Gesellschaft | Altersarmut

Einfach zum Schämen

Ein „Renten-Komitee Südtirol“ fährt in einem offenen Brief an den Landeshauptmann schweres Geschütz auf und fordert „Südtirolers Rentner zuerst“.
Rentner
Foto: upi
Der offene Brief geht an Landeshauptmann Arno Kompatscher und stammt vom „Renten-Komitee Südtirol“. In dem Schreiben mit dem Titel „Unsere Rentner zuerst!“ heißt es:
 
„Wir vom Renten-Komitee Südtirol klagen an.
Zahlreiche Rentnerinnen und Rentner in Südtirol sind unverschuldet durch den Euro, Inflation und stehengebliebenen Renten in die Altersarmut geraten. Sie werden von der SVP-Regierungspartei einfach im Stich gelassen. Statt die Altersarmut zu bekämpfen, wird einfach nur weggeschaut.
Denn wer über 40 Jahre gearbeitet, Steuern und in die Rentenkasse eingezahlt hat, darf im Alter nicht als Bittsteller vor dem Sozialamt stehn.
Über 30.000 Rentner/innen in Südtirol beziehen eine Rente die weit unter 1000 Euro liegen. Besonders betroffen sind die, die noch eine Wohnungsmiete samt Kondominiumspesen, Strom, Gas, Müll, Telefon und Fernsehgebühren zu bezahlen haben. Denen bleibt gerade samt Mietbeitrag nachweislich, gar nichts mehr übrig zum Leben.
Das kann und darf man so nicht stehen lassen.“
 
Unterzeichnet ist der offene Brief von Meinhard Knollseisen. Der 71jährige Bozner Politaktivist hat mehrmals eine politische Karriere versucht. Bei den Gemeinderatswahlen 2015 trat Knollseisen für „Luigi Spagnollis“ Bürgerliste an und erhielt 11 Stimmen. Ein Jahr später geht er bei den Bozner Stadtviertelwahlen für das „Team Artioli“ im Stadtviertel „Zentrum, Rentsch, Bozner Boden“ ins Rennen. Das Ergebnis: 7 Vorzugsstimmen. Knolleisen ist auch im Komitee „Politikerrenten“, das seit Jahren versucht mit populistischen Aktionen und Parolen gegen Politikerprivilegien anzuschreien.
Jetzt scheint man eine neue Spielwiese gefunden zu haben. Den Schutz der Südtiroler Rentner.
Im offenen Brief heißt es:
 
Wir finden es unzumutbar und menschenunwürdig wie man in unseren reichen Land Südtirol solche Menschen die ihr Leben lang gearbeitet und zum Wohlstand unseres Landes beigetragen haben, so in Armut dahinvegetieren läßt und noch dazu werden sie zu Almosen Empfängern degradiert. Einfach zum Schämen !
Diese Rentner bleiben lieber in ihrer vertrauten und gewohnten Wohnung, als daß man sie in einen Monolokal einer WOBI Sozialwohnung steckt. Es muß für sie ein Altern in Würde möglich sein.  
Für Wirtschaftsmigranten und illegal Eingereiste stehen Millionen von Euro zur Verfügung.
Wir vom Renten-Komitee Südtirol fordern die Landesregierung auf, diesen Rentnern eine angemessene Höhe einer Rente zu gewährleisten, das ist man diesen Menschen mehr als schuldig, damit sie ihren verdienten Ruhestand zumindest sorglos verbringen können.
Die Renten sollen steuerfinanziert aufgestockt werden, denn wo ein Wille, findet man auch rechtlich einen Weg !“
 
Auch der Seitenhieb auf die goldenen Politikerprivilegien darf nicht fehlen:
 
Diesen Weg fanden auch damals die regierenden Politiker mit hausgemachten Regionalgesetzen und bestimmten so ihre Goldrenten.“
 
Und weil es immer einen Sündenbock braucht, müssen natürlich auch diesmal die Migranten herhalten.
 
„Für Wirtschaftsmigranten und illegal Eingereiste stehen Millionen von Euro zur Verfügung, sie beziehen aus unserem Sozialsystem reichlich Sozialbezüge und haben bei uns nie eingezahlt und gearbeitet.
Und unsere Rentner schauen durch den Rost.“

Am Ende des Briefes appellieren die Schreiber:

„Herr Landeshauptmann, wir hoffen um ein Einsehen Ihrerseits und Ihrer Regierung und bitten so schnell wie möglich, dieser fatalen Altersarmut ein Ende zu setzen.“

Billiger Populismus verpackt in einen offenen Brief.

