Gesellschaft | Vorfälle

Brutale Sicherheit

Weil sie selbst Zeugin eines gewalttätigen Türstehers geworden ist, stellte Veronika Stirner eine Anfrage zu einem – leider – hochaktuellen Thema.
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Foto: upi

Ohne sie geht auf Konzerten oder Stadtfesten, in Diskotheken, bei Maturabällen oder Großevents nichts. Die Rede ist von den Security-Leuten, die bei Veranstaltungen für einen reibungslosen Ablauf, Ordnung und vor allem Sicherheit sorgen. Doch kann es passieren, dass Security-Leute selbst zum Sicherheitsproblem werden. Öffentliche Aufmerksamkeit erregte der Vorfall von vergangenem Mai, als in Lana ein Türsteher in der Nähe des Geländes der Diskothek “Exclusiv” mit einem Schraubenschlüssel auf Besucher losging. Aber auch abseits der medialen Berichterstattung dürfte sich gar einiges zutragen. “Immer wieder” kämen ihr Berichte über gewalttätiges Vorgehen seitens der Security-Leute zu Ohren, berichtet die SVP-Landtagsabgeordnete Veronika Stirner. Sie selbst sei im Jänner des Vorjahres Zeugin eines Übergriffes geworden, bei dem ein Jugendlicher nach einem Schulball im Kurhaus Meran “von einem Türsteher auf brutalste Weise geschlagen und gestoßen wurde”. Als sie Ende 2016 von einem weiteren Zwischenfall erfuhr, bei dem mit Gewalt gegen jugendliche Ballbesucher und ihre Eltern vorgegangen worden sei, wurde Stirner tätig. In einer Landtagsanfrage wollte sie wissen, welche Voraussetzungen Sicherheitspersonal erfüllen muss, um seine Tätigkeit ausüben zu dürfen, ob die psychische ebenso wie die körperliche Leistungsfähigkeit getestet werde und was mit Türstehern passiere, die sich der Körperverletzung schuldig machten. “Türsteher: Streitschlichter oder hirnlose Schläger?”, so der provokante Titel der Anfrage.

Wie hochaktuell das Thema ist, zeigen die Chronikmeldungen der vergangenen Tage. So sind vier der Personen, gegen die im Fall von Emanuele Morganti ermittelt wird, Türsteher. Morganti war nach einer Schlägerei vor einer Diskothek in der Provinz Frosinone im Krankenhaus verstorben. Am 3. April berichten indes Lokalmedien von einem Vorfall am Wochenende, bei dem ein Diskobesucher in Rimini vom Sicherheitspersonal krankenhausreif geschlagen worden sein soll und nun um eines seiner Augen bangen muss.

“Es geht hier nicht darum, eine Berufskategorie zu diskreditieren, sondern darum, aufzuzeigen, dass die Sicherheitsdienste bei der Auswahl des Personals und vor allem bei der Ausbildung mit größerer Sorgfalt vorgehen müssen”, so Stirner. Im Fokus ihrer Kritik steht insbesondere die Firma STS, der größte Sicherheitsdienstleister im Land. Dessen Personal sei in beide von ihr genannten Vorfälle verwickelt gewesen, so Stirner. Für sie steht außer Zweifel: “Das Sicherheitspersonal muss in jeder Situation die Kontrolle bewahren, es muss Training haben mit schwierigen Situationen und mit den Menschen, die sich darin befinden. (…) Leider scheint das Sicherheitspersonal der Firma STS diesen Anforderungen nicht zu entsprechen.”

“Ein Türsteher braucht viel mehr als ein breites Kreuz und trainierte Oberarme.”
(Veronika Stirner)

Dabei sind die Ansprüche, die STS an seine Mitarbeiter stellt, keineswegs gering: einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis; Ausbildung und Zertifikat für Sicherheitspersonal; Kampfsport- und Erste-Hilfe-Ausbildung; das sind nur einige der Bedingungen, die STS-Leute erfüllen müssen. Theoretisch müsste das Sicherheitspersonal auf die Herausforderungen des Jobs bestens vorbereitet sein, wie auch die Antwort von Landeshauptmann Arno Kompatscher auf Stirners Anfrage belegt: Um an das Zertifikat zur Ausübung der Tätigkeit als Sicherheitspersonal zu gelangen, sind nämlich unter anderem psychische und soziale Kenntnisse und Kompetenzen erforderlich, “etwa in den Bereichen Konzentrationsfähigkeit (und) Selbstkontrolle”. Nach Abschluss des entsprechenden Lehrgangs müssen sich die Bewerber zudem in ein eigenes Verzeichnis bei der Quästur in Bozen eintragen lassen. Dafür notwendig sind weitere Voraussetzungen wie zum Beispiel, “dass die Kandidaten keinen Gebrauch von Alkohol oder anderen Rauschmitteln machen und keine Verbrechen begangen haben”, teilt Kompatscher mit. Sollte sich ein Türsteher dennoch der Körperverletzung schuldig machen, wird ein Verfahren zur Streichung aus dem Berufsverzeichnis eingeleitet. Das gelte auch, sollte auch nur eine Anzeige gegen eine Sicherheitsperson vorliegen, heißt es in der Antwort. Soweit die Theorie. Die Realität dürfte bisweilen eine andere sein, wie nicht zuletzt Stirners Anfrage beweist. Bei STS selbst will man von den Episoden, von denen die Landtagsabgeordnete darin berichtet, nach eigenen Angaben übrigens nichts wissen