Kultur | Salto Weekend

Tier zuliebe

Lyrik für Augen und Ohren – und Tierherzen: Ein quadratisches Buch und eine kreisrunde CD machen sich Reime auf Tiere.
tz_cover.jpg
Foto: Amt für Museen

„Hör zu, es ist kein Tier so klein,
das nicht von dir
ein Bruder könnte sein“
(François Villon)

34 poetische Texte mit Tieren als Hauptdarstellern großer Dichter und Dichterinnen (z. B. Robert Gernhardt, Mira Lobe, Norbert Conrad Kaser, Heinrich Heine, Johann Wolfgang von Goethe oder Rainer Maria Rilke) wurden von acht 11 bis 27-Jährigen Südtiroler Tierliebhaber*innen für eine Hör-CD eingelesen. Die aufgenommenen Stimmen stammen von Laura Cardini, Philipp Genetti, Gabriel Hecher, Iris Martini Carcani, Veronika Kantioler, Vanessa Morandell, Magdalena Perwanger und Sophia Stoll. Die Musik, die die Gedichtgruppen strukturiert, wurde von Simon Gamper komponiert, eingespielt wurde sie von den vier Interpreten sind Martin Rottensteiner, Philipp Schwarz, Daniel Faranna und Leonhardt Valentin Kinzel.
Vom lieben Vieh
 nennt sich ein Textbeitrag, welchen der ORF-Journalist Andreas Pfeifer für das Projekt verfasst hat. Er beginnt und schließt den tierlieben Kommentar mit dem Alphatier Mensch, welches noch zu „alphabetisieren wäre“.

Buch und CD sind das Ergebnis eines Projekts des Sprach-Sprechbildners Luis Benedikter. Es nutzt die Kraft der Literatur, fördert Sprach- und Lesekompetenz, spiegelt Menschliches und das Umweltbewusstsein.

Kurioses Fundstück

Poetische Vogelfreiheit im Käfig: Dass auch lyrische Alphatiere ihrem politischen Käfig ein lyrisches Denkmal setzen, beweißt Helmut Preißler (1925-2010), der im Gedicht-Band vertreten ist. Preißler galt als überzeugter Anhänger der SED und veröffentlichte das Mauer-Gedicht Keiner kommt durch, Genossen. Ab 1960 war er mit dem Decknamen Anton inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. 
Ganz anders liest sich natürlich Preißlers Tiergedicht Bitte im Frühling (1987) in der Anthologie Tier zuliebe. Und dennoch tun sich biografische Fragen auf: Was verrät es uns über späte Stasi-Lyrik? Was lässt sich aus den tierischen Verszeilen herauslesen, hineininterpretieren?

Was Amseln in Frühlingstagen
einander flöten und sagen,
das soll keine Sprache sein?
Mir redet ihr das nicht ein.
(Helmut Preißler)

Der Rest von Preißlers Amsel-Gedicht (und viele andere Gedichte) kann im Buch Tier zuliebe (inkl. CD) nachgelesen werden. Es entstand in Zusammenarbeit mit dem Amt für Museen, ist bei Edition Raetia erschienen und wurde vor wenigen Wochen im Naturmuseum in Bozen vorgstellt.

Bestes Zitat

„Ich habe einen Hund gesehn!“
„Na und? Das kann schon mal geschehn.“
(Robert Gernhardt)