er wolle den Bürgermeistern aller italienischen Gemeinden mehr Handlungsspielraum gewähren und forderte diese auf, ihm ihre lokalen Probleme zu berichten, adressiert an den Palazzo Chigi. Dass sich Renzi mit solcherlei Ankündigungen den vielfachen Applaus in Trient holte, verwundert nicht. Andere Töne gab es zum Auftritt von Fiat-Chef Sergio Marchionne, den einige hundert Demonstranten vor dem Auditorium S. Chiara mit Buhrufen und Pfiffen empfingen. Vor genau 10 Jahren übernahm der Italo-Kanadier das Ruder der damals maroden Fiat und baute das Unternehmen schrittweise mit hartem Sparkurs um und wieder auf. Vor allem die Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Chrysler brachte Marchionne viel Kritik ein, noch mehr aber seine Vorgangsweise gegenüber den Gewerkschaften. 

Den Willen zur Reform und das Sanierungstalent haben Renzi und Marchionne also wohl gemeinsam, auch das selbstbewusste Auftreten. Der Unterschied besteht darin, dass Renzi nicht nur ein Staatsunternehmen zu sanieren hat, sondern auch seine Wähler nicht vergraulen darf.