Gläserner Kompass

“Transparenz darf nicht nur als Fassade dienen, sondern muss selbstverständlich sein.” Dieser Satz stammt vom Generaldirektor des Südtiroler Sanitäsbetriebs Thomas Schael. Gesagt hat er ihn anlässlich des “Tags der Transparenz”, der am Montag im Bozner Krankenhaus begangen wurde. So selbstverständlich wie für Schael scheint die Veröffentlichung der Daten nicht für jedermann zu sein. Die nationale Antikorruptionsbehörde schreibt im Gesetzesdekret 33/2013 vor, dass sämtliche öffentliche Körperschaften die Daten zur Transparenz online offenlegen müssen. Im Internet hat die italienische Regierung eine eigene Homepage eingerichtet, in der in Echtzeit die Transparenz der einzelnen Körperschaften in den jeweiligen Regionen und Provinzen ermittelt werden kann. Ein Blick auf den “Transparenz-Kompass” und einige Klicks später stellt sich heraus: Trentino-Südtirol gehört zu den fleißigsten Regionen Italiens. Knapp 89 Prozent der öffentlichen Körperschaften – in Zahlen: 296 von 334 – haben auf ihren Websites eine Sektion zur “Transparenten Verwaltung” eingerichtet.
Es lohnt sich allerdings, genauer hinzusehen. Denn nicht alle Daten, die die Antikorruptionsbehörde verlangt, werden im Abschnitt “Transparente Verwaltung” auch veröffentlicht. In dieser müssten für alle Bürger einsehbar unter anderem Daten zu Organisation, Personal, Ausschreibungen und Verträge, Bilanzen und vieles mehr veröffentlicht werden. Um einige Beispiele zu nennen: Die Gemeinde Brixen erfüllt keinen einzigen der 66 Transparenz-Indikatoren, die Flughafengesellschaft ABD gerade mal einen von 67. Nicht viel besser sieht die Situation bei der Brennerautobahngesellschaft A22 aus – ein “ungenügend” stellt der “Transparenz-Kompass” in 65 von 67 Indikatoren aus. Etwas besser steht die SEL AG da: Zehn Indikatoren stehen auf grün, ebenso wie die Südtiroler Transport AG STA. Ecocenter – jene Gesellschaft, die den Müllverbrennungsofen in Bozen führt, scheint in Sachen Transparenz offensichtlich nachgebessert zu haben. Waren vergangene Woche noch alle 67 Indikatoren negativ, so sieht die Situation Anfang des neuen Monats etwas besser aus: 16 Mal ziert ein lachendes Gesicht die Indikatoren-Liste.
Im Vergleich: Links die Transparenz-Performance der Provinz Bozen, rechts jene der SEL AG. Für beide stehen jeweils insgesamt 67 Indikatoren zur Verfügung. Letzte Bestandsaufnahme: 1. November 2015 um 00.06 Uhr.
Um einiges besser stehen etwa die Bezirksgemeinschaften des Landes da. So erreichen sowohl die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt als auch jene des Pustertals jeweils die volle Punktzahl in Sachen Transparenz. Auch die Gemeinden Bozen, Meran und Leifers sind mit 66, 66 beziehungweise 63 von 66 positiven Indikatoren soweit in Ordnung. Weiters glänzen die Provinz Bozen selbst, die Handelskammer und die Freie Universität Bozen. Sie erreichen in allen Bereichen ein zufriedenstellendes Ergebnis. Und schließlich muss sich auch der Südtiroler Sanitätsbetrieb nicht verstecken. Für ihn werde 68 Indikatoren angeführt, bei 67 erhält er einen positiven Bescheid von der Antikorruptionsbehörde. Thomas Schael dürfte es freuen, denn er ist überzeugt: “Auch wenn das Gebot der Offenheit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern öfters mit den gesetzlichen Privacy-Bestimmungen kollidiert, darf das auf keinen Fall als Alibi dienen, die Pflicht zu einer transparenten Verwaltung außer Acht zu lassen. Wir als Verwalter sind verpflichtet, den steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürger soviel Information wie möglich zur Verfügung zu stellen.“