Die Kommissäre

Fünf der 116 Südtiroler Gemeinden stehen derzeit unter kommissarischen Verwaltung. Sprich, sie haben weder Gemeinderat noch Bürgermeister oder Gemeindeausschuss. Die Kompetenzen all dieser Gremien hat bis zu den Neuwahlen ein Kommissär übernommen. Sonntag kommender Woche wird es in St. Ulrich und Natz-Schabs so weit sein: am 15. November wird dort Gemeinderat und Bürgermeister neu gewählt. Die letzten Tage im Amt also für Theodor Rifesser und Siegfried Rainer. Rifesser übernahm sofort nach den Wahlen am 10. Mai die Rolle des kommissarischen Verwalters in St. Ulrich. Dort kam erst gar kein Gemeinderat zustande, weil mit der SVP nur eine Liste angetreten war und die nötige Wahlbeteiligung nicht erreicht wurde. Keinen Monat später stand auch in Natz-Schabs fest: Der am 10. Mai mit nur fünf Stimmen Vorsprung zum Bürgermeister gewählte Andreas Unterkircher ist sein Amt los. Zähe Verhandlungen um die Ausschussbildung und eine SVP, die sich gegen den Bürgerlisten-Bürgermeister quer stellte, sorgten dafür, dass die Landesregierung am 9. Juni den Gemeinderat auflöste und Siegfried Rainer als Kommissär einsetzte.
Wieder drei Monate später ging es schließlich einem weiteren Bürgerlisten-Bürgermeister an den Kragen. In Freienfeld wurde Peter Faistnauer von der SVP abgesägt. Ihre Gemeinderäte reichten geschlossen den Rücktritt ein und machten somit den Weg frei für Helmuth Kiebacher. Der ehemalige Gemeindesekretär von Pfitsch und dann Sterzing sowie Sekretär der Bezirksgemeinschaft Wipptal wird bis voraussichtlich Mai die Geschicke der kleinen Wipptaler Gemeinde leiten. Dann nämlich wird in Freienfeld neu gewählt. Gleichzeitig werden auch die Neuwahlen in Niederdorf stattfinden. Auch dort hat inzwischen ein ehemaliger Gemeindesekretär das Ruder übernommen. Nach dem Eklat um Bürgermeister Kurt Ploner und der verweigerten Unterstützung durch die anderen politischen Kräfte im Gemeinderat, ernannte die Landesregierung am gestrigen Dienstag Raimund Steinkasserer zum kommissarischen Verwalter der Pusterer Gemeinde. Es ist der zweite Kommissär in der jüngeren Geschichte von Niederdorf. 1978 wurde Johann Passler als technischer Verwalter eingesetzt. Er schaffte es, nach Ablauf seines Mandats als Kommissär zum Bürgermeister gewählt zu werden, ein Amt, das bis zur Wahl Kurt Ploners 2010 über 30 Jahre lang innehatte.
Bleibt schließlich noch Bozen. In der Landeshauptstadt wird die kommissarische Verwaltung im Gegensatz zu den kleinen Gemeinden nicht von der Landesregierung, sondern vom italienischen Innenministerium ernannt. Nachdem Bürgermeister Spagnolli und Teile seiner Stadtregierung Ende September ihren Rücktritt einreichten, griff Regierungskommissärin Elisabetta Margiacchi zu Stift und Papier und übergab am 30. September die Stadt in die Hände von Francesca De Carlini. Vorübergehend. Denn seit dem gestrigen Dienstag ist klar, dass Michele Penta bis zu den Neuwahlen im kommenden Mai Erster Bozner Bürger sein wird. Staatspräsident Sergio Mattarella hat das entsprechende Ernennungs-Dekret bereits unterschrieben, es ist nur mehr eine Frage von Tagen, bis der Neapolitaner Penta in Bozen ankommen wird. Ganz alleine wird er aber nicht verwalten müssen. Margiacchi kann ihm zwei Unterkommissäre zur Seite stellen. Hoch im Kurs steht Hermann Berger. Einst Generaldirektor unter Luis Durnwalder, hat Berger bereits Erfahrung als Bozner Kommissär. 2005 wurde er nach dem Amtsverfall von Giovanni Ivan Benussi als solcher eingesetzt.
Doch alle Augen werden auf Michele Penta gerichtet sein. Insbesondere, weil er als Bozner Kommissär – theoretisch – das Benko-Projekt durchdrücken könnte. Da er alle Zuständigkeiten des Gemeinderats, des Bürgermeisters und des Ausschusses innehaben wird, wäre es möglich, dass Penta die neue, überarbeitete Programmatische Vereinbarung mit der Kaufhaus Bozen GmbH unterzeichnet. Doch so weit ist es noch nicht und wird es vielleicht auch nicht kommen. Neben der Unterschrift des Vertreters der Gemeinde Bozen ist dafür auch jene des Landeshauptmannes nötig. Und dieser hatte vor gut zwei Monaten versprochen: “Ich werde eine abgeänderte programmatische Vereinbarung nur dann unterzeichnen, wenn sie vom Bozner Gemeinderat genehmigt worden ist.” Das Versprechen wurde bislang nur mündlich gemacht. Arno Kompatscher kündigte am Dienstag an, er wolle sich erst einmal mit dem neuen Kommissär treffen. Es soll eine Aussprache zwischen Landesverwaltung und Gemeinde geben, um die Themen für die kommenden Monate festzulegen. Die Neugestaltung des Busbahnhofareal um die Südtiroler Straße wird wohl eines davon sein.