Heikle Bauarbeiten

“Eigentlich, lieber Gast, hat sich hier oben seit Jahrhunderten nichts geändert.” So begrüßt die Wirtsfamilie der Zallinger-Hütte ihre Gäste auf ihrer Webseite. Das malerische Almhaus unter dem Plattkofel auf der Seiser Alm besteht seit Mitte des 19. Jahrhunderts – benannt nach dem damaligen Besitzer, Karl von Zallinger-Stillendorf aus Bozen. Doch wirft man einen Blick zurück, so stimmt der Willkommensgruß der Zallinger-Wirtin nicht ganz. Bereits Anfang der 1990er – die Hütte war inzwischen an den späteren Lajener Bürgermeister Anton Schenk übergegangen, der diese seiner Tochter Zita und deren Mann vererbte, der nach Zitas Tod den Betrieb ab 1989 und bis zu seinem Tod 2010 mit seiner zweiten Frau führte – wurde die Almhütte in jahrelangen Umbauarbeiten komplett erneuert. Heute ist die Zallinger-Hütte ein Gasthof mit 29 Betten, Restaurant, Lagerraum und einem Stadel.
Eingeweiht im Jahr 1858, steht das kleine Zallinger-Kirchlein heute unter Denkmalschutz. Es wird von den Umbau-Arbeiten nicht betroffen sein. Foto: Südtirolfoto/Helmuth Rier
Nun soll die Hütte ein zweites Mal von Grund auf erneuert werden: Ausbau des Restaurant-Betriebs sowie Abriss und Neuerrichtung von Stadel und Magazin stehen an. Darüber hinaus sollen weitere drei Gebäude für neue Gästezimmer entstehen. Das entsprechende Projekt wurde bei der Gemeinde Kastelruth dieses Jahr eingereicht. Im Sommer 2016 wollte man mit den Arbeiten beginnen. Doch wie die Eigentümerin am gestrigen Donnerstag mitteilte, wurde der Baubeginn nun um einige Monate auf das Frühjahr 2017 verschoben. “Die Zeit ist zu knapp”, so die Erklärung.
So wie es damals war... Foto: Facebook/Berghaus Zallinger
Inzwischen ist man auch im Landtag auf die anstehende Rundumerneuerung und Erweiterung des Almbetriebs aufmerksam geworden. Mitte November arbeiteten die Grünen eine Anfrage aus, in der sie von Umweltlandesrat Richard Theiner über die Zukunft der Zallinger-Hütte Auskunft einforderten. So etwa, welche Charakteristiken das eingereichte Projekt habe. Aus der Antwort des Landesrats geht unter anderem hervor, dass die drei neuen Gästebauten zur Gänze aus Holz bestehen sollen, Erdbewegungen im Ausmaß von etwa 2.200 Kubikmeter vorgesehen sind und die Kubatur von einem derzeitigen Bestand von 4.104,80 Kubikmeter auf 5.349,63 Kubikmeter erweitert werden soll. An diesem Punkt hakt der Grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba bereits ein. Er hat nachgerechnet: Die Kubaturerhöhung um 1.244,83 Kubikmeter entspricht einem Zuwachs von mehr als 30 Prozent. Da, wie Theiner mitteilt, die gesamte Fläche, auf der die Zallinger-Hütte steht, unter Ensembleschutz steht, gilt folgende Bestimmung: “Mögliche Erweiterungen sind unter Ausnutzung des Bestandes mit jeweils maximal 25 Prozent Erweiterung der einzelnen Gebäude zu tätigen, damit der Gesamtcharakter gewahrt bleibt.”
Die Nachricht, mit der die Zallinger-Wirtin über die verschobenen Umbau-Arbeiten informiert.
Ein möglicher Grund, aus dem das Projekt mit dem ausgewählten Standort, den die Grünen als “sehr sensibel aus Umwelt- und landschaftlichen Aspekten” bezeichnen, unvereinbar sein könnte? Darüber gibt Richard Theiner keine Auskunft. Er lässt nur so viel wissen, als dass die Gemeinde Kastelruth am 3. November das ihr vorliegende Projekt beim Amt für Landschaftsschutz eingereicht hat. Derzeit liegt es dort zur Überprüfung durch die Landschaftsschutzkommission auf.
“Wir werden sehr aufmerksam verfolgen, welche Auswirkungen das Projekt auf die heikle Zone haben wird”, kündigt Dello Sbarba an. Die Sorgen der Grünen kreisen um die Folgen, die die Erweiterung auf Natur und Landschaft haben könnte, gegen die Erweiterung haben sie grundsätzlich nicht. Denn, so weiß auch Riccardo Dello Sbarba, “die Wirtin und ihre Familie haben sehr viel und hart gearbeitet, um das zu erreichen, was man heute sieht – einen wunderschönen Bau”.