Gesellschaft | Flüchtlinge

Fragen eines Neunjährigen

Über Fragen und die Unzulänglichkeit von Antworten.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Wenn sie nicht mit vorschnellen Antworten abgefertigt werden, erschließen sich Kinder fragend die Welt. Und halten uns, wenn wir es denn aushalten, auf diese Weise einen Spiegel vor.

Eine solche Frage kann zum Beispiel jene sein, wo man einkauft. Im Bioladen oder im Supermarkt? Eigentlich keine besonders schwierige Frage. Bei manchen lautet die Antwort Bioladen, bei anderen Supermarkt oder Dorfladen, bei anderen sowohl als auch. Mit ihr einhergehen kann ein Gespräch über den Grund für eine dieser Optionen, über ökologische Lebensweisen, über Kosten für Lebensmittel, über die Sinnhaftigkeit nahräumliche Versorgungsstrukturen zu unterstützen. Das geht auch mit Kindern.

Die Frage bekommt allerdings eine ganz eigene, neue Bedeutung und stellt diejenigen, die damit konfrontiert werden, vor andere Herausforderungen, wenn es darum geht, wo nun Cracker, Thunfisch, Milch und Mineralwasser in Plastikflaschen gekauft werden sollen. Cracker, Thunfisch, Milch und Mineralwasser in Plastikflaschen, die zum Volontarius-Camper vor dem Bozner Bahnhof gebracht werden sollen.

Mein Sohn hat mir gestern diese Frage gestellt und sie hat mich beschämt. Ich habe gar nicht daran gedacht, den Einkauf im Bioladen zu machen, obwohl wir den Großteil unserer Lebensmittel dort kaufen. Und mein Verweis darauf, dass Sonntag und der Bioladen sowieso zu ist, war eine Ausrede und keine Antwort auf die dahinter liegende Frage. Nämlich jene, ob Flüchtlinge gleich viel wert sind wie wir. Ob sie das Recht haben, dasselbe zu erhalten, dasselbe zu essen wie wir. Ob wir das, was wir für uns tun, bereit sind, auch für andere zu tun.

Auf diese Fragen können wir, kann ich, eine schier unendliche Reihe von mehr oder weniger verkopften Antworten geben. Ich kann rationalisieren, differenzieren, alles in einen realistischen Kontext setzen. Es gibt durchaus ehrliche, auch menschenfreundliche Antworten darauf, warum ich Cracker im Supermarkt kaufe und das Mineralwasser in Plastikflaschen sowieso, weil das gibt’s im Bioladen gar nicht.

Aber die Frage bleibt.