Unruhe und Zwistigkeiten gehören offenbar zur Fünf-Sterne-Bewegung. Der Zustand im Movimento 5 stelle lässt sich mit dem Begriff fibrillazione permanente anschaulich beschreiben.
Ursprünglich hatten die Grillini ihren Parteitag auf 15. März festgelegt. Der trägt in der Bewegung den etwas hochtrabenden Namen Stati Generali und sollte vor allem dazu dienen, endlich einen Nachfolger für den im Jänner zurückgetretenen Vorsitzenden Luigi De Maio zu wählen, der seither von Vito Crimi ersetzt wird - dem Ältesten im comitato dei garanti. Kaum eine Woche, in der sich nicht ein neuer Kandidat in Stellung bringt – oder ein uralter – wie Gründer Beppe Grillo, der mit einer entsprechenden Bemerkung Staub aufwirbelte: "E se come capo politico tornassi io?"
Mit seiner potentiellen Rückkehr an die Spitze der Bewegung, von der niemand genau wusste, ob sie als ernste Absicht oder als Clownerie des Komikers zu verstehen war, stach Grillo buchstäblich in ein Wespennest. Der zurückgetretene M5S-Chef Luigi Di Maio schildert die Lage nicht gerade optimistisch: "Se votassimo ora un nuovo capo durerebbe pochi mesi."
Noch ist der Kampf um die Nachfolge Di Maios nicht voll entbrannt – denn jeder, der sich jetzt offiziell in den Ring wagt, muss fürchten, verheizt zu werden. Das hat der als farblos geltende Interims-Chef Vito Crimi bereits zu spüren bekommen. Bei der hitzigen Parlamentsdebatte über die Legalisierung ausländischer Landarbeiter hat sich die Bewegung in ein linkes und rechtes Lager gespalten. Zum linken gehören Roberto Fico, Riccardo Fraccaro und Alfonso Bonafede, zum rechten Laura Castelli und Carlo Sibilia.
Davide Casaleggio und seiner Piattaforma Rousseau schlagen immer grössere Abneigung entgegen. In diesem Klima zögern etliche, sich um den Vorsitz zu bewerben. Einer der Anwärter ist der selbstgefällige Abgeordnete Alessandro Di Battista, der als einer der Favoriten für das Amt des Vorsitzenden gilt – zumindest, wenn jetzt gewählt würde. Davon aber kann keine Rede sein, denn die abgesagten Stati Generali dürften frühestens im Oktober stattfinden. Auf jeden Fall erst nach den auf 20. September verschobenen Regional- und Gemeindewahlen, bei denen den Grillini vermutlich eine weitere Niederlage ins (zerstrittene) Haus steht. Zu den weiblichen Bewerberinnen um den M5S-Vorsitz zählt die Vizepräsidentin des Senats Paola Taverna – eine grillina della prima ora. Turins Bürgermeisterin Chiara Appendino tritt für eine Öffnung zu anderen politischen Kräften ein: "È stato giusto creare il governo con il PD, però non è detto che l'alleanza si debba fare anche nelle città."
Eine weitere Gruppe Parlamentarier plädiert dafür, die Bewegung in eine Partei umzuwandeln – mit entsprechenden Strukturen: Sekretariat, Schatzmeister, bezahltem Dienstpersonal und transparenter Finanzgebarung. Der Vorschlag verfolgt auch eine zweite Absicht: Casaleggios Associazione Rousseau, jene Plattform, auf der über die Kandidaten abgestimmt wird, wäre damit überflüssig. Das hat allerdings einen Haken: Sie ist im Statut der Bewegung vorgesehen. Am Donnerstag platzte im M5S überraschend eine neue Bombe: Die drei Europarlamentarier Ignazio Corrao, Piernicola Piedicini und Rosa D'Amato wurden vom Schiedsgericht aus der Bewegung ausgeschlossen, weil sie nicht vorschriftsmässig abgestimmt hatten. Der Entschluss dürfte für neue, heftige Polemiken sorgen. In der römischen Kammer hat indessen mit Nicola Acunzo ein weiterer Abgeordneter die M5S-Fraktion verlassen. Damit hat die Bewegung bisher 32 Parlamentarier durch Ausschluss oder Austritt verloren.