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Versandete Bilanz?

Nach dem geltenden Gesellschaftsrecht müsste die Brennercom-Gruppe bei der Handelskammer Bozen eine konsolidierte Bilanz hinterlegen. Doch davon gibt es keine Spur.

Mit dem Gesetz nehmen es Ferdinand Willeit, Karl Manfredi und Michl Ebner besonders genau.
Die neue Dreifaltigkeit beschließt vor fünf Wochen, dass die Beteiligung des Landes und aller öffentlichen Gesellschafter an der Brennercom AG erloschen seien. Man müsse – so die Interpretation – ein entsprechendes Staatsgesetz anwenden.
Vergangene Woche wetterte das Dreigespann dann auf einer Pressekonferenz gegen eine von den SVP-Senatoren im Parlament eingebrachte authentische Interpretation zu diesem Gesetz. „Diese Vorgangsweise ist absolut verfassungswidrig“, dekretiert das Kollegium vor der versammelten Presse.
Die drei Weisen kennen sich mit dem Gesetz aus. Das wird bei jedem Auftritt deutlicher.
Deshalb darf man auch eine Frage stellen: Nimmt die Brennercom-Führung die gesetzliche Bestimmungen auch bei der Führung des eigenen Unternehmens so genau?
Eine mögliche Antwort auf diese Frage, dürfte den Herren nicht unbedingt gefallen.

Nimmt die Brennercom-Führung die gesetzliche Bestimmungen auch bei der Führung des eigenen Unternehmens so genau?

Die Bestimmung

Nach dem italienischen Gesellschaftsrecht muss eine Firmengruppe eine konsolidierte Bilanz veröffentlichen, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllt. Sinn und Zweck der Konzernbilanz ist es ein möglichst wahrheitsgetreues und korrektes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu präsentieren. In dieser konsolidierten Bilanz werden auch die Geschäftsbeziehungen zwischen den verschiedenen Tochterunternehmen und die Verflechtungen genau dokumentiert.
Nach der Gesetz sind Unternehmen verpflichtet neben der Bilanz des Mutterunternehmens jährlich auch eine solche konsolidierte Bilanz zu erstellen und bei der Handelskammer zu hinterlegen, wenn sie zwei von diesen drei Kriterien erfüllen:

  • Eine Bilanzsumme von mindestens 17,5 Millionen Euro;

  • Mindestens 250 Angestellte;

  • Einen jährlichen Umsatz von mindestens 35 Millionen Euro.

Das Firmengeflecht

Die Brennercom AG hat eine Reihe von Tochterunternehmen im In- und Ausland. 2009 hat man eine Tochter in München gegründet, die Brennercom Deutschland GmbH, die zu 100 Prozent dem Südtiroler Telekommunikationsanbieter gehört. Die 2006 gegründete Brennercom Tirol GmbH in Innsbruck hingegen gehört zu 55 Prozent dem Mutterhaus und zu 45 Prozent über die KM Invest der Athesia.
2011 hat die Brennercom 100 Prozent der Bozner Telefonia Alto Adige - TeAA Networks GmbH übernommen. Das Unternehmen bietet Kommunikationslösungen für den Businessmarkt - insbesondere für das Hotel- und Gastgewerbe an. Gleichzeitig befasst sich die Firma mit der Verlegung und Instandhaltung von Fest- und Wireless-Netzen und arbeitet in über einem Dutzend Südtiroler Gemeinden. Seit 2014 gehört der Brennercom zu 100 Prozent auch die Trentino Net GmbH mit Sitz in Rovereto.
Die interessantestes Beteiligung hat man allerdings in Mailand erworben. Dort gehören seit 2013 dem Südtiroler Mutterhaus 69 Prozent der MET Italia Srl.
Die Abkürzung MET steht „Middle East Telecommunications“, denn das Unternehmen wurde 1996 in Saudiarabien gegründet und kam erst 2000 nach Mailand. Die Met GmbH kümmert sich heue um die Konzeption, Realisierung und Instandhaltung von Glasfasernetzen. Die Met GmbH ist mit 90 Prozent auch an der Met Saudi in Riad beteiligt. Damit reicht der Arm der Südtiroler Brennercom bis in Wüste.


Pressekonferenz der Brennercom-Führung: Streng nach dem Gesetz.

