Bacalhau zu Weihnachten
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Am 24. Dezember riecht es in vielen portugiesischen Küchen nach Knoblauch, Lorbeer und Olivenöl. Auf den Herden köchelt leise der eingeweichte Kabeljau, in Schüsseln dampfen Kartoffeln und Couve Portuguesa. Es ist die Stunde der Consoada – jenes traditionellen Weihnachtsessens, das seit Jahrhunderten aus Bacalhau besteht. Das Festmahl beginnt oft erst nach der Mitternachtsmesse – wenn die Familie heimkehrt und gemeinsam zu Tisch geht. Bacalhau verbindet Generationen und Regionen – und zeigt, wie Geschichte und Gegenwart in einem einfachen Gericht lebendig bleiben.
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Die Ursprünge
Bereits im 15. Jahrhundert entdeckten portugiesische Seefahrer den Bacalhau für sich. In den eiskalten Gewässern vor Neufundland fingen sie den Kabeljau, salzten ihn an Bord und brachten ihn tonnenweise nach Hause. Der Fisch ließ sich leicht trocknen und diente wochenlang als haltbarer Proviant auf langen Reisen. Diese Technik machte ihn zu einem verlässlichen Begleiter auf den Entdeckungsfahrten – nahrhaft, kompakt, lange haltbar. Mit der katholischen Fastentradition verband sich der praktische Nutzen mit religiösem Gebot: Fleisch war an Heiligabend tabu, Fisch dagegen erlaubt. Ab dem 18. Jahrhundert wurde er zum festen Bestandteil der Weihnachtsküche. Zunächst verbreitete er sich im Norden, während im Süden noch lange Fleischgerichte dominierten. Heute gehört Bacalhau in den meisten Haushalten so selbstverständlich auf den Tisch wie Pasta oder Reis in Italien.
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Regionale Vielfalt
Im Norden, nahe der Grenze zu Galicien, pflegen viele Familien bis heute ihre eigene Art, Bacalhau zuzubereiten. In Viana do Castelo wird er mit Kichererbsen oder Kohl serviert – als „Bacalhau à moda de Viana“. In der Region Minho entsteht daraus „Bacalhau à Minhota“, mit Süßkartoffeln, Paprika und Tronchuda-Kohl. Der „Bacalhau à Gomes de Sá“ aus Porto wird mit Kartoffeln, Zwiebeln, Eiern und Oliven im Ofen gegart. Serviert wird traditionell in großen Schüsseln, aus denen sich alle bedienen – ein gemeinschaftliches Essen, das vom Teilen lebt. Im Süden bevorzugt man kräftigere Varianten. In der Algarve wird Bacalhau häufiger gebraten, oft mit regionalem Gemüse wie Paprika, Süßkartoffeln oder frischen Kräutern kombiniert. Besonders beliebt ist „Bacalhau à Lagareiro“, bei dem der Fisch mit Knoblauch, Olivenöl und Kartoffeln im Ofen gebacken wird – außen leicht gebräunt, innen saftig und zart. Landesweit gehören Kartoffeln und Kohl fast immer dazu, meist gekocht oder kurz sautiert. Und kein Gericht kommt ohne Olivenöl aus: Es ist das verbindende Element, das Fisch, Gemüse und Beilagen zu einem Ganzen fügt.
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Der Klassiker:
Das Weihnachtsgericht Bacalhau da Consoada besteht aus gesalzenem Kabeljau, Kartoffeln, Kohl, Eiern, Knoblauch und Olivenöl. Die Zubereitung folgt einfachen, aber präzisen Regeln. Der Fisch wird sorgfältig gewässert – meist zwei Tage lang, mit mehrfach gewechseltem Wasser. Dann wird er zusammen mit Gemüse gekocht, dazu kommen Eier und etwas Knoblauch. Wichtig ist die Garzeit: Zu lange gekocht, verliert der Fisch Struktur; zu kurz gegart, bleibt er zäh. Daneben gibt es festlichere Varianten. Bacalhau à Zé do Pipo wird mit Mayonnaise überbacken, Bacalhau à Brás kombiniert feine Kabeljaustreifen mit gebratenen Kartoffelstückchen und verquirltem Ei. Was vom Festmahl übrig bleibt, wird nicht verschwendet. Aus Resten entstehen Salate, Pasteten oder kleine Vorspeisen. Besonders bekannt ist Punheta de Bacalhau – kalt angerichtet mit Olivenöl, Knoblauch und Petersilie, grob zerpflückt, duftend, einfach und ehrlich.
