Gesellschaft | Rio 2016

Thalfahrt nach Rio

Am morgigen Freitag werden die olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro eröffnet. Peter Thalmann ist für Rai Südtirol als Olympia-Korrespondent live vor Ort.

salto.bz: Herr Thalmann, Sie sind für Rai Südtirol bei den olympischen Sommerspielen in Rio dabei. Gerade sind die Vorbereitungen in vollem Gange und alles wartet gespannt auf den Beginn dieser Olympiade. Wie ist zurzeit die Stimmung im Gastgeberland?
Peter Thalmann: Die Brasilianer sind noch etwas skeptisch, man sieht zwar immer wieder Personen mit T-Shirts mit den olympischen Ringen oder mit Flaggen, der olympische Funke ist aber noch nicht so ganz übergesprungen. Dies ist unter anderem auch am Beispiel der brasilianischen Liga, der Série A, ersichtlich. Diese wird unbeirrt vom sportlichen Großereignis in Rio weiterhin ausgetragen. Einzig die Mannschaften aus der Olympiastadt werden während dem Turnier auswärts spielen.

Und wie schaut es in politischer Hinsicht aus?
Was einem bei einem Spaziergang durch die Stadt als erstes auffällt, ist die Anzahl der Sicherheitskräfte. Ungefähr 85.000 bewaffnete Ordnungshüter prägen das Stadtbild, das sind fast doppelt so viele wie noch bei den olympischen Spielen 2012 in London. Die brasilianischen Kollegen haben mir erzählt, dass die Stadt Rio eigentlich pleite ist. Die Regierung sei mit Geldern aus dem Katastrophenschutz eingesprungen, um die Spiele doch noch zu ermöglichen. Was dann nach den zwei Wochen passieren wird, weiß keiner.

Folglich verlief auch hier nicht alles nach Plan. Gibt es denn Neuigkeiten beim anderen großen Sorgenkind, dem olympischen Dorf?
Vom olympischen Dorf sind nicht mehr viele Neuigkeiten durchgesickert. Die Baufirma hatte nach Fertigstellung alles „Bewegliche“, wie zum Beispiel Spiegel, einfach mitgenommen. Das italienische Team hat sich dann beispielsweise selber die Glühbirnen gekauft und montiert. Auch die Quartiere selbst sind sehr spartanisch eingerichtet, die Sportler nehmen es aber sportlich.

Teambesprechung mit den Rai-Kollegen: Peter Thalmann schickt über seinen Twitteraccount Eindrücke aus Rio de Janeiro.

Sind die Südtiroler Athleten denn bereits eingetroffen?
Andreas Seppi und Karin Knapp sind am Dienstag um 5 Uhr gelandet und haben gleich danach schon eine leichte Trainingseinheit absolviert. Simone Giannelli hat sogar schon ein Testmatch bestritten. Tania Cagnotto und Maicol Verzotto hatten am Sonntag frei, haben dann aber am Montag wieder normal weiter trainiert. Eva Lechner wird nach einem Zwischenstopp in Kanada am 8. August eintreffen. Einzig von Petra Zublasing habe ich noch nicht viel gehört, sie wird jedoch auch bald anreisen, zumal sie ja schon gleich zu Beginn den ersten Wettkampf bestreiten wird.

Ein Südtiroler, nämlich Alex Schwazer, stand in den vergangenen Wochen und Monaten aufgrund eines zweiten positiven Dopingtests besonders im Mittelpunkt. Wie ist die derzeitige Lage um den 31-jährigen Geher?
Alex Schwazer wird bei seinem Vorhaben bleiben. Er wird die Reise nach Rio antreten und am 8. August der Entscheidung des internationalen Sportgerichts TAS/CAS beiwohnen. Mit ihm mitreisen werden neben Trainer Sandro Donati auch seine beiden Anwälte Gerhard Brandstätter und Thomas Tiefenbrunner. Schwazer und Co. hoffen, die Unschuld des Gehers beweisen und dem Geher doch noch den Start bei dieser Olympiade ermöglichen zu können.

Wie wird, oder wird der „Fall Schwazer“ in der internationalen Presse überhaupt thematisiert?
Das Thema „Alex Schwazer“ wird in der internationalen Presse momentan nirgends erwähnt. Bezüglich Doping liegt das Hauptaugenmerk nämlich gerade zu sehr auf den russischen Athleten.

Zu guter Letzt, wie schaut Ihr Arbeitstag in Rio aus? Welche Reisevorkehrungen mussten Sie auch hinsichtlich des Zika-Virus treffen?
Wir sind in einem Hotel in der Nähe der Copacabana untergebracht. Bis zum Pressezentrum ist man dann nur eine Stunde mit dem Bus unterwegs. Wir haben uns mit den italienischen Kollegen schon einen Sendeplatz gemietet, der „olympische“ Alltag ist aber noch nicht eingetreten. Im Moment werden Leitungen und Verbindungen getestet, um sicherzugehen, dass dann alles glatt läuft. Etwas gewöhnungsbedürftig war am Anfang der Zeitunterschied. Da Rio fünf Stunden „nachhinkt“, sehe ich die Tagesschau am Nachmittag um 15 Uhr (lacht). Ansonsten verlief alles recht reibungslos. Das Zika-Virus wird in Europa viel mehr thematisiert als hier in Brasilien, trotzdem wird einem ein Mückenspray sehr ans Herz gelegt.