Nicht mit uns!
Update
Nach längerem Hin und Her steht nun fest: Der Gesetzentwurf zur Neuregelung der Politikerbezüge geht zurück in die III. Gesetzgebungskommission. Der Landtag wird also nicht, wie im Vorfeld immer wieder vonseiten der SVP versprochen, noch heuer über den Entwurf abstimmen. Grund dafür sind die “heftigen Angriffe“ der Opposition am Donnerstag Nachmittag. So zumindest argumentiert Landeshauptmann Arno Kompatscher am Freitag um kurz nach 10 Uhr als die Arbeiten des Landtages wieder aufgenommen werden. “Ein solches Gesetz soll nicht mit einem einfachen Mehrheitsbeschluss verabschiedet werden, sondern einen möglichst breiten Konsens haben”, meinte Kompatscher. Daher sollen auch im Vorfeld der erneuten Behandlung – und voraussichtlichen Abänderung – des Entwurfes in der Kommission Gespräche zwischen allen Fraktionen geführt werden. Das hatten die Oppositionsvertreter nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung zur Beratung gefordert. “Unserer Meinung nach wäre es sinnvoller gewesen, mit der Behandlung des Entwurfes fortzufahren”, erklärte Sven Knoll stellvertretend für die Oppositionsfraktionen. Nun entstehe ein Schaden “für uns alle – als ob man sich so kurz vor den Wahlen am Sonntag vor der Diskussion fürchte”. Diesen Vorwurf wies Landeshauptmann Kompatscher entschieden zurück: Es sei nötig, auch um die Würde des Landtages zu wahren, sich noch einmal zusammen zu setzen und Lösungen für die von der Opposition beanstandeten Punkte zu finden. Um zu beweisen, dass die SVP mit dem Antrag auf Rückverweisung des Entwufes an die Kommission keine Verzögerungstaktik betreibe, gab Kompatscher ein Versprechen: “Wir (die Mitglieder seiner Partei, Anm. d. Red.) verzichten bereits ab dem heutigem Tag auf die Differenz zu dem, was beschlossen wird.” Zudem versicherte er, dass der Gesetzentwurf “so rasch als möglich” wieder dem Landtag vorgelegt werden soll – “am besten noch heuer”. So schnell wird es allerdings nicht gehen, merkte Dieter Steger an: “Wenn wir Gespräche wie gefordert unter allen neun Fraktionen geführt werden wollen, dann wird es frühestens Jänner, aber wahrscheinlicher ist Februar.”
Heißer 1. Dezember
“So viel Demagogie habe ich selten erlebt”, wird Landeshauptmann Arno Kompatscher gegen Ende der Debatte sagen, die am Nachmittag des gestrigen 1. Dezember im Südtiroler Landtag über die Bühne ging. Nach zwei Jahren Hin und Her, gegenseitigen Vorwürfen, gegensätzlichen Gutachten und viel Polemik sollte am Donnerstag die Kürzung der Gehälter der Landesregierung unter Dach und Fach gebracht werden. Vor zwei Wochen schien es, als sei ein Kompromiss gefunden worden. Am 15. November sprach sich die III. Gesetzgebungskommission mehrheitlich für den vom damaligen Landtagspräsidenten Thomas Widmann vorgelegten Gesetzentwurf aus – ohne Gegenstimme. Der Freiheitliche Roland Tinkhauser stimmte gar für den Entwurf, während sich Hans Heiss (Grüne) und Paul Köllensperger (Movimento 5 Stelle) der Stimme enthielten.
Doch trotz der positiven Vorzeichen kam es schließlich anders. Während der Generaldebatte zum Gesetzentwurf – dieser sieht unter anderem ein monatliches Bruttogehalt von 15.100 Euro für den Landeshauptmann (aktuell sind es rund 19.200 Euro brutto), 14.600 Euro für seinen Vize und 14.100 Euro für die einzelnen Landesräte sowie 13.800 Euro für den Landtagspräsidenten und 12.900 Euro für seinen Vize vor – schlug der Mehrheit ein rauer Wind entgegen. Sowohl die Vertreter der Süd-Tiroler Freiheit (STF), von Bürgerunion und Alto Adige nel Cuore – Parteien, die allesamt nicht in der III. Gesetzgebungskommission vertreten sind –, aber auch Grüne, 5 Stelle und Freiheitliche polterten gegen die “Neuregelung der Bezüge der Organe des Landtages und der Landesregierung”, wie der Gesetzentwurf im offiziellen Wortlaut heißt.