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Profil für Benutzer Karl Gudauner
Karl Gudauner Sa., 04.08.2018 - 17:21

Für eine angemessene Einschätzung einer solchen Aktion können die Medien über die Konsistenz und die Repräsentativität des Komitees informieren und Informationen dazu liefern, welche Zuständigkeiten das Land diesbezüglich hat, was das Land bereits tut, um indirekt die BezieherInnen von (Mindest-)Renten bei der Bestreitung der Lebenshaltungskosten zu unterstützen bzw. darauf hinweisen, wie die Entwicklungen in Sachen Rentenpolitik auf gesamtstaatlicher Ebene aussehen (z. B. zum Rentensystem und zur Aufstockung der Mindestrenten). Die von der derzeitigen Regierung in Rom de facto geplante Umverteilung von den Armen zu den Reichen über die Streichung von sozialen Unterstützungen und die Einführung der flat tax wären wichtige sozialpolitische Themen, die den Wolf aus den Schlagzeilen verdrängen sollten.

Sa., 04.08.2018 - 17:21 Permalink
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Salto User
Sepp.Bacher So., 05.08.2018 - 11:02

Ohne zu wissen, wer Meinhard Knollseisen.ist, hat mich sein Seitenhieb auf die Flüchtlinge gestört: "Für Wirtschaftsmigranten und illegal Eingereiste stehen Millionen von Euro zur Verfügung", Einerseits stimmt das nicht, denn nur Menschen, die Asyl oder einen andren Schutzstatus beantragen oder erhalten haben, kriegen eine Unterstützung! Und weiter: "..sie beziehen aus unserem Sozialsystem reichliche Sozialbezüge und haben bei uns nie eingezahlt und gearbeitet. Und unsere Rentner schauen durch den Rost.“ Das ist andererseits wirklich ein Problem, wenn aus der Rentenkasse verschiedene Sozialprogramme oder Wahlversprechen von Luigi Di Maio finanziert werden, denn mit leerer Kasse kann das Renten- und Sozialinstitut INPS auch nicht die Renten der wirklichen Inflation anpassen.
Aber das Problem, das Knollseisen anspricht ist wirklich ein gravierendes und ernst zu nehmen Herr Franceschini! Auch ich als Mittelstands-Rentner bin aktiv geworden. Ich habe das Problem verschiedenen LT-Kandidaten und Gewerkschaftlern unterbreitet und inzwischen von allen außer vom LH Kompatscher und von Renzler - also den SVP-lern - entweder eine schriftliche oder telefonische Antwort erhalten. Bisher war das Ergebnis aber ernüchternd. Mir geht´s um den Kaufkraftverlust! Denn alle - ob Werktätige oder Rentner - leiden darunter. Es ist nicht annehmbar, dass einerseits bei uns immer alles teurer wird aber die Einkommen - eben auch die Renten - immer gleich bleiben! Anderseits die Freiberufler, Grund- und Immobilienbesitzer und Unternehmer immer reicher werden. Meine Idee ist, die Renten nach der jeweiligen Inflationsrate (Stadt, Provinz) zu berechnen und einen eigenen Warenkorb für Rentner/Senioren zu erstellen, denn diese kaufen z. B. weniger Elektronik oder Modebekleidung, deren niedere Preise die Inflationsrate nach unten drücken. Die täglichen Ausgaben und Grundspesen steigen aber ständig: angefangen von Miete bis zu den täglichen Käufen der Grundnahrungsmittel, von den im Alter zunehmenden Gesundheitsspesen gar nicht zu reden!
Was mir bei meiner Recherche aufgefallen ist, es gibt keine Dachorganisation der Senioren und Rentner, die parteiunabhängig ist und alle mit einbezieht. In Österreich gibt es z. B. den Seniorenbund, indem sich oft auch noch pensionierte Sozialpolitiker engagieren. In Südtirol gibt es anscheinend auch so etwas, was aber ein dubioses Konstrukt bei der SVP zu sein scheint. Die Senioren und Rentner, etwa ein Vierte der Bevölkerung und ein großes Wählerpotential ist nicht in der Gesellschaft und in der Politik ausreichend vertreten und niemand engagiert sich anscheinend in den kommenden Wahlen für sie!?!
Salto könnte effektiv in dieser Sache recherchieren und dieses Thema in den Vordergrund stellen!

So., 05.08.2018 - 11:02 Permalink
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rotaderga Mo., 06.08.2018 - 08:52

Warum soll der Rententopf für legale und illegale Einwanderer herhalten.
Ich habe in den Topf eingezahlt für meine Altersversorgung. Der Staat darf Flüchtlingspolitik mit seinem Geld betreiben, dh mit den Steuern aller Bürger.

Mo., 06.08.2018 - 08:52 Permalink