Politik | Klimapolitik

Mehr Schub bei Heizungswende angesagt

Wegen unklarer rechtlicher Rahmenbedingungen und zu geringer Fördermittel kommt die Heizungsumrüstung in Italien nicht in die Gänge.Gibt es Lösungen bei unseren Nachbarn?
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  • Wirksamer Klimaschutz – sofern politisch gewollt – misst man an der erfolgten CO2-Emissionsminderung. Wenn diese Kontrollleuchte nicht grün blinkt, müssten Klimapläne wie Maßnahmen auf den Prüfstand. Zu den CO2-Emissionsquellen, wo sich derzeit wenig bewegt, gehört die Gebäudeheizung, die in Südtirol wie in ganz Italien rund 17% der gesamten Treibhausgase verursacht. Der Klimaplan 2040 (S. 51, Nr.3) sieht vor, dass die Emissionen aus der Heizung bis 2030 um -60% und bis 2037 um -85% sinken, bevor 2040 Null-Emissionen erreicht werden. Im Klartext: in 15 Jahren ab heute muss in Südtirol ein klimaneutraler Gebäudebestand hergestellt werden. Eine Mammutaufgabe. Allein die fossilen Heizungen auszutauschen reicht nicht, weil die Gebäudeeffizienz beim größeren Teil des Altbaubestands mangelhaft ist. Die Mehrheit der 292.000 Wohnungen in rund 95.000 Gebäuden sind noch nicht saniert und mindestens 70.000 Wohneinheiten werden noch fossil beheizt.

    Nun ist die Heizungswende ein relativ heißes Eisen, soll ein träges System umrüsten, das in Italien Millionen und in Südtirol Zehntausende von Haushalten betrifft. Der gesamte Superbonus 110% hat in 4 Jahren zur Sanierung von nur 500.000 Wohnungen geführt bei gewaltigen staatlichen Subventionen, die den Geringverdienenden am wenigsten gebracht haben, jetzt stark zurückgefahren werden. Wie in Südtirol gehört auch in Italien die Mehrheit der Gebäude zu den unteren Kategorien E, F und G. 

    Nun hat die EU den rechtlichen Rahmen für die Gebäudeeffizienz und Emissionsminderung im Bereich Wohnen schon 2024 gesetzt. Die EU-Richtlinie 2024/1275, ein komplexes Regelwerk, weist den Weg zu einem fossilfreien und energieeffizienten Gebäudebestand in der EU. Sie entspricht auch dem Grundinteresse der Mitgliedsländer, die Öl- und Gasimporte zu senken, die Energieabhängigkeit von außen zu reduzieren. Südtirol hat diese Richtlinie mit dem DLH Nr. 6 vom 18.3.2025 übernommen, doch die hiesigen Gasinfrastrukturbetreiber SELGAS und Südtirolgas, getragen von den Gemeinden haben diesen Anlauf blockiert. Macht das Land Ernst mit dem Ausstieg aus der fossilen Beheizung, wird dies von anderen öffentlichen Körperschaften sabotiert, die um ihr Gasgeschäft fürchten. Ein ähnlicher Rekurs ist auch gegen die Stadt Mailand angestrengt worden. Erfolgschancen haben diese Rekurse, weil der Staat in der Anwendung der EU-Richtlinie 2024/1275 säumig ist.

    Eine staatliche Gesamtregelung für die Heizungswende steht demnach noch aus, ist aber überfällig, wenn Italien bei seinen Verpflichtungen zur CO2-Minderung in die Gänge kommen will. Dies wirkt sich negativ auf die Planungssicherheit aus, denn es gibt in Italien noch keinen klaren Zeithorizont, wie lange fossile Heizungen noch eingebaut und wie lange sie betrieben werden dürfen. In Italien soll erst 2040 ein Einbauverbot von Gasheizungen kommen, was die Klimaneutralität 2050 untergräbt, weil solche Heizungen mindestens 20 Jahre halten. Und Südtirol kann den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen nicht autonom dekretieren. Zwar sieht der Klimaplan 2040 vor, dass schon ab 2024 keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden sollen, durchsetzen kann er es nicht. So werden jährlich fast 1000 alte Gasheizungen mit neuen ersetzt, die weit über 2040 hinaus in Betrieb bleiben werden. 

    In Deutschland sind mit dem Gebäudeenergiegesetz neben der 65%-Vorgabe auch klare Fristen für den Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen eingeführt worden. Bei Bestandsbauten und Neubauten in Baulücken muss erst ab 30.6.2026 (große Kommunen) und ab 30.6.208 (kleine Kommunen) die 65%-Vorgabe befolgt werden. Diese sieht die Pflicht vor, mindestens 65% der Heizleistung mit erneuerbarer Energie zu erbringen. Interessant: in Südtirol wäre mit dem DLH Nr.6/2025 nur eine 30%-Vorgabe für Erneuerbare Heizenergie eingeführt worden. Dennoch hat die Erdgaslobby gegen dieses Dekret geklagt.

    In Südtirol setzt man derzeit vor allem auf finanzielle Anreize: der Einbau von fossilfreien Heizungen, vor allem Wärmepumpen, wird seit 2025 noch stärker gefördert (bis zu 80% der anerkannten Kosten), vor allem in Kombination mit Wärmedämmung und PV-Installation. Doch werden damit auch Geringverdienende erreicht, die im Altbau mit schlechter Energieeffizienz wohnen? Wie wird dieser Ansatz von Mehrfamilienhäusern mit komplexer Interessenlage angenommen? Wäre nicht ein Zusatzprogramm wie das österreichische “Sauberes Heizen für alle“ angesagt? In Österreich erhalten Geringverdienende beim bloßen Heizkesseltausch einen hohen Anteil der Kosten ersetzt, wie z.B. in Wien 35% der anerkannten Kosten mit maximal 15.000 Euro als förderbare Kosten. Allein für 2026 erwartet man sich dort den Austausch von 30.000 alten Öl- und Heizkesseln. Eine solche Regelung könnte in Südtirol für mehr Schwung bei der Heizungsumrüstung sorgen, denn derzeit bleibt sogar ein Teil der Wohnungseigentümer (in Gebäuden mit weniger als 5 Wohneinheiten) von der Förderung ausgeschlossen. Die Förderung ist bei uns im Unterschied zu Österreich immer an die Erreichung eines hohen Dämmstandards geknüpft.

    Fazit: die unvermeidliche, aber finanziell anspruchsvolle Heizungswende hat das Potenzial für viel sozialen Zündstoff. Dies hat man in Deutschland mit dem Heizungsgesetz der damaligen Ampelkoalition von 2024 deutlich erfahren müssen. Dieses inhaltlich gute, aber in der Vermittlung gescheiterte Gesetz will die neue Koalition nun rückabwickeln. Aber Untätigkeit wie in Italien ist auch keine Lösung. Die Erfahrung der Nachbarländer lehrt, dass nur eine optimale Kombination aller drei Schlüsselelemente die Wärmewende befördert und für einen sozial gerechten Übergang sorgt, der Geringverdienende im Altbaubestand nicht überfordert: eine klare Regelung der Auslauffristen der ineffizienten fossilen Heizungen, um für Planungssicherheit bei allen Beteiligten zu sorgen; eine breite und langfristig angelegte Information und Begleitung der betroffenen Wohnungseigentümer und eine finanziell treffgenaue, langfristig gültige finanzielle Förderung.