Wirtschaft | Wirtschaftsbarometer
Hohn gegenüber dem Kleinhandel

Foto: upi
„Erfreulich ist die positive Entwicklung im Großhandel – ein Bereich, der oft in der öffentlichen Diskussion untergeht. Im Einzelhandel hingegen ist endlich eine Baustelle anzugehen“, beschreibt Philipp Moser die aktuelle Lage. Der Präsident des Wirtschaftsverbandes hds gibt sich dann kämpferisch: „Dass die globalen Online-Giganten nach wie vor keine Steuern auf ihre Umsätze zahlen, ist ein Hohn gegenüber unseren vielen Klein- und Familienbetrieben. Wir fordern fairen Wettbewerb für alle!“
Anlass ist die Sommererhebung des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen. Sie zeigt eine nach wie vor positive Lage für den Südtiroler Großhandel. Fast neun von zehn Unternehmen gehen heuer von einer zufriedenstellenden Ertragslage aus. Deutlich bescheidener sind die Erwartungen im Einzelhandel und im Bereich Kfz-Handel und -Reparatur. In diesen beiden Sektoren rechnet etwa jedes vierte Unternehmen mit einem unbefriedigenden Betriebsergebnis.
Im Südtiroler Großhandel sind die Erwartungen zur Ertragslage weiterhin positiv. Fast neun von zehn Unternehmen rechnen mit einem (zumindest) zufriedenstellenden Betriebsergebnis im laufenden Jahr. Das Geschäftsklima profitiert von der guten Umsatzentwicklung, insbesondere auf dem Südtiroler und dem italienischen Markt. Etwa 70 Prozent der Betriebe melden ein steigendes Geschäftsvolumen.
Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Umsatzsteigerungen zum Teil auf den deutlichen Preisanstieg bei vielen Waren zurückzuführen sind, insbesondere in den Branchen der Baumaterialien, der Bekleidung, der Lebensmittel und der Einrichtung. Auch die Investitionsabsichten der Unternehmen im Großhandel nehmen zu, insbesondere in Gebäude, Maschinen und Anlagen.
Im Einzelhandel hingegen hat sich das Geschäftsklima im Vergleich zur vorherigen Erhebung im Frühjahr verschlechtert. Ein Viertel der Kaufleute rechnet 2022 mit einer unbefriedigenden Ertragslage. In den letzten Monaten sind die Umsätze im Vergleich zum vergangenen Jahr zwar gestiegen, was auf den Aufschwung im Tourismus und die höheren Verkaufspreise zurückzuführen ist - dies reichte aber oft nicht aus, um die Teuerungen bei Energie und Wareneinkauf auszugleichen.
Die Einzelhändler/innen beklagen auch eine starke Verschärfung der Konkurrenz. Betrachtet man die einzelnen Branchen, so ist das schlechteste Geschäftsklima im Bereich Super- und Mini-Märkte sowie im Einzelhandel ohne festen Standort zu beobachten, wo mehr als ein Drittel der Unternehmen eine unbefriedigende Ertragslage meldet. Mehr Optimismus herrscht dagegen in den Warenbereichen „Textil und Bekleidung“ sowie „Kosmetik- und Pharmaprodukte“, wo man in fast allen Fällen mit einer zufriedenstellenden Rentabilität rechnet.
Auch im Sektor „Kfz-Handel und -Reparatur“ ist die Lage schwierig. Fast ein Viertel der Unternehmen erwartet 2022 ein unbefriedigendes Betriebsergebnis. Trotz des allgemeinen Anstiegs der Verkaufspreise blieb das Geschäftsvolumen in den ersten vier Monaten 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weitgehend unverändert, was zum Teil auf Lieferverzögerungen bei den Herstellern zurückzuführen ist. Auch die Marktbedingungen werden negativ bewertet, insbesondere die Entwicklung der Betriebskosten und die Zahlungsmoral der Kund/innen. All dies erschwert die Investitionstätigkeit, die im laufenden Jahr zurückgehen wird.
„Der Übergang zum Elektroantrieb stellt eine tiefgreifende Revolution dar und betrifft auch den Sektor des Handels und der Reparatur von Fahrzeugen“, kommentiert der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner. Ebner: „Es ist wichtig, die Südtiroler Unternehmen in dieser Branche bei diesem komplexen Anpassungsprozess zu unterstützen.“
Bitte anmelden um zu kommentieren