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Wirtschaftsanalyse und -Entwicklung

Heute veröffentlichte die Handelskammer Bozen das WIFO-Wirtschaftsbarometer Frühjahr 2024. Ergebnis: Positive Ertragslage, Beschäftigungszunahme und steigendes BIP.
Wirtschaft Südtirol
Foto: Seehauserfoto
  • Wie die Handelskammer erklärt, hätten bei der Frühjahresumfrage des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung 91 Prozent der Unternehmen die Ertragslage im Jahr 2023 positiv bewertet. 93 Prozent hätten zuversichtliche Erwartungen für 2024 geäußert. Jedoch würden sich die im letzten Herbst aufgetretenen Anzeichen einer Abschwächung der Investitions- und Umsatzdynamik bestätigen. Das WIFO schätzt, dass das Südtiroler BIP heuer um 0,8 Prozent wachsen wird.

  • Rekord: Der Anteil der Unternehmer mit positiven Einschätzungen soll 2024 den höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre erreichen. Foto: WIFO - Wirtschaftsbarometer
  • Gute Ertragslage, Umsatz und Investitionen stagnieren

    Die Einschätzungen der Südtiroler Unternehmen zur Rentabilität im Jahr 2023 seien sehr positiv, so die Handelskammer: 91 Prozent der Befragten würden sich mit dem erzielten Betriebsergebnis zufrieden zeigen. Das Umsatzwachstum, das vor allem von den größeren Unternehmen getragen worden sei, habe sich jedoch allmählich abgeschwächt und sei hauptsächlich auf die Inflation zurückzuführen gewesen. Die Investitionstätigkeit sei durch die hohen Zinssätze gebremst worden, während die Kostendynamik im Vergleich zu den starken Anstiegen der letzten Jahre leicht gedämpft worden sei, vor allem bei der Energie. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes sei weiterhin positiv gewesen: 2023 habe es in Südtirol durchschnittlich 226.400 unselbständig Beschäftigte gegeben. Dies sei eine Zunahme von 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

    Für 2024 würden die befragten Unternehmer und Unternehmerinnen erwarten, dass der Druck auf die Produktionskosten weiter nachlassen wird, während die Verkaufspreise noch steigen werden. Dies werde den meisten Unternehmen ermöglichen, eine angemessene Rentabilität zu erzielen. Allerdings gingen die Südtiroler Unternehmen von einer Reduzierung der Investitionen aus, insbesondere in Maschinen und Fahrzeuge. Die Erwartungen zur Umsatzentwicklung seien in den einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich. Am größten sei der Optimismus im Dienstleistungssektor und im Großhandel, wo viele Unternehmen auch zusätzliches Personal anstellen wollen würden. Im Baugewerbe, im Transportsektor und in der Branche des Handels und der Reparatur von Kraftfahrzeugen hingegen rechne man mit einem Rückgang des Geschäftsvolumens.

  • 2024: Landwirtschaftliche Genossenschaften verzeichnen positive Ertragserwartungen von 100 Prozent. Foto: WIFO - Wirtschaftsbarometer
  • Europäische Konjunktur: Wachstumsprognosen nach unten revidiert

    Global gesehen sei 2023 ein Jahr des soliden Wachstums gewesen. Die chinesische Wirtschaft habe das von der Regierung angestrebte Wachstum von 5 Prozent übertroffen, während die Vereinigten Staaten dank der guten Konsumausgaben einen unerwartet hohen Anstieg des BIP von 2,5 Prozent verzeichnet hätten. Im Gegensatz dazu habe sich die Wirtschaft der Eurozone im letzten Quartal des Jahres verlangsamt, was auf die Auswirkungen der straffen Geldpolitik auf die Binnennachfrage und die Verlangsamung der Industrieproduktion zurückzuführen sei. Hinzu kämen die negativen Effekte auf die Transportkosten der Spannungen um den Suezkanal. Die Europäische Kommission habe ihre Wachstumsschätzungen für die Eurozone seit letztem Herbst nach unten korrigiert und rechne derzeit mit einem BIP-Anstieg von 0,5 Prozent im Jahr 2023 und von 0,8 Prozent im Jahr 2024. Die Inflation werde sich voraussichtlich von 5,4 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,7 Prozent im Jahr 2024 und 2,2 Prozent im Jahr 2025 abschwächen. Betrachte man die einzelnen Mitgliedsländer, so bleibe die Konjunktur vor allem in Deutschland besonders schwach, wo das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr voraussichtlich nur um 0,3 Prozent wachsen werde.

    Italien sei 2023 um 0,6 Prozent gewachsen. Für 2024 prognostiziere die Europäische Kommission eine etwas höhere Zunahme von 0,7 Prozent. Der Rückgang der Inflation sei stärker als im restlichen Europa gewesen. Die Preise würden heuer voraussichtlich um nur etwa zwei Prozent steigen. Der Arbeitsmarkt habe seine Expansionsphase fortgesetzt. Die Beschäftigungsquote habe im Dezember 61,9 Prozent erreicht, während die Arbeitslosenquote auf 7,2 Prozent gesunken sei.

  • Südtirols Bruttoinlandsprodukt 2024

    Obwohl die Wachstumsprognosen europaweit nach unten revidiert worden seien, herrsche bei den Südtiroler Unternehmen und Konsumenten weiterhin eine gute Stimmung. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibe positiv, ebenso wie die Entwicklung der touristischen Nächtigungen. Allerdings sei in einigen Branchen eine Abschwächung der Umsatzdynamik zu verzeichnen. Diese sei unter anderem auf die Verlangsamung der Investitionen aufgrund der hohen Finanzierungskosten und auf den Kaufkraftverlust der Haushalte infolge der Inflation zurückzuführen. Das WIFO bestätigt seine Prognose eines Anstiegs des Südtiroler BIP um 0,8 Prozent für das Jahr 2024.

     

    „Das Geschäftsklima in der Südtiroler Wirtschaft ist nach wie vor positiv.“

     

    Der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner, weist auf die Problematik des Arbeitskräftemangels hin: „Das Geschäftsklima in der Südtiroler Wirtschaft ist nach wie vor positiv, viele Branchen melden aber einen Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden. Die Handelskammer engagiert sich mit zahlreichen Initiativen, um dieses Problem zu lindern, nicht zuletzt mit der Einrichtung der Anlaufstelle Work in Südtirol. Diese bietet Informationen und Beratung für Menschen, die zum Arbeiten nach Südtirol ziehen wollen.“

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Profil für Benutzer Herta Abram
Herta Abram Do., 07.03.2024 - 07:53

Suffizienz als Nachhaltigkeitsstrategie und warum es wichtig ist, den nicht gewinnorientierten Zweig der Wirtschaft zu fördern!
Stellen Sie sich ab und zu diese Frage, Herr Ebner?
Auf einem endlichen Planeten und sogar in Südtirol, ist aber unendliches Wachstum nicht möglich, und auch nicht unendlich steigender Konsum. Eine nachhaltige Entwicklung und Wirtschaft ohne Suffizienz – auf Deutsch: "Genügsamkeit" – wird es nicht geben.
Suffizienz müsste in BIP mitberechnet sein!

Do., 07.03.2024 - 07:53 Permalink