Politik | Landtag

Entwurf nimmt Gestalt an

60 Artikel umfasst der Entwurf für das neue Vergabegesetz. Die ersten 15 wurden nach Generaldebatte und Tagesordnungen nun genehmigt.

“Dieses Gesetz ist wichtig für unser Land, nicht nur die Wirtschaft wartet drauf.” Mit diesen Worten eröffnete Landeshauptmann Arno Kompatscher die Generaldebatte im Landtag zum Gesetzentwurf zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Fast eineinhalb Jahre hat die Landesregierung an dem 60 Artikel umfassenden Entwurf gebastelt. Dass man damit nicht alle zufrieden stellen würde, war wahrscheinlich von vornherein klar. Mehr als 40 Treffen mit den Sozialpartnern gab es vor der Behandlung im Landtag. Während sich die Wirtschaftstreibenden der Provinz durchaus zufrieden zeigten, meldeten etwa die Gewerkschaften bis zuletzt Kritik am Gesetzentwurf an. “In Sachen Sozialstandards bleibt dieser eindeutig hinter der nationalen Vorgabe zurück”, warfen die Gewerkschaftsvertreter noch vor einigen Tagen ein.

SVP-Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler griff diese Bedenken während der Generaldebatte auf: “Ich bedauere, dass den Vorschlägen der Gewerkschaften zu wenig Rechnung getragen wurde und hoffe, dass dies noch nachgeholt wird.” Die restlichen SVP-Abgeordneten zeigten sich indes durchaus zufrieden mit dem neuen Vergabe-Gesetz. “Ein riesiger Schritt zur Stärkung der heimischen Wirtschaft, ein wohltuender Paradigmenwechsel”, meinte etwa Josef Noggler. “Nun wird möglich, was bisher als unmöglich bezeichnet wurde: den Schutz kleiner Kreisläufe”, freute sich Maria Hochgruber Kuenzer. “Der Entwurf ist gut vorbereitet. Aber es ist zu hoffen, dass er rechtlich hält”, gab hingegen Oswald Schiefer zu bedenken. Dass Rekurse zu erwarten seien, davon ging auch Dieter Steger aus.

Durch die Neuregelung der Vergabe öffentlicher Aufträge sollen insbesondere heimische Betriebe, darunter auch Klein- und Mittelunternehmen die Chance bekommen, an diesen teilzunehmen – ohne jedoch “ungerechtfertigte Vorzugsschienen” zu schaffen, wie Steger betonte. Darüber hinaus soll es weniger Bürokratie und dadurch schnellere Verfahren sowie eine Abkehr von reinen Preis-Entscheidungen hin zu mehr Berücksichtigung von Qualitätskriterien mit sich bringen. Bei den Dienstleistungen, wozu auch der soziale Bereich gehört, will Landeshauptmann Kompatscher einen Spielraum nutzen: Künftig soll vorab geprüft werden müssen, ob eine Ausschreibung nötig sei. Um die Kontinuität zu gewährleisten sei in bestimmten Fällen auch die Direktvergabe möglich.

Der Landeshauptmann zeigt sich insgesamt optimistisch: “Einige sehen in diesem Entwurf zu wenig Spielraum, andere zu viel und befürchten, dass das Gesetz nicht Bestand haben wird. Aber ich bin da zuversichtlich”, gestand Kompatscher, “da der Entwurf mit Brüssel und Rom besprochen wurde”. Denn Südtirol hat für die Vergaberegeln eigentlich keine Zuständigkeit. Doch hat Rom im einschlägigen Delegierungsgesetz eine Ausnahmeklausel erlaubt und somit die Anpassung des aus dem Jahr 2009 stammende Vergabegesetz an die EU-Richtlinien durch den Landtag ermöglicht.

Zu jenen, denen der Landeshauptmann unterstellt, im neuen Gesetz “zu viel Spielraum” zu sehen, zählt Hans Heiss von den Grünen. Er mahnte unter anderem an, dass unterhalb einer gewissen Schwelle den Auftraggebern “weitgehend freie Hand” gegeben werde, zum Beispiel durch die Aufteilung in Baulose. Weiters bemängelte er die “zu geringe Transparenz” und ebenso wie die Gewerkschaften die “Marginalität der sozialen Kriterien”. Ebenso wie Hans Heiss hatte auch Paul Köllensperger im Vorfeld einen Minderheitenbericht zum Gesetzentwurf eingereicht. Darin schreibt der 5-Sterne-Abgeordnete unter anderem: “In Sachen Nachhaltigkeit und soziale Kriterien könnte man durchaus etwas mehr wagen.” Die entsprechende Tagesordnung, die Köllensperger präsentierte, wurde ohne Gegenstimme angenommen. Auch eine Tagesordnung von Josef Noggler zu Großprojekten (“Großprojekte sind ein Eingriff in die Landschaft, daher sollte das Land die Möglichkeit haben, diese an die lokalen Bedürfnisse anzupassen”) wurde einstimmig angenommen, gleich wie eine von Andreas Pöder (Bürgerunion), in der er eine größere Berücksichtigung von jungen Unternehmen und Start-Ups bei der Vergabe forderte.

Nach Abhandlung der Tagesordnungen ging der Landtag schließlich zur Artikeldebatte über. Bis zur Schließung der Donnerstags-Sitzung wurden die ersten 15 Artikel – davon 14 unverändert – genehmigt. Die Debatte wird am morgigen Freitag, 4. Dezember, ab 10 Uhr fortgesetzt und kann im Live-Stream des Landtags mitverfolgt werden.