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Im Waldkindergarten

Mittlerweile gibt es 15 Waldkindergärten in Südtirol. Worauf es beim Spielen in der Natur ankommt und welche Fragen sich mit dem verpflichtenden Kindergartenjahr auftun.
Waldkindergarten
Foto: Avani - Dachverband für Naturpädagogik Südtirol
  • Kalt oder warm, nass oder trocken – im Waldkindergarten wird draußen gespielt. Das Konzept aus Skandinavien hat es vor mehr als zehn Jahren nach Südtirol geschafft, heute gibt es im Land schätzungsweise rund 15 Waldkindergärten. „Der Wald ist dort der natürliche Lernraum für die Kinder“, erklärt Lisa Maria Veith, Präsidentin von Avani, dem letztes Jahr gegründeten Dachverband für Naturpädagogik in Südtirol. 

    Wichtig sei, dass die Kleinen angemessene Kleidung tragen, um auch bei Regen draußen sein zu können oder im Matsch zu spielen. „Manche Waldkindergärten haben einen kleinen Unterschlupf, wenn es wirklich stark regnet. Kinder sind hier unglaublich flexibel, finden bei jeder Witterung eine neue Beschäftigung in der Natur und entdecken etwas Neues“, sagt Veith. 

    Die Waldkindergärten wollen neben den klassischen Kindergärten ein zusätzliches Angebot schaffen. „Was besser oder schlechter ist, hängt letztendlich immer von der Familie und dem Kind ab. In allen Kindergärten lernen Kinder wichtige Werte für die Gesellschaft kennen, wie zum Beispiel Verantwortung zu übernehmen, Kreativität, Problemlösekompetenz und Flexibilität. Im Vergleich zum klassischen Kindergarten ist der Waldkindergarten vielleicht weniger planbar und mehr an natürliche Gegebenheiten gebunden“, so die Präsidentin vom Dachverband für Naturpädagogik. 

    „Ich gehe als Fachkraft gerne mit den Kindern hinaus, weil sie in der Natur so viel entdecken können, so viele Pflanzen und Lebewesen. Dadurch entwickeln sie einen Bezug zur Natur und sind auch bereit sie zu schützen, was wichtig für nachhaltiges Handeln ist“, erklärt Veith. „Wir sehen die Natur nicht als Ware, sondern als Lebensraum und wertschätzen ihn. Das ist ein großer und wichtiger Aufträg für die heutige Pädagogik.“ 

  • Waldkindergarten: Bei fast jeder Witterung halten sich Fachkräfte und Kinder draußen auf. Foto: Avani - Dachverband für Naturpädagogik Südtirol
  • Rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen

    Die meisten Einrichtungen werden privat betrieben, nur die Struktur in Partschins gehört dem Land, die beiden Waldkindergärten in Naturns und Ritten sind den öffentlichen Kindergärten gleichgestellt. Geöffnet sind die privaten Einrichtungen in der Regel vormittags. „Es entstehen immer wieder neue Waldkindergärten, Walderlebnisgruppen, Natur- oder Bauernhofkindergärten. Kürzlich haben wir versucht zu erheben, wie viele Waldkindergärten es in Südtirol gibt, aber wir haben leider nicht von allen erfahren“, erklärt Veith. 

  • Lisa Maria Veith: Foto: Avani - Dachverband für Naturpädagogik Südtirol

    Die Finanzierung der Einrichtungen muss vollständig über Elternbeiträge, Spenden oder Einnahmen von Kuchenverkauf oder Flohmarkt gedeckt werden. „So ist es schwierig, die Pädagoginnen und Pädagogen angemessen zu bezahlen. Sie sind super qualifiziert, leisten super Arbeit, aber sie sind meistens unterbezahlt“, sagt Veith. Für den Dachverband ist es deshalb wichtig, dass Waldkindergärten auf politischer Ebene neben den klassischen Einrichtungen als Betreuungsstruktur anerkannt und auch finanziell gefördert werden. 

    Diese Forderung könnte nun tatsächlich auch für die Landespolitik relevant werden. Denn bei der Einführung des verpflichtenden Kindergartenjahres kommt es zu Verzögerungen, weil die Finanzierung noch ungeklärt ist und im öffentlichen Kindergarten eine Impfpflicht herrscht, außer es liegt ein ärztliches Attest für die Befreiung vor. Das Pflichtjahr soll nun erst im Schuljahr 2025/26 eingeführt werden. 

    Die Pflichtschule können auch ungeimpfte Kinder besuchen, wobei mit einer Geldstrafe von bis zu 7.500 Euro zu rechnen ist. In Italien gilt für öffentliche Kindergärten eine Impfpflicht. Wenn das verpflichtende Kindergartenjahr kommt, stellt sich die Frage, ob Waldkindergärten als Betreuungseinrichtungen anerkannt werden und dort dann auch eine Impfpflicht eingeführt werden muss. Wie der „Corriere dell’Alto Adige“ schreibt, haben die Südtiroler Waldkindergärten vor allem während der Corona-Pandemie Aufschwung erfahren. 

  • Die Waldkindergärten in Südtirol

    Die Waldkindergärten sind im Dachverband für Naturpädagogik Südtirol – Avani zusammengeschlossen. Der Verband bietet auch Kurse an, etwa zu Naturmärchen, Natur- und Waldpädagogik oder Kunst mit Natur. Am 11. Mai findet von 10 bis 12 Uhr im Waldkindergarten Eppan außerdem der Tag der offenen Tür statt. Adresse: Montiggler Straße 60A (beim Parkplatz vor dem Überetscher Reitverein links vom Tor den Weg entlang); 

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Salto User
Oliver Hopfgartner Sa., 04.05.2024 - 06:47

Wir haben auch darüber nachgedacht, unser erstes Kind in einem Waldkindergarten anzumelden, leider haben die relativ kurzen Betreuungszeiten für unsere damalige Lebenssituation nicht gereicht.

Ich habe allerdings auch den Eindruck, dass diese Waldkindergärten zu stark romantisiert werden. Bei jeder Witterung draußen zu sein und nur "einen kleinen Unterschlupf" zu haben, klingt für mich nicht gerade bequem. Daher wäre es meiner Meinung nach sinnvoll, wenn Eltern selbst mal 1-2 Wochen im Winter das Waldkindergartenleben testen, bevor sie ihr Kind in so einer Struktur anmelden. Ich denke so manche Eltern würden sich es sich dann noch einmal überlegen.

Sa., 04.05.2024 - 06:47 Permalink