Wirtschaft | Renten

Zwischen Mythos und Realität

Nur durch eine Trennung von Vorsorge- und Fürsorgeleistungen kann man ein realistisches Bild der finanziellen Situation der Rentner und der Rentenleistungen in Italien erstellen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: CGIL SPI
  • Ein weitverbreitetes Missverständnis ist die Höhe der Rentenleistungen in Italien. Die neuesten Zahlen des INPS-Observatoriums zu den Rentenleistungen und den Begünstigten für das Jahr 2023, beflügeln in den Medien neuerlich das Thema der wachsenden Ungleichheit zwischen den Rentnern.  


    Dabei muss man zwischen dem Durchschnitt der Rentenleistung und dem Durchschnitt des Renteneinkommens pro Rentner unterscheiden. Nur so kann man die Rentenbeträge richtig einschätzen. Zum Jahresende 2023 gab es insgesamt 22.920.000 Renten, die gezahlt wurden. Insgesamt wurden dafür 347,032 Milliarden Euro fällig. Das entspricht einem durchschnittlichen Jahresbetrag von 15.141,08 EUR brutto pro Leistung (1.164,70 EUR brutto pro Monat bei 13 Zahlungen). 


    Wenn man jetzt hingegen die 16.230.157 Personen, die Renten beziehen, hernimmt, kommt man auf ein durchschnittliches pro-Kopf-Renteneinkommen von 21.381,92 EUR brutto. Das sind jährlich etwa 17.381 EUR netto, also 1.645 EUR brutto pro Monat, etwa 1.337 EUR netto pro Monat, ebenfalls auf 13 Monatszahlungen bezogen. Dies ist eine realistischere Darstellung der tatsächlichen finanziellen Situation der Rentner.  Wenn man die Gesamtausgaben nur durch die Anzahl der Renten teilt, entsteht ein verzerrtes Bild. 


    Wenn man die Rentenleistungen nach Beitragsklassen aufschlüsselt, sieht man, dass es 7,5 Millionen Renten bis zum Mindestbetrag gibt. Nur etwa 2,2 Millionen von insgesamt 16,2 Millionen Rentnern bekommen aber tatsächlich nur eine Mindestrente. 6,8 Millionen Renten erreichen das Doppelte der Mindestrente, aber nur 3,77 Millionen Rentner beziehen ausschließlich diese Beträge. 


    Das heißt, dass viele Personen mehrere Leistungen bekommen, die zusammengerechnet dann einen höheren Betrag ausmachen, als jede Leistung oder Rente einzeln berechnet.  Dazu zählen unter anderem die eigene Rente und eine oder mehrere niedrigere Leistungen wie eine Hinterbliebenenrente.  Das heißt statistisch gesehen, dass jeder Rentner im Schnitt 1,4 Leistungen bezieht, also fast eineinhalb Renten. 
    Geht man ins Detail, sieht man, dass 68 % der Rentner nur eine Leistung beziehen. 24,1 % der Rentner bekommen zwei Leistungen, 6,7 % drei Leistungen und 1,2 % sogar vier oder mehr Leistungen.  Die Daten des INPS zeigen zwar, dass es bis zum Doppelten des Mindestbetrags etwa 14,3 Millionen Einzelrenten gibt.  Aber nur etwa 5,978 Millionen Rentner (36,8 % aller Rentner) beziehen nur diese eine Rente. Außerdem sind dies oftmals Leistungen, die nicht aus Rentenbeiträgen resultieren.  Die Aussage, dass ein Drittel der Rentenleistungen in Italien dem Mindestbetrag entspricht oder darunter liegt, ist daher genauer zu bewerten. 
    Genauer genommen müsste man sich zuallererst auf die Rentner konzentrieren, also auf die Einzelpersonen und nicht auf die Einzelrenten. Viele von denen beziehen nämlich eine oder mehrere Leistungen. Bei der Berechnung der Durchschnittsbeträge sollte man auch jene herausnehmen, die eigentlich keine Renten sind, da sie durch Steuergelder finanziert werden. Dazu gehören etwa Sozialrenten, Sozialzulagen, zivile Invaliditätsrenten, Begleitgeld oder Inail-Renten, die eigentlich eine Entschädigung sind. Nur so kann man den Durchschnittsbetrag für Rentenleistungen ermitteln, die aufgrund von Beiträgen bezahlt werden.  Nur diese sind genau genommen Renten.   


    Wenn man die ersten zwei Einkommensklassen, die hauptsächlich aus Sozialleistungen bestehen, nicht einrechnet, steigt das durchschnittliche Renteneinkommen auf fast 30.000 EUR brutto. Zwar haben 36,8 % der Rentner ein Renteneinkommen unter zweimal das Minimum brutto im Monat, viele dieser Einkünfte sind aber eigentlich keine Renten, sondern werden aus anderen Quellen finanziert.  Auch das Alter der Begünstigten sollte berücksichtigt werden. Man müsste die ca. halbe Million von Zivilinvaliden unter 40 Jahren, die minderjährigen Waisen und der jungen Hinterbliebenen ausschließen. Für eine korrekte Beurteilung der „Rentenausgaben“ muss man also nachbessern, um ein korrektes Bild zu bekommen.


    Eine Trennung von Vorsorge- und Fürsorgeleistungen ist seit Jahren eine Forderung der Gewerkschaft.  Die daraus resultierenden Ungenauigkeiten können dazu führen, dass die Rentner sich ungerecht behandelt fühlen und dem Rentensystem nicht mehr vertrauen, hauptsächlich die jüngeren Generationen. Wenn man nicht zwischen Rente und Sozialleistungen bei der Berechnung der durchschnittlichen Rentenbeträge unterscheidet, entsteht ein verzerrtes Bild. Dabei sind die reinen Rentenleistungen bei einer genauen Betrachtung meist höher als die durchschnittlichen Beträge.
     

    Ein Beitrag von Alfred Ebner