Kultur | Festival

"Nicht alle begnügen sich mit einem Kirchtag"

"Alternative" Veranstaltungen auf dem Prüfstand. Wie steht es um das Al Plan Festival, das vom 5. bis 7. September in St. Vigil in Enneberg stattfindet?

Noch zwei Tage sind es bis zum Al Plan Folk Festival in St. Vigil in Enneberg. Bereits zum achten Mal findet die Veranstaltung heuer statt, und erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Hinter dem Festival steckt Certl Grup Atif, ein Kulturverein ohne Gewinnabsichten, der 2007 ins Leben gerufen worden ist. “Derzeit haben wir etwa dreißig Mitglieder, junge und weniger junge, die zwischen 16 und 34 Jahre alt sind”, erzählt Manuel Obwegs, den salto.bz am Telefon erreicht hat.

Null Impakt

Er selbst hat in Mailand studiert und ist dabei auf die Idee gekommen, ab 2010 das Al Plan Festival als "Zero-Impact"-Event zu organisieren. "Während dem Studium habe ich regelmäßig Radio Lifegate gehört, ein Medium des gleichnamigen Unternehmens, welches unter anderem Eventplaner in Sachen Nachhaltige Entwicklung und Umwelt berät." Eine Zusammenarbeit mit Lifegate wurde ins Leben gerufen, die durch das Festival verursachten CO2-Emissionen berechnet und Maßnahmen zu deren Verringerung ausgearbeitet. Die übrig bleibenden Emissionen werden durch die Finanzierung von Wiederaufforstungsprojekten kompensiert. “Diese Finanzierung ist als fixer Kostenpunkt für das Event eingeplant”, unterstreicht Obwegs.

Alternativ und solidarisch

Eine ungewohnte, ja sogar schon "alternative" Verwendung der Einnahmen. Ungewöhnlich auch die Veröffentlichung einer Gemeinwohlbilanz, in der transparent jegliche Tätigkeit von Certl Grup Atif angeführt wird. Daneben wird beim Festival freies Campen möglich sein, gemeinsame Anreise durch Car-Sharing und ein vielfältiges Programm geboten, das von Musik über Kunstausstellungen und einen Markt bis hin zu Unterhaltung für Kinder reicht. Ziemlich "alternativ" also. Das richtige Stichwort, um nachzufragen, wie denn in St. Vigil mit einer solchen Art von Veranstaltung umgegangen wird.

Die Aufregungen um das Miracle Hill Festival hat auch Obwegs mitbekommen: "Eine Schweinerei, wie in diesem Fall ein Event, hinter dem eine Riesen-Arbeit steckt, niedergeschmettert worden ist. Eine Delegation von uns ist extra nach Bozen gefahren, um den Jungs beim Aufbauen zu helfen. Andere sind hin, haben den Eintritt bezahlt und ein, zwei Bier getrunken. Aus Solidarität." Auf die Frage, ob es beim Al Plan Folk Festival je ähnliche Probleme gegeben hat, meint Obwegs: "Es wird uns nicht ganz leicht gemacht, aber es hat nie größere Steine gegeben, die wir hätten aus dem Weg räumen müssen. Doch halten wir zum Beispiel bis heute (3. September) keine Lizenz für das Festival in den Händen, obwohl wir sie bereits im April beantragt haben. Außerdem wollte man in letzter Sekunde noch die Straßensperre verhindern, die für das Festival notwendig ist. Wir sind daraufhin im Gemeindeausschuss vorstellig geworden und haben es geschafft, die Sperre doch noch hinzubekommen."

Angst vor Neuem? Muss nicht sein!

Während der gesamten Planungs- und Organisationsarbeit wird vonseiten des Vereins auf einen diplomatischen Umgang mit den Entscheidungsträgern geachtet. "Die Kommunikation muss stimmen, dann können auch neue Lösungen gefunden werden, mit denen alle leben können", bekräftigt Obwegs. Trotzdem hat es in den letzten Jahren immer wieder negatives Feedback im Dorf gegeben, vor allem von Leuten, denen eine alternative Veranstaltung, welche viele "neue" Sachen in einem sonst eher traditionsgebundenem Dorf bietet, immer noch Angst macht. "Aber das kommt nicht nur bei uns vor. Und es ist auch verständlich: Was über jahrelange Gewohnheiten hinausgeht kann Angst machen. Und dazu führen, dass Öffnung in jeglicher Hinsicht kritisiert wird", zeigt sich Obwegs verständnisvoll, aber unbeeindruckt. "Außerdem haben wir vor allem in den letzten Jahren immer mehr positives Feedback bekommen." Alles braucht eben seine Zeit.

Die Zeit ist reif

Nun sei auch jene der jungen Festival-Organisatoren gekommen, ist sich Obwegs sicher: “Wir müssen uns zusammenschließen, vernetzen, um mehr Macht zu erhalten. Macht in dem Sinn, dass wir auf bestimmte Sachen besser reagieren können. Denn wenn jungen Menschen das Gefühl gegeben wird, nicht ernst genommen zu werden, dann führt das nur zu Hass-Reaktionen, zu Radikalisierung. Und die 'Scheiß-auf-das-System'-Haltung wird verstärkt.” Gerade deshalb sei es wichtig, junge Eventplaner zu unterstützen, von außerhalb, aber eben auch innerhalb der Szene. “Wir müssen anfangen, nachzudenken, uns zusammenzusetzen, um auch in Zukunft auf die sich stets ändernde Nachfrage nach Kulturangeboten zu reagieren.” Denn es geben sich eben nicht alle mit einem Kirchtag zufrieden - was jedoch nicht heißen soll, Kirchtage wären nicht wichtig.

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Thomas Kobler Mi., 03.09.2014 - 19:52

Lieber Manuel, wenn du das hier liest: Wir würden uns freuen wenn ihr in Zukunft auch an den Treffen der Festivalorganisatoren teilnehmen würdet (falls ihr das nicht schon einmal getan habt). Das nächste Treffen findet Anfang Oktober statt. Einfach eine Email an Reinhold Giovanett vom Headliner in der TZ schreiben und vorbeikommen. Lg

Mi., 03.09.2014 - 19:52 Permalink