Die Gruppe

Obwohl die Brennercom-Gruppe nach eigenen Angaben nur rund 200 Mitarbeiter hat, erfüllt der Konzern die anderen beiden Auflagen, die der Gesetzgeber für die Erstellung und Hinterlegung einer konsolidierten Bilanz vorsieht.
Die Bilanzsumme des Konzern liegt weit über der Grenze von 17,5 Millionen. Allein das Mutterhaus hatte 2013 eine Bilanzsumme von über 50 Millionen Euro und in der Bilanz von 2014 stehen 48.548.244 Euro.
Aber auch der Umsatz der Gruppe liegt deutlich jenseits der 35-Millionen-Grenze. Das Mutterhaus hatte 2012 einen Umsatz von 31,7 Millionen Euro, 2013 waren es 32,1 Millionen und in der Bilanz 2014 stehen 29.809.601 Euro. Dazu muss man auch den Umsatz der Töchter im In- und Ausland zählen. So hat die MET Srl 2013 einen Umsatz von 4,2 Millionen und 2014 von 6,5 Millionen in ihrer eigenen Bilanz ausgewiesen.
Allein damit ist man bereits über der für die Konsolidierung vorgeschriebenen Grenze. Dazu kommen aber noch die Umsätze der anderen Tochterfirmen. Laut Presseaussendung der Brennercom hat die Gruppe 2012 37 Millionen Euro umgesetzt, 2013 rund 40 Millionen und im abgelaufenen Geschäftsjahr 41,9 Millionen.

Absurde Situation

Ferdinand Willeit, Karl Manfredi und Michl Ebner kennen die Gesetze bestens. Zudem ist der Aufsichtsrat der Brennercom mit den beiden Wirtschaftsberater Anton Pichler und Giorgia Dalprá, sowie der ehemaligen SVP-Senatorin Helga Thaler-Außerhofer so honorig besetzt, dass es zumindest den Rechnungsprüfern aufgefallen wäre, hätte die Brennercom-Führung die Konsolidierung der Bilanzen verschlafen,
Deshalb kann man davon ausgehen, dass die Brennercom-Gruppe wie vom Gesetz vorgesehen, eine solche konsolidierte Bilanz auch erstellt hat.
Das Problem aber: Man muss die Bilanz nicht nur erstellen, sondern auch im Handelsregister hinterlegen. Genau davon gibt es in der Bozner Handelskammer aber keine Spur. Die Brennercom hat bis heute noch nie eine Gruppenbilanz hinterlegt. Für die Jahre 2012, 2013 und 2014 findet man zwar die Bilanz der Muttergesellschaft, aber keinerlei konsolidierte Bilanz.

Die Brennercom hat bis heute noch nie eine Gruppenbilanz im Handelsregister hinterlegt.

Dieser Vorgang ist eindeutiger Gesetzesverstoß, der von der Handelskammer geahndet werden muss. Die Strafen für verspätete oder unterlassene Meldung sind im Handelsregister genau festgelegt:

  • vom 1. bis 30. Tag der Verspätung 10 Euro zu Lasten jedes Verwalters der Gesellschaft und der gesetzlichen Vertreter;

  • Vom 31. Tag der Verspätung 51,33 Euro zu Lasten jedes Verwalters der Gesellschaft und der gesetzlichen Vertreter.

Bedenkt man, dass man seit drei Jahren die Hinterlegung der konsolidierten Bilanz verschlafen hat, kommt da einiges an Strafgebühren zusammen.
Dass man beim Ausstellen dieser Strafen in der Handelskammer aber arg in die Bredouille kommt, liegt an einer Personalie. Präsident Michl Ebner müsste dann durch sein Handelsregister dem Brennercom-Verwaltungsrat Michl Ebner eine saftige Verwaltungsstrafe ausstellen.
Aber Gesetz ist Gesetz. Und man nimmt es ja anscheinend ganz genau.

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Martin B. Di., 04.08.2015 - 18:29

Helga Thaler-Außerhofer im Aufsichtsrat; deshalb also auch ihre Wortmeldung. Einfach toll, das alle diese ehemaligen und derzeitigen Angestellten von uns (Ebner, Willeit, Manfredi, Thaler-Außerhofer, usw.) so erpicht auf die Einhaltung des öffentlichen Interesses pochen *Sarkasmus*

Di., 04.08.2015 - 18:29 Permalink
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Willy Pöder Di., 11.08.2015 - 16:50

Ich denke, der Autor obigen Artikels sollte die Formel zwecks Berechnung der Geldstrafen klarer darlegen. Die Ausführung wie oben ist hierfür nicht ausreichend. Außerdem gibt es bei der HK Abteilungsleiter, nebst eines Generalsekretärs, die für die ordnungsgemäße Abwicklung der Agenden zuständig und hierfür auch verantwortlich sind. Wer wird die Schüssel am Ende wohl auslecken müssen, falls tatsächlich was zurechtgebogen werden muss?! Schauma amol.

Di., 11.08.2015 - 16:50 Permalink