Opposition begehrt auf
“Es ist falsch, dass nur die Politik über dieses Thema entscheidet”, meinte Brigitte Foppa (Grüne), die an die Proteste vor dem Landtag gegen die Politikerrenten erinnerte: “Dabei ist die Distanz zwischen Politik und Bevölkerung, die die Bezüge der Südtiroler Politiker nicht mit jenen der Steiermark oder des Trentino vergleichen, sondern mit ihrem Einkommen, offensichtlich geworden.” Foppa sprach von einer “heimtückischen Aktion”, dass in den überarbeiteten Gesetzentwurf auch andere Zulagen, etwa für Mitglieder des Landtagspräsidiums, aber auch für die Kommissionspräsidenten und Fraktionsvorsitzende eingebaut worden seien. “In diesen Fällen sind die Zulagen nicht durch Mehrarbeit gedeckt”, kritisierte Foppa. Auch Sven Knoll (STF) bemängelte, dass der Entwurf nicht das Leistungsprinzip berücksichtigte und er daher nicht dafür stimmen könne – auch wenn “Politik und Demokratie schon etwas kosten dürfen”, so Knoll.
Alessandro Urzì (Alto Adige nel cuore) erinnerte daran, dass der Trentiner Landeshauptmann Ugo Rossi sein Gehalt unter die vom viel zitierten Monti-Dekret vorgeschriebene Schwelle von 13.800 Euro brutto im Monat gekürzt habe. Lange war in Südtirol kontrovers darüber diskutiert worden, ob diese Schwelle auch für die Autonomen Provinzen gelte. Das Rechtsgutachten, das Landtagspräsident Widmann von Giuseppe Caia eingeholt hatte, sieht keine Ausnahme von dieser Pflicht. “Um die Gehälter zu retten, hat man sich ein zweites Gutachten bestellt und beruft sich nun auf dieses”, kritisierte Urzì. Tatsächlich wurde der Monti-Bezug aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Denn Giandomenico Falcon, der im Auftrag der Senatoren Zeller, Palermo und Berger ein eigenes Gutachten erstellt hatte, kommt zum Schluss, dass Südtirol autonome Zuständigkeiten im Finanzbereich habe und daher die Politikergehälter nach eigenem Gutdünken festlegen kann, ohne aufgrund des Monti-Dekrets dazu gezwungen zu sein. “Bei schmerzlichen Maßnahmen im Gesundheitsbereich hält man sich an die römischen Vorgaben, bei den Politikergehälter nicht”, polterte Paul Köllensperger (M5S), der wie Urzì auf Ugo Rossi verwies: “Er verteidigt die Autonomie, aber hat trotzdem sein Gehalt gekürzt.”
Hart ins Gericht mit der Mehrheit, und allen voran der SVP, ging schließlich Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Er bezeichnete die Angelegenheit als “peinlich”. Als Landtagsabgeordnetem sei ihm selbst das Gehalt seit Beginn dieser Legislaturperiode von 6.700 auf 5.300 bis 5.500 Euro gekürzt worden – mit Verweis auf Monti. Die Zulagen, die nun für Fraktions- und Kommissionsvorsitzende eingeführt werden sollen, habe “nie jemand verlangt” und diene einzig der SVP: “Wenn die SVP ihren Vorsitzenden bezahlen will, soll sie das selber tun”, meinte Dello Sbarba. Und weiter: “Ein solches Gesetz nährt den Populismus.”
“Ein fatales Signal” sieht auch Walter Blaas (Freiheitliche) in den neuen Zulagen. In der Gesetzgebungskommission hatte sein Parteikollege Tinkhauser für den Entwurf gestimmt – im Plenum rechneten die Blauen dann mit der Mehrheit ab: “Wenn dieses Gesetz so durchgeht, werden die Bürger protestieren” und: “Man bestellt so lange Gutachten bis sie stimmen und verteidigt sein Gehalt im Namen der Autonomie”, war am Donnerstag Nachmittag aus ihren Reihen zu vernehmen. Die Freiheitlichen hätten für den Rentenskandal gezahlt, so Blaas, ein zweites Mal würden sie den schwarzen Peter nicht annehmen.
“Nicht mit der Brechstange”
Dass die Opposition diesen der SVP zuschieben wolle, “hat man heute sofort verstanden”, meinte SVP-Fraktionschef Dieter Steger als er das Wort ergriff. “Unhaltbar” seien die Vorwürfe, die im Rahmen der Debatte gegenüber der Landesregierung und der SVP gefallen seien, “während im Ausschuss niemand protestiert hat”, zeigte sich Landeshauptmann Kompatscher verärgert. Doch das Theater, das Opposition wenige Tage vor dem Verfassungsreferendum im Landtag zu inszenieren versuchte, war der Landeshauptmann nicht bereit, mitzuspielen. “Die Mehrheit wird dieses Gesetz nicht allein durchdrücken, während diese Vorwürfe im Raum stehen. Wenn, dann sollte die Verantwortung gemeinsam getragen werden”, sagte Kompatscher und sprach sich dafür aus, im Moment nicht über dieses Gesetz abzustimmen. Es war dann Dieter Steger, der der Diskussion am Ende einen Riegel vorschob. Er werde die Rückverweisung des Gesetzentwurfes an die Kommission beantragen. Andernfalls werde man den Entwurf ablehnen, kündigte Kompatscher an: “So ein Gesetz macht man nicht mit der Brechstange.”