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Bacalhau heute
In Portugals Küchen ist Bacalhau Teil des kulinarischen Alltags – erschwinglich, vertraut und dank norwegischer Exporte überall zu finden. Zugleich findet Bacalhau auch den Weg in die feine Küche – reduziert, elegant und zeitgemäß interpretiert: sanft confiert, begleitet von Safranemulsion oder Algencrumble. Klassiker wie Bacalhau mit Kichererbsen oder Kartoffeln werden in klarer, reduzierter Form serviert. Rauch, Sous-vide-Technik und aromatische Öle verleihen neue Tiefe. In gehobenen Restaurants taucht der Fisch in Degustationsmenüs auf, begleitet von regionalen Weinen – ein kulinarischer Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart. So bleibt Portugals Kultfisch aktuell: vertraut im Geschmack, offen im Ausdruck. Auch soziale Medien tragen dazu bei. Jedes Jahr teilen unzählige Portugiesinnen und Portugiesen Fotos ihrer weihnachtlichen Bacalhau-Tafeln. Diese digitale Präsenz hält das Brauchtum lebendig, spricht jüngere Generationen an und stärkt das Gefühl gemeinsamer Identität. ittelt.
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Tipps für deine Küche
Wenn du Bacalhau selbst zubereiten möchtest, beginnt alles beim Einkauf. Achte auf helle, gleichmäßige Filets ohne dunkle Ränder. Auf portugiesischen und italienischen Märkten findest du getrocknete Platten, die mindestens zwei Tage gewässert werden müssen – mit regelmäßigem Wasserwechsel, damit das Salz entweicht. Beim Garen ist Behutsamkeit entscheidend. Halte die Temperatur niedrig und die Garzeit kurz, so bleibt das Fleisch zart. Klassisch servierst du Bacalhau mit Kartoffeln, Kohl und Olivenöl. Wenn du Lust hast zu variieren, probiere gebratenes Gemüse oder eine gratinierte Variante mit Mayonnaise oder Sahne. Auch Reste lassen sich wunderbar verwerten: Punheta de Bacalhau ist die einfachste Form – zerrissener, entsalzter Stockfisch, vermengt mit Olivenöl, Knoblauch, Zwiebeln und Petersilie. Kalt serviert oder bei Zimmertemperatur schmeckt sie besonders an warmen Tagen oder als Vorspeise. Ebenso gut eignen sich Salate oder Aufläufe. Zum Trinken passen junger Vinho Verde, mineralische Weißweine oder leichte Rotweine, die die Salzigkeit des Fisches ausgleichen. Sie betonen die klare, herzhafte Struktur dieses Gerichts, das zwischen Alltag und Feierlichkeit verm
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Rezeptidee
Zubereitungszeit: 35 Minuten
Zutaten (für 4 Personen)
600 g Bacalhau (entsalzter Stockfisch)
500 g mehligkochende Kartoffeln
4 Karotten
1 Weißkohl (ca. 500 g)
2 Zwiebeln
3 Knoblauchzehen
4 Eier (Größe M)
100 ml Olivenöl (nativ extra)
2 EL Weißweinessig
2 Lorbeerblätter
Salz, schwarzer Pfeffer (frisch gemahlen)
Zubereitung:
1. Vorbereitung: Bacalhau 24–48 Stunden vorher in kaltem Wasser entsalzen, Wasser alle 8 Std. wechseln. Dann abtropfen lassen.2. Gemüse garen: Kartoffeln schälen und halbieren, Karotten in grobe Stücke schneiden. Weißkohl in breite Streifen teilen. Alles zusammen mit Lorbeerblättern in einem großen Topf in Salzwasser ca. 20 Minuten garen.
3. Fisch und Eier kochen: Bacalhau und Eier in einem zweiten Topf mit heißem Wasser ca. 8 Minuten pochieren. Fisch vorsichtig herausnehmen, in grobe Stücke zerteilen, Haut und Gräten entfernen.
4. Aromatisieren: Zwiebeln und Knoblauch fein schneiden, in Olivenöl bei mittlerer Hitze glasig dünsten, mit Essig ablöschen, mit Salz und Pfeffer abschmecken.
5. Anrichten: Gemüse, Fisch und geviertelte Eier auf einer Platte arrangieren. Mit dem heißen Zwiebel-Knoblauch-Öl beträufeln. Sofort servieren – nicht zu lange warten, sonst kühlt der Fisch aus.
TIPS: • Resteverwertung: Übrig gebliebenen Bacalhau mit zerpflückten Kartoffeln und Ei zu Bolinhas de Bacalhau (Fischbällchen) formen und in Semmelbröseln panieren. Bei 180°C 15 Minuten backen. • Lagerung: Hält sich im Kühlschrank 2 Tage – schmeckt kalt auf Brot oder warm mit Salat.
Food-Pairing: Ein Glas trockener Vinho Verde. Als Beilage warmes Olivenbrot mit Zitrusbutter oder Rucola-Salat mit Granatapfelkernen und Zitronen-Dressing.
Deko/Serviervorschlag: Mit gehackter Petersilie und etwas Zitronenschale bestreuen.
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